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Lichtlos 2 (German Edition)

Lichtlos 2 (German Edition)

Titel: Lichtlos 2 (German Edition)
Autoren: Dean Koontz
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visieren mich an.
    Als ich die Betonröhre erreiche, durch die wir auf dem Hinweg in vollkommener Dunkelheit gelaufen sind, bleibe ich stehen, um den schmalen Strahl über die Wände gleiten zu lassen. Ich fühle mich an ein Labyrinth von solchen Abflussrohren erinnert, über das ich im zweiten Band dieser Erinnerungen geschrieben habe; an jenem Ort wurde ich mehr als einmal fast getötet. Natürlich darf ich mir nicht gestatten, mich nur deshalb vor einem Ort zu hüten, weil er mich an einen anderen Ort erinnert, an dem ich beinahe gestorben wäre, da mich so ziemlich jeder Ort an einen anderen Ort erinnert, an dem ich fast gestorben wäre, ob es sich nun um ein Polizeirevier oder eine Kirche, um ein Kloster oder ein Spielcasino oder um eine Eisdiele handelt. Ich bin noch nie in einem Waschsalon, einer Filiale von McDonald’s oder einer Sushibar beinahe gestorben, aber schließlich bin ich noch nicht ganz zweiundzwanzig, und mit etwas Glück habe ich noch viele Jahre vor mir, um an allen erdenklichen Schauplätzen fast zu sterben.
    Ich beginne meinen Weg durch das leicht abschüssige Abflussrohr und erinnere mich an die Originalversion des Films Invasion vom Mars von 1953, in der teuflische, ränkeschmiedende Marsmenschen unter einer ruhigen amerikanischen Kleinstadt heimlich eine unterirdische Festung errichten und Schauspieler, die Kostüme mit sichtbaren Reißverschlüssen auf dem Rücken tragen und so tun, als seien sie außerirdische Monster, auf einer ruchlosen Mission nach der anderen durch unterirdische Tunnel trampeln. Trotz der Reißverschlüsse ist es ein gruseliger Streifen, ein Science-Fiction-Klassiker, wenn auch keiner der ganz Großen, aber es kommt nichts darin vor, was so beängstigend ist wie die Hälfte der Leute in jeder beliebigen Episode von Meet the Press , die am Sonntagmorgen ausgestrahlt wird.
    Ich bin noch nicht weit gelaufen, als ich die erste Abzweigung auf der rechten Seite erreiche, die so ist, wie Jolie sie beschrieben hat: Sie hat einen Durchmesser von etwa eineinhalb Metern und ist nur in gebeugter Haltung passierbar. Da das Mädchen diese Abzweigung von den Abflussrohren bereits erkundet hat und weiß, dass ihr Ende versperrt ist, habe ich nicht die Absicht, einen Abstecher dorthin zu machen.
    Als ich an der Öffnung vorbeikomme, lässt mich jedoch ein Geräusch innehalten. Ein gutes Stück entfernt ertönt ein leises Rumpeln und Schleifen, dessen Echo durch diesen kleineren Tunnel hallt; es klingt so, als würde ein schwerer Metallgegenstand auf Beton bewegt. Der Strahl der Taschenlampe reicht nicht weit, und als ich mich gerade frage, ob ich eine riesige Eisenkugel höre, die auf mich zurollt, von einem bösartigen Alien mit einem Reißverschluss auf dem Rücken in Bewegung gesetzt, verstummt das Geräusch.
    Augenblicklich strömt mir ein Luftzug entgegen, der schwach nach gealtertem Beton riecht. Das ist nicht die abgestandene Luft träger Zirkulation durch lichtlose Reiche. Sie ist frisch und sauber, trifft säuselnd auf mein Gesicht und bringt mein Haar ganz leicht in Bewegung, so angenehm kühl, wie Morgenluft an einem Januartag auf mittlerer Höhe der kalifornischen Küste sein sollte.
    Falls das obere Ende dieses Kanals bisher versperrt war, ist es jetzt offensichtlich nicht mehr der Fall. Wer die Sperre geöffnet hat und warum, ist von unmittelbarer Bedeutung für mich, denn es ist nicht anzunehmen, dass dieses Timing so etwas wie Zufall ist.
    Nicht das leiseste Geräusch ist mehr zu vernehmen.
    Obwohl es unwahrscheinlich ist, dass jemand in dem mondlosen Dunkel gesehen hat, wie Jolie und ich an den Strand geflohen sind, und obwohl das Mädchen Hiskott – und somit auch alle anderen – in die Irre geleitet hat, begeistert mich die Aussicht einer Rückkehr an den Strand nicht gerade. Jeder andere Ausgang aus diesem Tunnelsystem könnte vorteilhafter sein als der mit Ranken verhangene Endpunkt des Hauptabflusskanals.
    Mit der häufig, aber nicht immer zuverlässigen Intuition eines hellseherischen Grillkochs ahne ich, dass diese alternative Route ungefährlich sein könnte und dass derjenige, der diesen Seitenkanal geöffnet hat, möglicherweise mein Freund sein oder es zumindest vorziehen könnte, dass Norris Hiskott stirbt und nicht ich – oder es am liebsten sähe, wenn wir beide tot wären und nicht nur ich.
    Ich beschließe, unverzüglich dieser nervenaufreibend strittigen Wahrnehmung gemäß zu handeln. Schließlich ist das Schlimmste, was passieren kann, dass ich
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