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Liebe auf Dauer

Titel: Liebe auf Dauer
Autoren: Hans Jellouschek
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steht für mich außer Frage.
    Andererseits: Wir Menschen sind leibliche und soziale Wesen. Das bedeutet in unserem Zusammenhang zweierlei: Damit etwas für uns volle Wirklichkeit wird, wollen wir es nach außen zum Ausdruck bringen, und wir wollen esanderen mitteilen und mit anderen teilen. Darum entspricht ein Ritual in der Gemeinschaft und vor Vertretern dieser Gemeinschaft, wie es beim Eingehen einer Ehe üblich ist, genau dem, worum es hier geht. Die Vermeidung dieses Ausdrucks im Ritual, die Vermeidung der Öffentlichkeit in diesem Zusammenhang, auch die Vermeidung der entsprechenden rechtlichen Konsequenzen, sind darum nicht selten Symptome dafür, dass der Mut und der Wille zur Verbindlichkeit doch nicht ganz vorhanden waren und dieser Schritt ein Stück weit vermieden worden ist. Ich habe mir darum angewöhnt, ohne von Vornherein etwas zu unterstellen, unverheiratete Paare, die zu mir kommen, immer zu fragen: »Warum sind sie nicht verheiratet?« Oft steche ich damit in ein Wespennest, denn ich thematisiere Grundfragen dieser Beziehung, die vom Paar bisher zu stellen tunlichst vermieden worden sind.

    In den vorausgehenden Ausführungen wird so getan, als ob man Liebe »beschließen« könnte, und das »ein für allemal«. Birgt das nicht die Gefahr in sich, dass man träge wird, dass man meint, es sei mit der klaren Beziehungsdefinition getan, und sie so zu einer leeren Hülle wird, hinter der die lebendige Liebe modert und stirbt? Muss sich Liebe nicht jeden Tag neu erweisen, neu bewähren, und ist es da nicht besser, der Entwicklung einen offenen Raum zu lassen – statt sich festzulegen?
    Zum menschlichen Leben gehört beides: Es muss sich etwas entwickeln können – dafür ist es wichtig, abzuwarten, sich Zeit zu lassen. Aber es gibt auch den Moment, den »Kairos«, da muss entschieden, gehandelt werden, selbst dann, wenn noch die eine oder andere Unklarheit und Unsicherheit vorhanden ist. Das ist die Kunst, von der hier die Rede ist: Zuwarten können, der Beziehung Zeit lassen, sich zu entwickeln – also eine gewisse Passivität; und dann, wenn wir spüren, dass es Zeit ist, sich entscheiden, sichfestlegen – also aktiv werden, handeln. Wenn nicht irgendwann spürbar wird, dass »es« jetzt dran ist, ist das wie gesagt ein Grund, ernsthaft über Trennung nachzudenken.
    Dabei sehe und erlebe ich natürlich auch immer wieder die Gefahr, in der vor allem die Männer stehen, nämlich zu meinen, mit diesem Schritt, zum Beispiel mit der Heirat, alles Wesentliche für die Beziehung getan zu haben. Aber das wäre ein großes Missverständnis dessen, was ich hier sagen möchte. Die Entscheidung füreinander muss im täglichen Leben umgesetzt, eingeholt, immer wieder neu vollzogen werden. Darüber wird in diesem Buch noch ausführlich die Rede sein. Auch wenn ich es nicht in der Hand habe, dass es gelingt: Der Akt der Verbindlichkeit beinhaltet, dass ich alles daransetzen werde, diese Verbindlichkeit im täglichen Leben zu realisieren.
Hinweise
Wenn Sie in einer »undefinierten« Beziehung leben und bei sich das Bedürfnis spüren: Jetzt müsste ein nächster Schritt erfolgen, ich möchte mehr Klarheit, mehr Sicherheit, mehr Eindeutigkeit haben, dann stellen Sie diesen Impuls nicht gleich wieder in Frage. Manche werten solche Wünsche sogleich ab: als kindliches Sicherheitsbedürfnis oder unangemessenes Bestreben, den anderen besitzen zu wollen. Sicher ist es gut, die eigene Motivation hier kritisch zu befragen. Aber Sie dürfen auch damit rechnen, dass dieses Bedürfnis die innere Konsequenz Ihrer Liebe zueinander ist und das Zeichen, dass der nächste Schritt Ihrer Weiterentwicklung dran ist. Darum haben Sie den Mut, darüber mit dem Partner zu sprechen.
Wenn Sie den Schritt zur verbindlichen Beziehungsdefinition auf dem Standesamt beziehungsweise in der Kirche vollziehen, lassen Sie es nicht allein bei den vorgesehenen Ritualen und überlassen Sie die Regie nichteinfach dem Standesbeamten oder dem Pfarrer. Füllen Sie das Ritual durch eigene Gestaltung mit Leben und geben Sie dem Vollzug ihre persönlichen Züge: durch selbst gewählte Texte, Musik, Gesten und Symbole. Dies ist heute vor allem im kirchlichen Bereich durchaus möglich. Haben Sie den Mut, im Ritual ihre eigenen Vorstellungen von dem Schritt, den sie jetzt tun, zu verwirklichen.
Wenn Sie sich entschieden haben, keine »offizielle« Ehe einzugehen, überlegen Sie trotzdem, ob sie nicht aus Anlass Ihres »Ja« zueinander ein privates Ritual im
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