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Liebe in St. Petersburg

Liebe in St. Petersburg

Titel: Liebe in St. Petersburg
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auch Oberleutnant wie Sie! Aber wir hatten keine Probleme. Sie war reich geboren, ich war reich geboren, wir waren beide von Adel – was konnte schon schiefgehen? Und Russen waren wir auch beide. Warum nur sind Sie ein Deutscher, Gregorij? Die Liebe zu meiner Tochter Grazina wird dadurch zerstört werden, glauben Sie mir! Und bevor Sie nach Trasnakoje fahren, um Grazina wiederzusehen, überlegen Sie sich die Folgen!«
    »Da gibt es nichts zu überlegen, Wladimir Alexandrowitsch«, entgegnete Gregor. »Ich liebe Grazina mehr als alles andere!«
    »Auch mehr als Ihren Offiziersrock?«
    »Wenn es sein muß – ich ziehe ihn aus wegen Grazina!«
    »Und Deutschland? Ihr Vaterland?«
    »Diese Frage stellt sich für mich nicht.«
    »O ahnungslose Jugend!« Michejew legte die Hände an seinen grauen Bart. »Wenn Sie mir nicht so sympathisch wären, Gregorij Maximowitsch, und meine Tochter in Ihnen nicht ihr einziges Glück sähe, ich würde Sie jetzt noch von meinen Hunden zerreißen lassen, um wenigstens dieses Problem zwischen Rußland und Deutschland zu lösen!«
    Daß Gregor von Puttlach am Nachmittag unversehrt in der Deutschen Botschaft erschien und sogar bester Laune war, betrachtete man als ein Wunder. In Rußland sind bestimmte Wunder an der Tagesordnung, wenn man damit Dinge meint, die man mit der Logik eines Westeuropäers nicht erklären kann. Und an solchen Dingen war Mütterchen Rußland schon immer reich …
    »Gut! Sie leben noch!« sagte Oberst von Semrock mit einer Art Galgenhumor. »Und Sie berichten mir, daß Graf Michejew einer Verbindung zwischen seiner Tochter und Ihnen wohlwollend gegenüberstehe. Das kann ich aber nur glauben, wenn es mir General Michejew selbst sagt. Eigentlich ist es nämlich unfaßbar nach diesem Affront am gestrigen Silvesterabend. Aber wie dem auch sei: Ich habe dem Oberbefehlshaber von Ihren Eskapaden Mitteilung machen müssen. Rechnen Sie mit Ihrer baldigen Abberufung aus St. Petersburg. Außerdem betrachten Sie sich bis auf weiteres beurlaubt; es ist nämlich unmöglich, Sie weiterhin in der Botschaft zu halten.«
    Gregor von Puttlach nahm die Rede in strammer Haltung hin. Er hatte nichts anderes erwartet. Ein General Michejew konnte ihn Gregorij nennen und alles Vorgefallene vergessen – für einen deutschen Offizier gab es aber in den eigenen Reihen keinen Pardon. »Disziplin ist mehr als die Bibel«, hatte einmal während der Fähnrichsausbildung General von Bracknow gesagt. »Disziplin hat Ihre Seele zu sein, meine Herren! Und in Ihrem Hirn hat nichts anderes Platz als Disziplin! Alles andere kommt dann von selbst …«
    »Ich hatte sowieso vor, Herrn Oberst um meinen Jahresurlaub zu bitten!« sagte Gregor steif.
    »Bewilligt!« Von Semrock wedelte mit der Hand durch die Luft. »Wird das ein Tränenmeer in den Salons geben, wenn der schöne Gregorij aus Petersburg verschwindet! Gregor, Sie Teufelskerl – jetzt einmal privat –, wie machen Sie das eigentlich? Ich nehme an, daß Michejew selbst intervenieren wird, wenn wir Sie strafweise versetzen …«
    »Ich wage es zu hoffen, Herr Oberst.«
    »Wir können darauf aber keine Rücksicht nehmen.«
    »Auch das ist mir klar, Herr Oberst.«
    »Mensch, Gregor, Sie sind mein bester Offizier. Verrückt, Ihnen das zu sagen, denn es macht Sie wahrscheinlich noch größenwahnsinniger. Aber es muß sein! Wenn die Sache mit der Comtesse ernst wird …«
    »Sie ist bereits ernst, Herr Oberst!«
    »Gut – dann bleiben Ihnen ja nur zwei Möglichkeiten: Entweder geht die Comtesse als Ihre Frau dorthin, wohin man Sie versetzen wird, oder Sie nehmen Ihren Abschied. Mensch, wissen Sie überhaupt, welche Karriere Sie vor sich haben? Sie stehen auf der Leiter zum Generalstab! Warum müssen Sie sich ausgerechnet in eine Russin verlieben?«
    »Sie reden wie General Michejew, Herr Oberst.« Gregor schüttelte den Kopf. »Wir sind in erster Linie Menschen, und dann erst Russen oder Deutsche. Und Liebe ist etwas, das nur den Menschen, aber nicht die Nationalität angeht.«
    »Und das sagt ein deutscher Offizier in Sankt Petersburg, mit einem Nikolai Nikolajewitsch im Nacken! Herr Oberleutnant, es stinkt um uns herum! Man braut gegen uns eine Scheißsuppe zusammen, die wir Deutschen auslöffeln sollen! Was werden Sie tun, wenn es zwischen Deutschland und Rußland …«
    Gregor von Puttlach knallte die Hacken zusammen. Er tat es so laut und unvermittelt, daß Oberst von Semrock zusammenzuckte. »Ich bitte Herrn Oberst, meinen Urlaub sofort
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