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Liebe deinen Naechsten - und nicht nur Ihn

Liebe deinen Naechsten - und nicht nur Ihn

Titel: Liebe deinen Naechsten - und nicht nur Ihn
Autoren: Cecily von Ziegesar
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Liebsten.
    Er ließ sich auf den freien Stuhl neben Jack fallen und fuhr sich durch die braunen Haare. In seinem schwarzen Wollmantel und der schwarzen Anzughose wirkte er eher wie ein junger Börsenmakler als wie ein Elftklässler der Riverside Prep. »Und, Ladys, was steht an?«, fragte er und ließ spielerisch eine Strähne von Jacks kastanienbraunen Haaren durch seine Finger gleiten.
    »J.P.!« Jack klang scherzhaft, aber sie schlug seine Hand weg und strich sich die Strähne sorgfältig hinters Ohr zurück.
    »Wir reden darüber, wer wie und mit wem Thanksgiving verbringt.« Avery lächelte schüchtern. Sie freute sich zwar, dass J.P. und Jack wieder zusammen waren, fühlte sich aber immer ein bisschen einsam, wenn sie ein inniges Pärchen sah. Warum fand sie nicht jemanden, der sie so liebte?
    »Eigentlich wollten wir gerade gehen.« Jack schob ihren Stuhl nach hinten, zog ihre American Express aus dem steingrauen Portemonnaie von Chloé und warf sie auf den Tisch. Unverzüglich erschien ein weiß behemdeter Kellner und nahm sie an sich.
    »Wollten wir?« Ein wenig enttäuscht über den abrupten Aufbruch, warf Avery einen Blick in den goldenen Spiegel über der Bar und setzte ihre schwarz-weiß karierte Wollmütze von Marc Jacobs auf. Obwohl es erst November war, herrschten bereits eisige Temperaturen, und der Wetterbericht hatte für die ganze Woche Schnee angekündigt.
    »Brrrr!«, machte Jiffy, als sie vor dem Café standen, und zog ihren grünen Filzmantel von Marc by Marc Jacobs enger. »Habt ihr Lust, noch mit zu mir zu kommen?«, fragte sie hoffnungsvoll.
    »Wir müssen los.« Jack fasste J.P. am Ellbogen und winkte mit ihrer kalbsledern behandschuhten Hand ein Taxi heran. »Bis dann!«, rief sie, als ein Wagen quietschend am Straßenrand hielt.
    Avery sah zu, wie J.P. Jack die Tür öffnete und sie ihren gertenschlanken Körper elegant auf die kunstlederne Rückbank gleiten ließ. Das Ganze wirkte wie eine sorgfältig einstudierte Choreografie, die sie schon etliche Male vollzogen hatten.
    Im Gegensatz zu ein paar anderen Dingen, die sie noch nie vollzogen haben.
    »Und, was machst du an Thanksgiving?«, fragte Jiffy Avery, während sie die Straße entlanggingen.
    »Keine Ahnung. Ich denke mal, dass ich die Tage mit meiner Familie verbringe.« Wirklich sicher war Avery sich da allerdings nicht. Seit sich die Sache zwischen ihrer Mutter und ihrem neuen Freund Remington zu etwas Ernstem entwickelte, wussten die Drillinge nicht, was für die Feiertage geplant war, und bis jetzt hatte sich noch keiner getraut, danach zu fragen. Außerdem war Avery viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, das echte New York kennenzulernen und zu genießen, um sich um die Pläne ihrer Mutter zu kümmern. Während der letzten vier Wochen hatte sie jede freie Minute mit Jack, Jiffy, Genevieve und Sarah Jane verbracht. Und sie fand einfach alles daran großartig: die wirklich angesagten Restaurants zu entdecken, auf hippe Partys zu gehen, trendige Bars und Clubs unsicher zu machen. Trotzdem verspürte sie in letzter Zeit eine seltsame Unruhe – irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sich bald etwas verändern würde.
    Meint sie mit etwas vielleicht ihr Single-Dasein?
    »Hat dein Bruder denn gar keine Freunde, die noch zu haben sind?«, fragte Jiffy, als hätte sie ihre Gedanken gelesen.
    »Doch, ein paar schon«, antwortete Avery.
    Einträchtig spazierten sie Richtung Uptown, vorbei an den Schaufenstern auf der Madison Avenue, die bereits in festlichem Rot, Silber und Grün dekoriert waren. Jiffy hatte Mühe, mit Averys langen, ausholenden Schritten mitzuhalten, und hängte sich die beiden glänzenden schwarzen Barneys-Tragetaschen an den anderen Arm. »Und findest du irgendeinen von ihnen gut?«
    »Nicht wirklich«, wich Avery aus. Eigentlich stand sie ein klitzekleines bisschen auf Rhys, den besten Freund ihres Bruders, aber das wollte sie Jiffy lieber nicht erzählen. Nicht weil sie ihr nicht vertraute. Aus irgendeinem seltsamen Aberglauben heraus dachte sie, dass nichts passieren würde, wenn sie zugab, dass sie ihn mochte.
    Avery war überzeugte Romantikerin, in letzter Zeit empfand sie diesen Umstand aber eher als Fluch. Als sie dreizehn war, hatte sie Nachrichten per Flaschenpost verschickt in der Hoffnung, dass irgendein Europäer adligen Geblüts sie auf der anderen Seite des Atlantiks finden würde. Mittlerweile gab sie keine Flaschenpost mehr auf, aber sie hatte auch immer noch nicht herausgefunden, wie man es
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