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Liebe ist staerker als Haß

Titel: Liebe ist staerker als Haß
Autoren: Jude Deveraux
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sein.
    Sie hatte einige Geschichten über diesen Mann gehört. Er sollte schon als Knabe so verderbt gewesen sein, daß sie ihn mit seiner Teufelin von Mutter nach Frankreich abgeschoben hatten. Sein Anblick ließ sie diese Geschichten glaubhaft erscheinen. Beim Ritt in den Wald hatte er ihren Körper abgetastet, als wollte er fühlen, ob es sich lohnte, sie zu braten. Und seine kleinen schwarzen Knopfaugen funkelten, als freue er sich schon darauf, sie in einen Festschmaus zu verwandeln.
    Er ist wahnsinnig, dachte sie. Wären ihre Hände nicht immer noch gefesselt gewesen, hätte sie sich zur Abwehr des leibhaftigen Bösen bekreuzigt.
    Während er sie ansah wie ein Hungriger seine Jagdbeute, schmiedete sie bereits einen Fluchtplan. Den drei Howard-Männern hätte sie nicht entwischen können. Aber bei diesem einen, selbst wenn er wahnsinnig war, schien es nicht unmöglich. Wenn sie ihn dazu brachte, daß er ihre Fesseln löste, konnte sie vielleicht an das im Stiefel versteckte Messer kommen und sich seiner mit der Waffe erwehren. Er erschien ihr zwar groß und stark, aber vielleicht hatte er auch die Trägheit seines Bruders, und an seinem massigen Körper befand sich vielleicht mehr Fett als Muskeln.
    »Wie heißt du?« fragte er.
    Sie zischte ihn an: »Peregrine!« Wenn er sie nicht losband, bedeutete das, daß er sie umbringen wollte. Doch sie wollte nicht als Feigling sterben und so Schande über ihre Familie bringen.
    »Dein Vorname«, flüsterte er, und seine Augen blickten freundlich.
    Ist das ein Trick? dachte sie. Wollte er ihr vorgaukeln, daß er doch nicht durch und durch böse war? »Meine Brüder werden dich töten«, sagte sie. »Sie werden dich in Stücke reißen.«
    »Ja«, sagte er mit leisem Lächeln, »das kann ich mir gut vorstellen.« Dann zog er einen juwelenbesetzten Dolch aus dem Gürtel. Unwillkürlich trat Zared einen Schritt zurück.
    »Ich will dir doch nicht weh tun«, sagte er, und er sprach wie zu einem verängstigten wilden Her.
    Wenn er glaubt, daß ich je den Worten eines Howards traue, dachte sie, dann ist er nicht nur wahnsinnig, sondern auch dumm.
    Er nahm sie wieder an den Schultern und drehte sie herum. Dann benutzte er den Dolch zum Zerschneiden der Handfesseln. Als er sie wieder zu sich umdrehte, nutzte sie die Gelegenheit. Mit einer einzigen fließenden, oft geübten Bewegung täuschte sie ein Stolpern vor, bei dem sie auf ein Knie niederging, zog das Messer aus dem Stiefel und ließ es in den Ärmel gleiten.
    Tearle half ihr auf die Beine und fragte: »Bist du verletzt? Ich fürchte, die Männer meines Bruders haben dich allzu grob behandelt.«
    Wieder legte er ihr die Hände auf die Schultern. Dann schien er die Beherrschung über sich zu verlieren. Denn er zog sie an sich und küßte sie zärtlich auf den Mund.
    Zared war empört! Noch nie hatte ein Mann sie geküßt, und jetzt wagte es ausgerechnet dieser böse, gehaßte Feind. Das war mehr, als sie ertragen konnte. Sie ließ das Messer aus dem Ärmel in die Hand gleiten und stieß es ihm in die Rippen.
    Er wich zurück, sah das Blut unter dem engen samtenen Waffenrock hervorquellen und schaute sie dann voller Erstaunen an.
    »Tod allen Howards!« Sie spie die Worte förmlich aus und lief dann zu dem Pferd.
    »Du bist doch frei«, sagte er flüsternd. »Ich habe dich nie gefangenhalten wollen.«
    Sie bestieg das Pferd und warf ihm einen kurzen Blick zu. Der Mann war blaß geworden, und das Blut floß stärker. Sie stieß dem Pferd die Hacken in die Weichen, ritt von der Lichtung, beugte den Oberkörper vor und galoppierte durch den Wald davon.
    Jetzt mußte sie ihre Brüder suchen, damit sie erfuhren, daß sie in Sicherheit war. Sie durften keinen Angriff auf die Howards unternehmen. Unter allen Umständen mußte sie einen offenen Krieg verhindern.
    Erst als sie den Waldrand erreichte, wurde ihr klar, daß es doch einen Krieg zwischen den Howards und den Peregrines geben würde, sollte sie soeben den jüngsten Howard getötet haben.
    Langsam ritt sie weiter. Nein, er war bestimmt nicht tot. Sie hatte ihn nur verwundet, nicht lebensgefährlich verletzt. Oder doch? Vor ihr stieg wieder das Bild seines bleichen Gesichts auf. Wenn er nun dort lag und verblutete? Dann würden Oliver Howards Männer sofort wissen, daß wieder einmal ein Peregrine einen Howard überfallen hatte. Die Howards würden angreifen, und Zared wäre schuld, wenn ihre Brüder dabei den Tod fanden. Vielleicht würde es Oliver Howard diesmal sogar
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