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Liebe Ist Nichts Fuer Feiglinge

Liebe Ist Nichts Fuer Feiglinge

Titel: Liebe Ist Nichts Fuer Feiglinge
Autoren: Kristine Gasbarre
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ins Auto.
    Er weiß, dass meine Freundin zu Besuch ist. Warum musste er das unbedingt jetzt loswerden? Ich sehe aus den Augenwinkeln, wie Celeste in meiner Tasche kramt. Dann drückt sie mir die Autoschlüssel in die Hand. Ich will nicht losfahren, während ich telefoniere. Aber ich will auch nicht hier sitzen bleiben. Ich will dieses Gespräch nicht führen, in dem mir derselbe Freund, der mich gebeten hat, ihm in der Praxis zu helfen, weil er so viel zu tun hat, mitteilt, dass er auf einmal beruflich nichts mehr mit mir zu tun haben will. Schließlich lasse ich den Motor an und fahre vom Parkplatz auf die Straße. Er will nicht, dass ich das falsch auffasse, aber ich weiß nicht, wie er es sonst noch gemeint haben könnte. Er nennt mir noch nicht einmal einen Grund, nur diese paar Worte: Ich will nicht beruflich mit dir zusammen sein.
    Ich fahre um die scharfe Kurve im Industriegebiet, und am Stoppschild halte ich – links von mir seine alte Praxis und rechts die Fabrik meiner Familie – und lasse erst die anderen Autos vorbei, bevor ich selbst in die Kreuzung einfahre. Reine Freundlichkeit, denke ich. Chris hört sich immer noch beim Reden zu. Freundlichkeit habe ich hier in meiner Heimatstadt wieder neu entdeckt. Die Menschen hier gehen fürsorglich miteinander um. Sie lassen anderen den Vortritt und sind auf eine altmodische Art höflich zueinander. Diese Art von Freundlichkeit vermisse ich bei diesem Gespräch: Ich habe das Gefühl, er hat mich geohrfeigt, erklärt mir jedoch nicht, warum.
    Als wir uns schließlich verabschieden und ich das Handy sinken lasse, brauche ich ein paar Sekunden, um wieder zu mir zu kommen. Dann hebe ich den Finger und sage: »Nun, wenn er nicht beruflich mit mir zusammen sein will, dann will er mich auch nicht in seinem Leben, denn in seinem Leben bin ich ja nur, wenn ich ihm in der Praxis helfe.« Celeste hört geduldig zu.
    »Er sagt, er gibt mir am Montag meinen Gehaltsscheck, und dann bringt mir seine Assistentin sein Auto, nachdem sie ihn zum Flughafen gefahren hat. Das ist noch so eine Sache.« Ich sehe, wie Celeste auf eine imaginäre Bremse tritt, weil wir uns einem Stau nähern. »Er hatte mich gebeten, ihn zum Flughafen zu fahren! Und jetzt behauptet er auf einmal, er muss auf der Fahrt dorthin noch ein paar Dinge mit seiner Assistentin besprechen. Was zum Teufel soll das?«
    »Vielleicht … vielleicht muss er tatsächlich noch ein paar Dinge mit seiner Assistentin besprechen?«
    Ich blicke Celeste an. Sie meint es immer nur gut. Als ich nach der Beerdigung von Grandpa nach Italien zurückkehrte, stellte sie sich mit mir in Parma auf einen Parkplatz und ließ sich von mir erzählen, wie er gestorben war. Es war ein Samstagabend Anfang Februar, wir kamen zu spät zum Essen bei Freunden und saßen frierend in dem Fiat, den die Familie, bei der ich arbeitete, mir zur Verfügung gestellt hatte. Celeste hatte meinen Großvater nie kennengelernt … aber sie weinte mit mir. Es waren stumme Tränen, und ich sah ihr an, dass sie meinen Schmerz spürte. Es war einer der innigsten Momente, die ich je mit einer Freundin geteilt habe – und jetzt wollte ich ihr nicht schon wieder mein Elend zumuten.
    Hatte ich mir alles nur eingebildet? Oder hatte er mit mir gespielt, mich ausgenutzt, damit ich ihm bei der Arbeit half? Behandelte er alle Frauen so? Ich bin wütend auf meine Eltern, weil sie mir geraten haben, ihm ein Freund zu sein, wütend auf Grandma und ihre albernen Vorahnungen. Er hat wohl auch sie manipuliert. Und jetzt, wo er mich nicht mehr braucht, lässt er mich fallen. Schämt er sich gar nicht, sich aufzuführen wie das letzte Arschloch?
    Ich knalle eine Schachtel Corona auf die Küchentheke meines Bruders und lade wütend die Zutaten aus, damit wir Pizza Margherita auf seiner Terrasse backen können. Jeff ist der einzige Mann, den ich heute Abend sehen möchte, und aus der Küche höre ich, wie Celeste und er gemeinsam lachen. Sie sind beide so unkompliziert! Emma, deren Eltern neben meinem Bruder wohnen, ist genauso. Ich schneide Tomaten und Basilikum für die Pizzasoße und beschließe: Ich werde diesen Sommer neue Männer kennenlernen. Im August ist Zachs Hochzeit, und meine Freundin Joy will mich schon die ganze Zeit einem Onkologen vorstellen, der bei ihr in der Klinik arbeitet. Als sie es mir vor Monaten zum ersten Mal vorgeschlagen hat, habe ich nur gelacht. »Schätzchen, ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass Ärzte und ich eine Zukunft haben!« Aber jetzt
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