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Liebe Hoch 5

Liebe Hoch 5

Titel: Liebe Hoch 5
Autoren: Adriana Popescu , Katrin Koppold , Ivonne Keller , Katelyn Faith , Nikola Hotel
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ich wütend gewesen, aber heute kam mir das völlig albern vor. Warum nur war ich immer so mit mir selbst beschäftigt?
    Mit dem Kuli kritzelte ich verlegen kleine Kästchen auf ein Blatt Papier. »Wenn du Hilfe brauchst –«, entschlüpfte es mir, und ich sog, über mich selbst erstaunt, die Luft ein.
    »Das ist echt total nett von dir.« Jens strich mir dankbar über die Schulter. Eine Berührung, die mich erstarren ließ.
    Ich gehörte nicht zu den Menschen, die man spontan anfasste. Frau Klein war so jemand. Und Eva, die Aushilfe. Sie fiel überhaupt bei jeder Gelegenheit den anderen um den Hals. Beim letzten gemeinsamen Essen mit den Kollegen zum Beispiel. Oder als wir beschlossen hatten, dass wir auf der Weihnachtsfeier wichteln würden. Da freute sie sich so überschwänglich, dass sie Jens für diese Idee einen Kuss auf die Wange drückte. Gott, was war mir das peinlich gewesen! Gefühlsausbrüche von anderen verursachten mir immer ein leichtes Unwohlsein. Ich kam mir dabei vor wie ein Voyeur. Das war auch der Grund, warum ich zurückschreckte, wenn man mich umarmen wollte. Doch nun wurde mir bewusst, dass schon sehr lange niemand mehr versucht hatte, mich zu umarmen. Umso schmerzlicher fühlte sich Jens’ Berührung an. Da war ein Hauch von Sehnsucht. Nicht nach Jens, sondern danach, etwas zu empfinden. Irgendetwas. Und wenn es auch nur eine Wunde wäre, die schmerzte.
    »Das war die netteste Mahnung, die ich je bekommen habe!«, sagte die alte Dame, die mit Mühe drei große Bildbände über Gartengestaltung auf die Theke wuchtete.
    Ich schreckte hoch. »Wie bitte?«
    »Sie können sich gar nicht vorstellen, wie erleichtert ich war, dass mir die Mahngebühren erlassen werden.«
    »Aber –« Ich sah sie irritiert an. Hatte ich das getan? Bestimmt nicht.
    »Und das, nachdem ich so viele Probleme mit meinem Blutdruck hatte. 210 zu 160. Da hat mein Hausarzt gesagt, ich soll zu Hause bleiben, mich in den Sessel setzen und Kreuzworträtsel lösen. Als ob ich dafür Zeit hätte! Und dann auch noch ein Brief von der Bücherei. Du liebe Güte!, habe ich gedacht, jetzt gibt es Ärger! Aber das ist ja so nett von Ihnen, Frau … Frau …«
    »Kann ich das Schreiben mal sehen?«
    »Aber natürlich! Ich habe es gleich mitgebracht. Ist ja nicht jeder so freundlich wie Sie, da dachte ich mir: Hilde, dachte ich, nimm das mal lieber mit, dann hast du ein Beweismittel. Hier!« Sie legte den Brief auf den Bücherstapel. Hinter ihr scharrten die anderen Kunden schon mit den Hufen.
    Die Post war diesmal aber wahnsinnig schnell gewesen – die Mahnung hatte ich doch erst gestern weggeschickt, überlegte ich. Doch als ich den Inhalt las, fiel mir vor Schreck der Bleistift herunter, auf dem ich gekaut hatte:
     
    Liebe Frau Schwellenbach,
    wenn es Ihre Zeit erlaubt, dann würde ich Sie bitten, die überfälligen Gartenbücher zurückzubringen. Wir haben bereits mehrere Vorbestellungen, und es tut uns leid, die anderen Büchereibesucher immer wieder vertrösten zu müssen. Wenn Sie es einrichten können, bis Mittwoch vorbeizukommen, dann verzichten wir gerne auf die anfallenden Mahngebühren. Hoffentlich ist Ihr Blutdruck wieder besser? Frisst Anka auch ordentlich? Wir haben uns schon Sorgen gemacht, nachdem der Hund beim letzten Mal so einen trüben Ausdruck in den Augen hatte. Meine geschätzte Kollegin Frau Klein schwört ja auf Leberwurstbrote. Leberwurstbrote machen jeden Hund glücklich!
    Herzliche Grüße und gute Besserung für Sie und Ihren Hund,
    Luzie Ludwig
    Das war ohne Frage ein Schreiben der Bücherei. Aber normalerweise benutzten wir Textbausteine und vorgefertigte Mahnschreiben. Kein Mensch käme auf die Idee, eine Mahnung persönlich zu formulieren. Und ganz bestimmt würde ich keine Mahnung persönlich formulieren. Und ich käme um Himmels willen auch nie auf den Gedanken, einen Brief zu verschicken, in dem Leberwurstbrote vorkamen! Aber das da drunter, das war ohne Zweifel meine Unterschrift. Wenn auch –  
    »Ach du heilige Scheiße!«, rutschte es mir heraus, als ich mir die Unterschrift genauer besah: Da war ein Herzchen über meinem Vornamen. Ein Herzchen über dem I! Ich keuchte erschrocken auf.
    »Stimmt etwas nicht damit?«
    »Doch, doch!«, versicherte ich und faltete den Brief schnell zusammen. Wenn das jemand sehen würde: Luzie Ludwig, die i-Punkte in Form eines Herzchens malte. Ich musste übergeschnappt sein!
    »Vielen Dank, dass Sie direkt vorbeigekommen sind. Hier haben Sie Ihre
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