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Lichtlos 1 (German Edition)

Lichtlos 1 (German Edition)

Titel: Lichtlos 1 (German Edition)
Autoren: Dean Koontz
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zuverlässig wie jeder Kompass .«
    Boo, der weiße Schäferhund, ist schon seit einigen Monaten bei mir. Jetzt begleitet er mich zu Bungalow 7. Da er ein Geisterhund ist, braucht er nicht zu pinkeln und ist schon durch die Tür, bevor ich sie überhaupt aufschließen kann.
    Die Unterkünfte sind sauber und gemütlich. Sitzbereich, Schlafnische, Bad. Die Anlage scheint innerhalb der letzten paar Jahre modernisiert und aufgewertet worden zu sein. Es gibt sogar einen kleinen Kühlschrank, der als Minibar dient. Ich nehme eine Dose Bier heraus und reiße die Lasche auf.
    Ich bin erschöpft, aber nicht schläfrig. Jetzt, zwei Stunden vor dem Morgengrauen, bin ich seit zweiundzwanzig Stunden wach; dennoch kreist mein Kopf wie eine Schleuder.
    Nachdem ich den Fernseher angeschaltet habe, setze ich mich mit der Fernbedienung auf einen Sessel, während Boo jede Ritze des Bungalows erkundet, denn seine Neugier ist im Tod so groß wie im Leben. Der Satellitenempfang bietet eine große Auswahl an Programmen. Aber fast alles erscheint mir schal oder abgeschlafft.
    Soweit ich das den Kabelnachrichtensendern entnehmen kann, haben es die verhinderten Atomterroristen in Magic Beach noch nicht in die Nachrichten geschafft. Ich habe den Verdacht, dass es nie dazu kommen wird. Die Regierung wird beschließen, dass die Öffentlichkeit es vorzieht, nichts über solche beunruhigenden Beinahe-Katastrophen zu erfahren, und die politischen Kreise ziehen es vor, sie nicht davon zu unterrichten, da andernfalls der Verdacht der Korruption und der Inkompetenz in hohen Ämtern aufkommen könnte.
    Auf NatGeo – in einem Dokumentarfilm über Großkatzen – informiert uns der Sprecher darüber, dass Panther eine Form von Leoparden sind, schwarz, eventuell mit weißen Flecken. Ein Panther mit goldenen Augen starrt direkt in die Kamera, entblößt die Lefzen und sagt mit rauer, gesenkter Stimme: »Schlaf .«
    Mir wird klar, dass ich nicht mal mehr halb wach bin und in diesem Dämmerzustand des Bewusstseins schwebe, wo sich Träume und die wirkliche Welt manchmal kreuzen. Bevor ich einnicke und das Bier verschütte, stelle ich die fast leere Dose auf den Tisch neben dem Sessel.
    Auf dem Bildschirm packt ein Panther mit seinen Klauen eine Antilope, zieht seine Beute von den Füßen und reißt ihr die Kehle heraus. Die optische Gewalttätigkeit schreckt mich nicht ab, sondern lastet auf mir und ermüdet mich. Die triumphierende Katze hebt ihren Kopf und starrt mich an. Blut und Speichel tropfen aus ihrem Maul, als sie sagt: »Schlaf … schlaf .«
    Ich kann die Worte nicht nur hören, sondern sie auch fühlen, Schallwellen, die aus den Lautsprechern des Fernsehers dringen und in meinem Inneren pulsieren, eine Art akustische Massage, die meine verkrampften Muskeln entspannt und die straff angezogenen Fasern meiner Nerven beschwichtigt.
    Mehrere Hyänen stellen den Panther auf eine Bewährungsprobe, als er die Antilope auf einen Baum zerrt, um sich in dessen höheren Ästen an ihr zu laben, wohin ihm weder diese wölfischen Rivalen noch Löwen – die ebenfalls nicht klettern – folgen können.
    Eine Hyäne, widerwärtig und mit irrem Blick, entblößt für die Kamera ihre schartigen Zähne und flüstert: »Schlaf .« Der Rest des Rudels wiederholt das Wort, »schlaf !« , und die Schallwellen vibrieren mit einer äußerst angenehmen narkotischen Wirkung in mir, ebenso wie die Stimme des Panthers auf dem Baum, während der Kopf der Antilope schlaff auf ihrem zerstörten Hals hängt, ihre starren Augen glasig vom vollkommensten Schlaf von allen.
    Ich schließe die Augen, und der Panther des Wachtraums folgt mir in den Schlummer. Ich höre das leise, aber schwere Tappen seiner Pfoten und fühle, wie seine geschmeidige Gestalt durch meinen Verstand schleicht. Einen Moment lang bin ich beunruhigt, aber der Eindringling schnurrt, und sein Schnurren beruhigt mich. Jetzt klettert die Großkatze auf einen anderen Baum, und obwohl ich nicht tot bin, trägt das Geschöpf mich mit sich, denn ich bin machtlos, mich zu widersetzen. Ich fürchte mich nicht, weil das Tier zu mir sagt, ich soll keine Angst haben, und wie schon zuvor ist es nicht nur der Sinn der Worte, der die Gewässer meines Geistes zu ölen scheint, sondern es sind auch die Schallwellen, durch die sie gebildet werden.
    Dies ist der Baum der Nacht, schwarze Äste, die hoch in den sternlosen Himmel reichen, und nichts ist zu sehen außer den Lampionaugen des Panthers, deren Größe und Helligkeit
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