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Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi

Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi

Titel: Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi
Autoren: Herbert Dutzler
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weiter tragen würden. Schließlich gelang es ihm doch, sich zusammenzureißen, schließlich war er im Einsatz und konnte nicht einfach untätig hier sitzen bleiben. So erhob er sich schwerfällig von seiner Bank und folgte der Frau Doktor Kohlross aus dem Zelt.
    Wenig überrascht sah er ein ganzes Grüppchen Beamter bei dem Gebüsch stehen, unter dem er die blutbesudelte Bank versteckt hatte. Er näherte sich mit zittrigen Knien und wollte die Spekulationen seiner Kollegen, wie die Bank wohl hierher gekommen sein könnte, gar nicht hören. Noch bevor er die Versammlung ganz erreicht hatte, drehte sich die Frau Doktor zu ihm um. „Wir haben die fehlende Bank gefunden. Sie ist voll Blut. Wollen Sie sie sehen?“ Gasperlmaier schüttelte abwehrend Kopf und Hände und hoffte, dass man seine Verweigerung der Bankbegutachtung aufkommender Übelkeit, des Blutes wegen, zuschreiben würde.
    „Jetzt müssen Sie mir aber schon genau erklären, was da heute früh vorgefallen ist!“ Gasperlmaier entging die zunehmende Schärfe im Ton der Frau Doktor nicht. „Wie ich gesagt habe“, entgegnete er trotzig, „nur die Bierfahrer sind kurz nach mir gekommen, die sind gleich ins Zelt, aber das war eigentlich erst, als ich den Kahlß Friedrich schon angerufen habe.“
    „Wer ist der Kahlß Friedrich?“, fragte die Frau Doktor mit zunehmender Schärfe in der Stimme, wohl, weil ihr noch nicht erklärt worden war, wie der Postenkommandant in Altaussee hieß, und weil sie dachte, Gasperl-maier habe irgendwen, einen Saufkumpan vielleicht oder den Leichenbestatter, zuerst gerufen.
    Nachdem das Missverständnis ausgeräumt war, er-kundigte sie sich nach den Bierfahrern, und als Gasperlmaier in aller Unschuld erklärte, die habe er weggeschickt, weil sie ja doch nur unnötig am Tatort herumgelaufen seien, platzte ihr erstmals der Kragen.
    „Ja, von was für Fachleuten bin ich denn hier umgeben? Der schickt mir möglicherweise wichtige Augenzeugen gleich wieder weg!“, rief sie laut, gegen den Loser hin wild gestikulierend, der, obwohl sein Name ja ein Dialektbegriff für das Ohr war, ihr wohl kein Gehör schenkte.
    Schnell hatte sie sich aber wieder unter Kontrolle: „Meine Herren, Bank und Spuren unter dem Tisch ins Labor, die Leiche kann weg. Wir gehen jetzt alle zunächst einmal auf den Posten, um uns Übersicht zu verschaffen. Allerdings dürfen wir nicht zu lange damit warten, das Wohnhaus der Familie aufzusuchen. Keine Pause vorläufig.“

4
    Auf der einen Seite konnte es Gasperlmaier noch gar nicht fassen, dass er jetzt sozusagen mit der Frau Doktor Kohlross ein Team bildete, wie er da so mehr hinter als neben ihr die paar Meter zum Haus der Familie Naglreiter zurücklegte. Andererseits wiederum war es naheliegend: Die Frau Doktor wusste, dass aus ihm wichtige Informationen herauszuholen waren, die er noch nicht preisgegeben hatte. Und genau deshalb hatte sie bei der Besprechung auf dem Polizeiposten darauf bestanden, dass man ihr einen ortskundigen Beamten zur Seite stellte, der die Leute, die Gegend und die Verhältnisse kannte und ihr dadurch bei den Ermittlungen Zeit zu sparen half.
    Einen Fehler allerdings hatte die Frau Doktor schon gemacht, bei der Besprechung vorhin, und Gasperlmaier lächelte deswegen still in sich hinein, als er die Gartentür des Naglreiter’schen Anwesens öffnete. Die Frau Doktor hatte gemeint, es sei jetzt von vordringlicher Wichtigkeit, all jene Bierzeltbesucher zu befragen, die in der gestrigen Nacht am Tisch oder in der näheren Umgebung des Tisches gesessen waren, an dem der Herr Doktor Naglreiter sein, wie man nun wusste, vierundfünfzig Jahre währendes Leben ebenso unfreiwillig wie plötzlich beendet hatte.
    Der Kahlß Friedrich hatte ob dieses Vorhabens nur schwer zu atmen begonnen und seine Pranken hilf- und ziellos durch die schlechte Luft des Polizeipostens rudern lassen: Das sei gänzlich unmöglich, Hunderte Leute, hatte er ihr darzulegen versucht, seien an diesen Tischen gesessen, gekommen und gegangen, teilweise angeheitert, ja sogar betrunken, sodass sich am Ende die wenigsten davon überhaupt noch erinnern mochten, wo und mit wem zusammen sie ihre Räusche erworben und schließlich mehr oder weniger lautstark nach Hause getragen hatten.
    Schließlich hatte sich die Frau Doktor Kohlross nach umständlicheren Verhandlungen dazu bereit erklärt, zunächst einmal nur das Servierpersonal befragen zu lassen, um davon ausgehend vielleicht weitere Zeugen ausfindig zu machen, die Licht
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