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Lichthaus Kaltgestellt

Lichthaus Kaltgestellt

Titel: Lichthaus Kaltgestellt
Autoren: Paul Walz
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geborstenen Mauer in Deckung gegangen. Anschließend beugte er sich wieder in den Fußraum hinunter. Lichthaus wusste nicht, was dort vor sich ging, und auch Marx zuckte nur verständnislos die Schultern. Er wollte auf Verstärkung warten. Schweiger schien völlig durchzudrehen, und sie sollten nichts mehr riskieren.
    »Wo bleibt ihr denn? Feiglinge. Seid ihr nicht Manns genug, es mit einem verletzten Ritter aufzunehmen? Wie die Weiber versteckt ihr euch. Ihr wisst wohl, dass mich niemand besiegt.«
    Plötzlich gab es unter dem Wagen eine kleine Verpuffung und eine Flamme flackerte hervor, die sich schnell ausbreitete. Auch Schweiger sah den Lichtschein und spähte aus dem Fenster. Dann wurde er hektisch. Er drosch auf das Lenkrad ein, dann hielt er sich daran fest und zerrte mit aller Kraft daran. Die Flammen fraßen sich unterdessen weiter. Rauch drang in die Fahrgastzelle.
    Schweiger schrie auf. »Holt mich hier raus!« Er warf die Pistole aus dem Fenster. »Ich habe keine Waffe mehr und bin eingeklemmt. Hört ihr! Ihr müsst mich hier rausholen, ich krepiere sonst.«
    Die Flammen züngelten weiter. Qualm stieg auf, und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis der Tank erreicht sein und der Wagen lichterloh brennen würde. Lichthaus verließ schwer atmend seine Deckung und ging hinüber. Marx folgte ihm. Sie blieben einige Meter entfernt stehen und schauten wortlos hinüber.
    »Na endlich. Kommt her und helft mir. Ich ergebe mich.«
    Lichthaus tat einen Schritt, doch dann hielt etwas ihn zurück. Marx schien es ähnlich zu gehen. Er rührte sich nicht. Schweiger starrte sie an. Lange Sekunden, dann begriff er. Seine blutunterlaufenen Augen weiteten sich.
    »Es ist eure Pflicht. Das wisst ihr doch. Los!«
    Lichthaus wusste, es war an ihm zu helfen, doch jeder neue Impuls, eine Bewegung zu tun, wurde von einem Bild überblendet.
    Stefanie Cordes, die tote Eva, die gebrochene Marianne Schneider, der Rest, den das Schicksal von Evas Vater übrig gelassen hatte, ein verbrannter Penner, dieser arme Teufel, Karla Springer im Straßengraben, kahl rasiert und geschändet, ihre verzweifelte Freundin, die Fotos und Trophäen auf dem Bett und dann die Wanne und das Wasser, das kalte Wasser, die Hände an seinem Hals, der immer noch schmerzte. Er schüttelte den Kopf, und Schweiger fing an zu schreien. Er beschimpfte sie mit allem, was die deutsche Sprache hergab, schließlich schrie er um Hilfe. Aber es war niemand sonst da. Er starrte sie an, erst wütend, dann voller Angst, am Ende mit Todesgewissheit in den Augen. Panik.
    Und schließlich umtanzten ihn die Flammen. Er schrie vor Angst, dann Entsetzen und rasenden Schmerzen. Schrill und grausam, eigentlich unerträglich für menschliche Ohren. Töne, die du kennst, du Schwein, brüllte es in Lichthaus. Er würde es niemals zugeben, doch er genoss es. Tief in seinem Inneren verspürte er nur Gerechtigkeit in ihrer reinsten Form. Es schien ihm, als tanzten flammende Frauengestalten um ihren Peiniger herum. Lachende und jubelnde Opfer.
    Schweiger durchlebte seine Vorhölle. Irgendwann hörten seine Schreie auf. Waren die Stimmbänder verkohlt? Marx ging zum Wagen, um den Feuerlöscher zu suchen, doch Lichthaus blieb. Er sah, wie die in der Hitze schrumpfenden Sehnen Schweigers Gelenke ein letztes Mal in Bewegung setzten, dann war da nur noch ein Schatten.
    Tot. Der letzte Punkt in der Geschichte war gesetzt.
    *
    Das Handy riss ihn unsanft aus dem Schlaf. Er fuhr zusammen und stieß sich das Knie am Lenkrad, um irritiert in die Sonne zu blinzeln. »Ja«, stöhnte er.
    »Hauptkommissar Lichthaus?«
    »Ja?« Er war vorsichtig, denn er wollte nicht der Presse auf den Leim gehen, die angesichts des Falls verrücktspielte. »Mit wem spreche ich?«
    »Mein Name ist Eisele. Ich bin bei der Sitte in Düsseldorf und würde mich gerne bei Ihnen bedanken.«
    »Aha. Und wofür?«
    »Na, für den Tipp mit diesem Rosner.«
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen.« Nur langsam kam er auf Touren, ließ die Schlaftrunkenheit hinter sich.
    »Sie haben uns doch diesen Rosner weitergegeben, den Sie in einer anderen Sache vernommen hatten.« Plötzlich klingelte es.
    »Ja, jetzt weiß ich. Viktor Rosner. Auf Bewährung in Düsseldorf unterwegs gewesen. Was ist mit ihm?«
    »Wir haben ihn durch den Wolf gedreht. Dreimal, auf feinster Stufe. Er hat gestanden, als wir ihm ein Zeugenprogramm in Aussicht gestellt haben.«
    »Ihr lasst den doch nicht laufen?«
    »Nee, nee. Für diese Typen gibt es kein
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