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Lichthaus Kaltgestellt

Lichthaus Kaltgestellt

Titel: Lichthaus Kaltgestellt
Autoren: Paul Walz
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gesamten Fahndungsablauf und auch den Verlauf des heutigen Tages. Niemand diskutierte seine Eigenmächtigkeiten, der Erfolg gab ihm Recht.
    Gegen sieben brachten ihn zwei Streifenbeamte nach Hause. Sie setzten ihn und den Berlingo in Eitelsbach ab und waren erst nach langen Diskussionen bereit, ihn allein zu lassen.
    Kaum war er allein in dem stummen Haus, kam das Grauen zurück. Unzusammenhängende Bilder blitzten durch sein Gehirn. Das Becken, die Schamhaare auf der Bettdecke und dann die Fratze von Schweiger. Sophie Erdmann hatte sich nicht getäuscht. Mit ihren weiblichen Antipathien hatte sie intuitiv richtig gelegen.
    Er rief Claudia an, zitternd und voller Vorfreude. Ihre Stimme war wie aus einer anderen Welt. Warm und voller Leben. Sie fragte, wie es ihm gehe, und als er nur kurz meinte, jetzt gut, erzählte sie von den Banalitäten eines Urlaubstages, die Erholung bedeuten. Piauder auf mich ein, sang Grönemeyer, und genau das tat sie. Lichthaus ließ es geschehen, wischte nur hier und da die Tränen weg, die ihm übers Gesicht liefen. Dann berichtete er von der Klärung des Falles und wie es dazu gekommen war, verschwieg aber seinen Beinahetod. Er würde es ihr erzählen, doch nicht am Telefon. Sie war begeistert über den Fahndungserfolg und erst recht, als Lichthaus sie bat, am Wochenende noch nicht heimzufahren. Er wollte stattdessen am folgenden Tag nach Holland fahren um dort ein paar Tage Urlaub mit ihnen zu machen.
    Er hatte sich spontan entschieden. Wollte einfach zu seiner Familie. Er hatte heute Schlimmstes erlebt und brauchte eine Auszeit. Fühlte sich vollkommen ausgelaugt und kraftlos. Die anderen würden nach Schweiger fahnden müssen, zumal er ja eigentlich noch gar nicht im Dienst war. Wenn er nur wüsste, was Schweiger vorhatte.
    Er grübelte noch eine Zeit lang, dann übermannte ihn die Erschöpfung, und er schlief auf dem Sofa ein. So wie er war.
    *

Kurz nach Mitternacht wachte Lichthaus auf. Im Haus war es dunkel, nur von der Straße her drang der schwache Schein einer Straßenlaterne bis zu ihm vor. Er hatte sich ein wenig erholt, doch ein Traum, der ihn wieder in die eisige Wanne gebracht hatte, ließ ihn aufschrecken. Herzrasen. Sein Atem ging rasselnd, und er war verschwitzt. Mühsam wälzte er sich auf den Rücken und stöhnte. Wenn das so weiterging, würde er zum Polizeipsychologen müssen. Nur wegen dieses Schweins von Schweiger. Er döste weg, doch zwischen Schlafen und Wachen huschte ein Gedanke durch sein Unterbewusstsein, den er nicht festhalten konnte, der aber wichtig war. Er setzte sich auf und stierte in die Dunkelheit, hoffend, dass dieser noch einmal zurückkäme. Vergebens. Beunruhigt stand er auf und machte Licht. Noch während sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnten, rief er im Präsidium an, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen.
    Marx war tatsächlich noch da. Als Einziger, schließlich war jetzt das LKA am Drücker, und sie waren alle müde. Warum er noch da war, darüber sprach er nicht. Stattdessen hatte er noch eine Frage: »Sie haben doch dem LKA gesagt, Schweiger plane eine neue Entführung. Glauben Sie, dass er das jetzt noch umsetzt? Raabe hat einen internationalen Haftbefehl rausgeschickt, glaubt aber nicht an neue Opfer.«
    Lichthaus rieb sich die Augen. »Nun, Schweiger ist mit dem Camper weg. Er kann versuchen, einfach nur auf einem Campingplatz in Frankreich, Spanien oder was weiß ich wo unterzukriechen und sich ruhig zu verhalten. Aber«, er zögerte einen Moment, »er war so besessen von seinem Vorhaben, ich denke, der wird das auf alle Fälle durchziehen.«
    Eine Pause trat ein, aber sie war nicht von Spannung erfüllt. Zwischen ihnen herrschte Waffenstillstand. Marx raschelte mit Papier. »Sie sagten, er sei schlecht auf Sophie Erdmann zu sprechen gewesen. Soll sie gewarnt werden?«
    »Ja, ist das denn nicht geschehen?«
    »Nein. Ich werde sie noch anrufen.«
    »Ja, ich bitte darum. Und dann gehen Sie auch nach Hause. Es ist spät genug.«
    »Das macht nichts. Nach mir kräht ohnehin kein Hahn.« Lichthaus sah sein schiefes Grinsen vor sich, während er den Hörer auflegte.
    Langsam ging er hinauf ins Schlafzimmer. Nach mir kräht kein Hahn. Müde zog er sich den Pullover über den Kopf, als er mitten in der Bewegung innehielt. Noch ehe der Hahn dreimal kräht, hatte Schweiger gesagt und Sophie Erdmann gemeint.
    Er rannte zurück ans Telefon und versuchte, Marx zu erreichen, doch der Apparat war bereits auf Abwesenheitsmodus
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