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Liebe ist staerker als Haß

Titel: Liebe ist staerker als Haß
Autoren: Jude Deveraux
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weil sie einen dünnen, schmächtigen Jüngling gefangen hatten. In Erwartung hohen Lobs schauten sie Tearle entgegen.
    Vor einem von ihnen saß in steifer Haltung der Junge im Sattel. Tearle konnte es kaum mit ansehen.
    Als er schließlich doch dem Blick des Jungen begegnete, blieb ihm vor Schreck der Mund offenstehen. Denn er sah nicht die stolze Miene eines Jünglings vor sich, sondern in die wütenden Augen eines Mädchens.
    Überrascht wandte er sich wieder den Männern zu.
    »Wir haben ihn gefangen, Mylord«, sagte einer. »Sollen wir den Knaben zu Eurem Bruder bringen oder ihn gleich hier töten?«
    Tearle starrte den Mann sprachlos an. Sahen sie denn nicht, daß sie ein Mädchen festhielten? Kannten sie denn nicht den Unterschied zwischen Mann und Frau?
    »Mylord?« sagte einer in ängstlich fragendem Tonfall. »Die Peregrines werden bald hier sein.«
    Tearle hatte sich wieder gefaßt. Diese Brüder Peregrine würden sich gewiß nicht erst mit großen Reden aufhalten, wenn sie ihre kleine Schwester als Gefangene sahen.
    »Ich werde das ... Kind meinem Bruder bringen«, sagte Tearle. Und das Mädchen zunächst erst mal aus den Händen dieser Kerle befreien, dachte er.
    Die Männer zögerten.
    Stirnrunzelnd warf ihnen Tearle einen Beutel mit Münzen zu. »Hier, nehmt das! Diesen Peregrine übernehme ich selbst.«
    Da trat helle Freude in die Augen der Männer. Sie hatten bekommen, was sie wollten. Es war ihnen völlig gleichgültig, was Tearle mit dem Jungen anstellen oder was aus Tearle selber werden würde.
    Einer der Männer ritt an Tearles Seite. Halb schob, halb warf er ihm Zared auf den Sattel.
    Tearle zuckte zusammen, als er sah, wie fest sie dem Mädchen die Hände zusammengebunden hatten. »Nun fort!« befahl er den Männern. »Bevor sie euch finden.«
    Sie zögerten keine Sekunde länger, sondern gaben den Pferden die Sporen und schlugen den Weg zu den Ländereien der Howards ein. Tearle legte den Arm um die schlanke Taille des Mädchens, zog seinen Körper eng an sich und ritt in scharfem Galopp auf den Wald des Königs zu.

2
    Sobald Tearle den Wald erreicht hatte, verließ er die jahrhundertealten Fußwege der Dorfbewohner und ritt mitten in die dunklen Tiefen unter den riesigen Eichen hinein. Das Mädchen hielt er fest vor sich. Er spürte ihren schmalen Rücken an seiner Brust, ihre langen, kräftigen Beine an seinen. Einmal streckte er die Hand aus, um sie vor einem vorstehenden Ast zu schützen, der ihm dann schmerzhaft in den Handrücken schnitt. Bei einer weiteren ähnlichen Gelegenheit beugte er sich weit vor und legte den Kopf in die Wölbung ihres Nackens, so daß sein Kopf auf ihren Haaren zu liegen kam.
    Da glaubte nun Oliver, er wüßte alles, was es über die Peregrines zu wissen gab, und doch war er nie auf die Idee gekommen, daß deren jüngster Sohn in Wirklichkeit ein Mädchen war! Bei diesem Gedanken mußte Tearle unwillkürlich lächeln. Die Peregrines hatten ja recht, ihr Geschlecht zu verheimlichen, denn  Oliver schien von den Frauen der Peregrines förmlich fasziniert zu sein.
    Als er an eine einsame Lichtung gelangte, brachte er das Pferd mit scharfem Zügelruck zum Halten. Dann stieg er ab und hob seine Gefangene herunter. Ihre Hände waren noch auf dem Rücken gefesselt, und sie war nun ganz allein mit dem Feind. Doch ihre Augen verrieten keine Furcht.
    Er legte ihr die Hände auf die Schultern und sah auf sie herab. Ihr Waffenrock war abgetragen und schmutzig und reichte bis zur Mitte der Oberschenkel. Die Beine steckten in engen Strickhosen. An den Füßen trug sie bis zu den Knien reichende Stiefel. Das dunkle Haar, das sogar im Schatten des Waldes einen rötlichen Schimmer hatte, war schulterlang. Als Kopfbedeckung trug sie eine kecke kleine Mütze mit Feder.
    Zum erstenmal seit seiner Abreise aus Frankreich war wieder Lebenslust in ihm erwacht. Was für eine anziehende Frau sie ist, dachte er, und ihm fiel ein, wie er sie beim Waffenspiel mit ihren Brüdern beobachtet hatte. Plötzlich spürte er den unüberwindlichen Drang, wieder das Pferd zu besteigen und sie mit sich auf die Burg seines Bruders zu nehmen. Der Rittersitz war so weitläufig, daß er sie dort leicht verstecken konnte.
    Zared musterte den Mann, der sie an den Schultern hielt. Ein großer Mann mit dunklem Haar und dunklen Augen - unverkennbar ein Howard. Die Männer, die sie vorhin gefangengenommen hatten, hatten ihn Lord genannt. Also mußte er der lange Zeit verschollene jüngste Howard-Bruder
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