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Lichthaus Kaltgestellt

Lichthaus Kaltgestellt

Titel: Lichthaus Kaltgestellt
Autoren: Paul Walz
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umgestellt. Dann probierte er es bei Sophie Erdmann. Es läutete lange, bis ihre Stimme vertraut in sein Ohr drang. »Ich bin aktuell nicht zu sprechen, aber …«
    Er schnitt dem Anrufbeantworter das Wort ab und lief los. Unten im Keller kramte er aus dem Waffenschrank einen Colt Magnum hervor, den er sich vor vielen Jahren in seiner Zeit als aktiver Sportschütze zugelegt hatte.
    Er gab Gas, doch es dauerte eine gefühlte Unendlichkeit, bis er hinter Kürenz am ehemaligen Güterbahnhof vorbeifuhr und in die Bergstraße abbog. Er parkte den Wagen in einiger Entfernung zum Deimelberg, wo Sophie Erdmann wohnte, und schaltete den Motor ab. Von unterwegs hatte er wieder versucht, Marx zu erreichen, wieder ohne Erfolg. Nur der Mailbox hatte er seinen Verdacht mitteilen können. Die Bereitschaft hatte ihm versprochen, eine Streife vorbeizuschicken, aber auch das beruhigte ihn nicht. Er hatte die Fotos der Toten vor Augen, und die Vorstellung, Sophie Erdmann könnte dieser Gewalt ausgesetzt sein, schnürte ihm den Atem ab.
    Er wollte die Tür öffnen – und war plötzlich wie gelähmt. Angst wallte durch seinen Körper wie ein Sturm aus heiterem Himmel. Er begann zu zittern. Schweiß brach ihm aus und alles war wieder da. Die Fratze Schweigers, die Panik angesichts des Todes, die Trauer wegen Claudia und der Kleinen. Ein Déjà-vu wie aus einem Horrorfilm. Nicht noch mal, schrie es in ihm. Fahr nach Hause. Los fahr.
    »Nein!!!«, brüllte er aus vollem Hals, beugte sich vor und umklammerte das Lenkrad, versuchte, sich in den Griff zu bekommen, den rasenden Puls zu beruhigen. Und wirklich ließ das Zittern nach, die Atmung wurde langsamer, er sah wieder klar. Die Panikattacke war vorbei.
     
    Lichthaus stieg aus und hielt den Revolver schussbereit an der Seite, atmete tief die kühle Nachtluft ein und schaute sich um. Niemand war zu sehen. Er überquerte die Fahrbahn und schlich im Schatten der Häuser die wenigen Meter hinauf zur Kreuzung, wo der Deimelberg begann. In einem Fenster sah er das unstete Flackern eines Fernsehers. Sonst war alles dunkel und ruhig. Sehr ruhig.
    Oben an der Ecke duckte er sich hinter eine Gartenmauer und spähte in die Straße hinein. Ab hier bot sich ihm kein Schutz mehr, die Häuser verfügten durchweg über einen Vorgarten, der Straßenzug lag gut ausgeleuchtet vor ihm. Schweigers Camper war nirgends zu sehen.
    Das Haus, in dem Sophie Erdmann wohnte, befand sich auf der linken Seite, vielleicht fünfzig Meter entfernt. Die Angst kam wieder und krampfte seinen Magen zusammen. Nach kurzem Zögern überwand er sich und ging möglichst unbeteiligt wirkend weiter. Etwas raschelte und er sah sich erschrocken um, konnte jedoch nichts entdecken. Dann wieder glaubte er, leise Schritte zu hören, aber ein Lufthauch zerrieb das Geräusch. Mit zum Zerreißen angespannten Nerven erreichte er den Hauseingang. Sie wohnte unter dem Dach. Kein Lichtschein war hinter den Fenstern zu sehen. Er suchte die Namensschilder ab und las, undeutlich mit einem Kugelschreiber auf ein Klebeetikett geschrieben: Erdmann. Er drückte den Knopf und wartete, doch nichts tat sich.
    »Verdammt«, murrte er leise und rief die Bereitschaft an. Die Beamten waren vor etwa einer Viertelstunde patrouilliert und hatten nichts Auffälliges bemerkt. Entweder lag er völlig falsch, oder Schweiger hatte Sophie Erdmann bereits geschnappt. Sein Atem beschleunigte sich. Er rief ihr Handy an, aber auch dort meldete sich nur die Mailbox. Dann fiel ihm ein, vielleicht war sie ja mit Güttler unterwegs. Sofort ließ die Spannung ein wenig nach. Bestimmt war er überreizt nach diesem schrecklichen Tag und hatte Schweigers Bemerkung überinterpretiert, beruhigte er sich selbst. Missmutig kehrte er um und trottete hundemüde los.
    Schweiger sprang ihn von rechts an. Wie ein Geist, so schien es Lichthaus, kam er aus einer dunklen Einfahrt herausgeflogen, der schwarze Mantel flatternd wie die Flügel von Batman und auch die vorgestreckten Hände erinnerten an den Comic-Helden. Lichthaus riss die Arme vor, um ihn abzuwehren, doch es war wieder zu spät. Sein Angreifer packte ihn am Hals und riss ihn um. Er ging zu Boden, der Revolver rutschte weg und kam nach wenigen Metern, für ihn jedoch so unerreichbar wie der Mars, zum Liegen. Die Hände an seinem Hals waren wie Schraubstöcke, und schnell wurde die Luft knapp.
    »Du Sau, ich hätte dich heute Mittag wie einen räudigen Köter ersäufen sollen.« Speichel rann aus Schweigers verzerrtem Mund und
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