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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit
Autoren: Kerstin Rachfahl
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noch versuchen könnte.
    »Hast du etwas aus Mintra gehört?«
    Sendad stöhnte auf. »Otis, selbst wenn der Bote jedes Pferd zu Tode reitet, braucht er mindestens fünf Wochen für die Strecke hin und zurück. Sie lebt, sie atmet, sie spricht, sie isst. Kannst du damit nicht zufrieden sein?«
    »Ich möchte, dass sie lacht, weint und liebt.«
    »Otis, du hast das Buch von Larisan gelesen. Was hat sie geschrieben über die Folgen der Dunkelheit?«
    »Nichts, aber sie hat seitdem auch nie wieder ihr Amulett getragen und sie hat die Dunkelheit nie aus ihrem Körper getrieben.«
    »Vielleicht steckt sie auch noch in Levarda.«
    »Nein, ich müsste es fühlen.«
    Sendad seufzte tief. »Übe dich weiter in Geduld und wehe dir, wenn du dir deine Sorgen anmerken lässt in ihrer Gegenwart.«
    Otis trat nach diesem Gespräch mit einem Lächeln in ihr Zimmer.
    Hätte Levarda Tränen in sich gehabt, sie hätte geweint. Er litt ihretwegen und sie war unfähig, ihm zu helfen.
    Da sie von Lady Smira nichts über Agilus erfahren hatte, fragte sie Otis. Er konnte ihr nicht viel erzählen, weil er ihn seit ihrem Verschwinden selten gesehen hatte. Er versprach ihr, am nächsten Tag nach ihm zu sehen und ihr zu berichten.
    Jede Nacht schlief er bei ihr, hielt sie, seinen Körper an ihren geschmiegt, schützend in seinen Armen. Manchmal konnte sie seine seelischen Qualen, weil sie auf seine zärtliche Nähe nicht reagierte, mit der Hand greifen. Sie wünschte sich, er würde in seinen Räumlichkeiten schlafen, wagte aber nicht, es ihm zu sagen. Sie wollte ihn nicht noch mehr verletzen.
    Er fragte sie, was Prinz Tarkan ihr angetan hatte. Sie erzählte ihm von dem Einflößen der Flüssigkeit, dem Ausbreiten der Dunkelheit. Über den Schmerz, die Demütigungen, die Schläge und die Vergewaltigungen schwieg sie.
     
    Inzwischen zog sich Levarda jeden Tag an. Sie wanderte in ihrem Zimmer umher, aber niemand konnte sie dazu bewegen, nach draußen zu gehen. Ihr Lieblingsplatz war nach wie vor das Fenstersims. Dort saß sie stundenlang und starrte auf das lebendige Treiben, das sich vor ihr ausbreitete. Otis ermutigte sie, ihre Aufzeichnungen fortzuführen, aber sie mochte nicht über das schreiben, was ihr passiert war.
    Er brachte ihr die Bücher von Larisan.
    Levarda las sie und erfuhr so, dass Larisan zum zweiten Mal geflüchtet war, nachdem Gunja sie beim hohen Lord verunglimpft hatte, indem sie behauptete, Bihrok würde ihr nachsteigen. Sie erkannte nicht ihre Mutter in Bihrok.
    Im Gebirge von Gestork kam Larisan an den See von Lethos, trank daraus und wurde von der Dunkelheit übermannt. König Shahids Schergen trafen auf sie und lieferten sie dem König aus. Sie wurde als Sklavin gehalten, teilte das Bett von König Shahid und gebar ihm einen Sohn – Prinz Tarkan.
    Nachdem sie das Kind zur Welt gebracht hatte, gelang ihr die Flucht. Sie kehrte an den Hof des hohen Lords zurück und wurde gnädig aufgenommen. In dem Buch sprach sie von der Dunkelheit, die sie den Rest ihres Lebens in sich trug, und die sie von der Energie ihres eigenen Elements abschnitt. Sie empfand es als eine gerechte Strafe, der sie hatte entgehen wollen, indem sie nicht in ihre Heimat zurückgekehrt war.
     
    Levarda hörte einen Streit vor ihrer Tür.
    »Es ist mir egal, was Ihr sagt, Lord Otis. Er ist mein Sohn und ich möchte nicht, dass Lady Levarda ihn berührt. Sie ist seltsam und Ihr habt keine Ahnung, was sie bewirken kann.«
    »Ich weiß sehr wohl, was sie bewirkt«, knurrte Otis zurück. »Ohne sie gäbe es Agilus nicht, vergesst das nicht, Lady Smira. Sie würde ihm niemals etwas antun.«
    Levarda rutschte vom Fenstersims herab. Das Buch fiel ihr aus der Hand. Ihr Herz klopfte heftig.
    Lady Smira versuchte es mit Schmeicheleien. »Lord Otis, ich weiß, dass ich es ihr zu verdanken habe. Ihr wisst selbst, dass Agilus ihr viel bedeutet. Was denkt Ihr, was sie zu Eurem Vorschlag sagen würde?«
    Otis zögerte. »Sie wird ihn nicht verletzen.«
    »Und wenn doch? übernehmt Ihr die Verantwortung?«
    »Ja.«
    Er öffnete die Tür und trat mit dem weinenden Agilus in Levardas Zimmer, dicht gefolgt von Lady Smira.
    »Ich schwöre Euch, Lord Otis, diesmal wird es Konsequenzen haben, dass Ihr meine Wünsche nicht respektiert. Auch meinem Gemahl liegt viel an unserem Sohn und er wird es nicht akzeptieren, dass Ihr ihn in Gefahr bringt.«
    Als Otis auf sie zukam, wich Levarda zurück. Die Worte von Lady Smira klangen ihr im Ohr. Gefahr. Verletzt. Stellte sie eine
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