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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit
Autoren: Kerstin Rachfahl
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Gefahr für Agilus dar? Das Baby weinte im Arm von Otis, der weiter auf sie zuging.
    »Schau, Agilus, wer da ist, kennst du Levarda noch?«
    Geschickt legte er das Kind in ihre Arme.
    Sie sah das kleine Wesen in ihren Armen an. Agilus hatte aufgehört zu weinen. Er zog ein Schnütchen, und Levarda konnte eine steile Falte erkennen, dort wo die Augenbrauen aufeinandertrafen. Ihr Herz begann heftig zu klopfen, das Amulett schimmerte an ihrer Brust.
    Agilus‘ Gesichtsausdruck veränderte sich. Seine Mundwinkel zogen sich hoch, bildeten eine gerade Linie, er betrachtete ihr Gesicht aus aufmerksamen Augen. Dann schien er sich zu erinnern. Er blies seine Backen auf und pustete die Luft mit einem Brummeln heraus. Als Nächstes ließ er seine Lippen mitvibrieren, so wie es Levarda immer mit ihm gemacht hatte.
    Levarda imitierte seine Fratze.
    Das Kind antwortete mit einem fetten Lachen. Agilus fing an zu brabbeln, in einer Sprache, die nur sie beide kannten.
    Levarda lächelte ihn an, beugte ihr Gesicht zu ihm hinunter, küsste zärtlich seine Stirn. Als sie sich aufrichten wollte, krallte er sich mit den Fingern in ihren Haaren fest. Sie rieb ihre Nase an seiner, drehte den Kopf so, dass ihr Augenlid knapp vor seiner Wange lag. Mit schnellen Lidbewegungen strich sie so hauchzart mit ihren Wimpern über seine Wange, dass er vor Vergnügen kreischte, ihre Haare aber losließ.
    Levarda lachte, hob ihn hoch an ihre Brust und drückte ihn an sich. Indem sie ihren Schutzschild fallen ließ, wühlte sie ihre Nase in den weichen Flaum des Kindes. Dann übermannte sie der Schmerz. Er kam wie ein Schwertstreich und sie schluchzte auf, drückte Agilus hastig Otis in die Arme. Sie brach zusammen, rollte sich auf dem Boden ein, während sie von Weinkrämpfen geschüttelt wurde.
    Das Baby fing an zu weinen.
    »Geht mit ihm raus, Lady Smira«, hörte Levarda den Befehl ihres Mannes.
    Otis kniete sich vor ihr nieder.
    Sie rollte sich hoch und warf sich an seine Brust, hielt sich an ihm fest, so wie damals auf ihrer Reise am See, als die Schatten sie verfolgt hatten. Diesmal jedoch blieb er nicht steif, stattdessen zog er sie in seine Arme, wiegte sie wie ein kleines Kind, streichelte ihr Haar, ihren Rücken. Küsste sie zärtlich, wo immer sein Mund ihre Haut fand. Sie konnte die Energie seiner Flammen spüren, die Hitze in ihren Adern, seinen Geruch in ihrer Nase. Alle ihre Sinne erwachten mit einem Schlag, fühlten sich intensiver an als je zuvor, durch die lange Zeit, in der sie sich selbst unbewusst blockiert hatte.
    »Endlich habe ich dich wieder«, sprach er zärtlich in ihr Haar, während seine Tränen auf sie tropften.
    Er blieb draußen, drang nicht mit seiner Energie in sie ein. Ihr Licht entzündete sich, breitete sich aus, leckte an ihr empor, in der Sehnsucht, sich mit ihm zu vereinigen.
    Er hob sie hoch und trug sie zum Bett, legte sich an ihre Seite. Ihren Kopf bettete er auf seine Brust, dort wo sein Herz schlug.
    Sie beruhigte sich langsam, die Tränen versiegten. Durch Levardas Körper zogen weitere trockene Schluchzer. Sie griff nach seiner Hand und verschränkte ihre Finger mit seinen, dann schloss sie die Augen und lud ihn zu sich ein. Sie wusste genau, dass er alles sehen würde, auch das, was sie vor ihm verborgen gehalten hatte.
    Langsam ließ er seine Energie in ihren Körper fließen. Er verharrte still, wartete darauf, dass sie ihn durch ihre Erinnerungen führte. Gemeinsam gingen sie durch die Zeit, die sie getrennt voneinander gewesen waren. Schonungslos offen zeigte sie ihm alles.
    »Kannst du mir verzeihen?«, fragte sie leise, nachdem er eine Weile schweigend neben ihr gelegen hatte. Sie schloss die Augen aus Angst vor seiner Antwort, aber lieber wollte sie, dass er sie verließ, weil sie Ehebruch begangen hatte, als dass er aufgrund einer Lüge bei ihr blieb.
    »Was habe ich dir zu verzeihen?« Seine Stimme streichelte sie sanft. »Kannst du mir verzeihen, Levarda, dass ich so blind war? Dass ich deine Frage nach meinem Vertrauen in Lord Eduardo einfach wegwischte, ohne einmal nachzufragen, warum du sie gestellt hast?«
    »Ich habe dir seinen Brief verschwiegen.«
    »Ja, aber du hast dich nicht heimlich mit ihm getroffen. Ich habe dich ihm übergeben.«
    »Lass uns darüber nicht streiten. Ich habe mit Prinz Tarkan das Bett geteilt.« Es machte ihr Mühe, den Satz auszusprechen.
    »Er hat dich vergewaltigt.«
    »Nicht das zweite Mal.«
    »Er hätte es auch ein zweites Mal getan. Du hast dich nicht gewehrt,
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