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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra
Autoren: Lindsey Davis
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roch es sauer, und ein Blick in die Runde machte klar, wieso. Die wenigen Schüsseln hatten wochenalte verkrustete Soßenränder; eine vertrocknete alte Essiggurke auf einem angeschlagenen Teller versuchte, unter zwei kopulierenden Fliegen eindrucksvoll auszusehen. Ein mißgestalteter, schlechtgelaunter Schankkellner warf Gewürze in die Trinkgefäße mit dem heißen, auf die Farbe getrockneten Blutes eingekochten Wein.
    Selbst um diese frühe Stunde drängten sich acht oder zehn Tintenkleckser in schmuddeligen Tuniken am Tresen. Alle klagten über ihren entsetzlichen Beruf und die verpaßten Aufstiegschancen. Trübselig kippten sie ihren Wein hinunter, als hätte ihnen gerade jemand erzählt, daß die Parther fünftausend römische Veteranen hingeschlachtet hatten und der Preis für Olivenöl gefallen sei. Schon ihr Anblick machte mich krank.
    Anacrites bestellte. Als er auch noch zahlte, wußte ich, daß ich in Schwierigkeiten steckte.
    »Wieso das? Ich dachte, jeder Palastangestellte würde wie ein geölter Blitz zur Latrine flitzen, wenn es ans Zahlen geht.«
    »Machen Sie nur Ihre Witze, Falco.« Wieso glaubte er, das sei ein Witz?
    »Auf Ihre Gesundheit«, sagte ich höflich, bemüht darum, ihn nicht merken zu lassen, daß ich ihm in Wirklichkeit eine Warzenplage und Sumpffieber an den Hals wünschte.
    »Auf die Ihre! Tja, Falco, hier sind wir nun …« Von einer schönen Frau beim Ablegen der Tunika gemurmelt, hätte das eine vielversprechende Bemerkung sein können. Von ihm klang sie eher bedrohlich.
    »Hier sind wir«, grummelte ich und nahm mir vor, sobald wie möglich anderswo zu sein. Dann schnüffelte ich an meinem Wein, der wie dünner Essig roch, und wartete schweigend darauf, daß er zur Sache kam. Anacrites zur Eile anzutreiben, würde ihn nur noch langatmiger werden lassen.
    Nach einer halben Stunde, wie es mir vorkam obwohl ich nur einen Fingerbreit des scheußlichen Weins runtergewürgt hatte –, schlug Anacrites zu: »Ich habe alles über Ihre Abenteuer in Germanien gehört.« Sein Versuch, seine abgrundtiefe Feindseligkeit mit Bewunderung zu überspielen, reizte mich zum Grinsen. »Wie war es denn so?«
    »Nicht übel, wenn man scheußliches Wetter, aufgeblasene Legionäre und erstaunliche Beispiele von Unfähigkeit der höheren Ränge mag. Nicht übel, wenn man gern in einem Wald überwintert, wo die Angriffslust wilder Tiere nur noch von der schlechten Laune behoster Barbaren übertroffen wird, die einem ihre Speerspitzen an den Hals drücken.«
    »Sie reden gern.«
    »Und ich hasse Zeitverschwendung. Was soll dieses alberne Geplauder, Anacrites?«
    Er schenkte mir ein beruhigendes, gönnerhaftes Lächeln. »Der Kaiser denkt an eine weitere exterritoriale Expedition – durchgeführt von einem diskreten Mann.«
    Meine Antwort mag zynisch geklungen haben. »Sie meinen, er hat Sie angewiesen, die Sache selbst durchzuführen, aber Sie wollen sich lieber davor drücken? Ist die Mission nur gefährlich oder sind damit auch eine unbequeme Reise, übles Klima, völliger Mangel an Annehmlichkeiten der Zivilisation und ein tyrannischer König verbunden, der seine Römer am liebsten über heißem Feuer kroßgebraten genießt?«
    »Oh, es ist eine durchaus zivilisierte Gegend.«
    Das traf nur auf sehr wenige Ecken außerhalb des Reiches zu, die alle eins gemeinsam hatten – sie wollten außerhalb bleiben . Was zu einem unfreundlichen Empfang für unsere Gesandten führte. Je mehr wir behaupteten, in friedlicher Absicht zu kommen, desto sicherer wußten sie, daß ihr Land für eine Annexion vorgesehen war. »Das gefällt mir nicht. Bevor Sie fragen, meine Antwort ist nein.«
    Anacrites’ Miene blieb ausdruckslos. Er schlürfte seinen Wein. Ich hatte ihn fünfzehn Jahre alten Albanier trinken sehen und wußte, daß er den Unterschied durchaus schmeckte. Es amüsierte mich, das Flackern in seinen merkwürdig hellen Augen zu beobachten, während er versuchte, sich das Unbehagen über dieses saure Getränk und die ebenso verabscheute Gesellschaft nicht anmerken zu lassen. Er fragte: »Weshalb glauben Sie, daß der Alte mich mit dieser Aufgabe betraut hat?«
    »Wenn er mich will, Anacrites, sagt er mir das persönlich.«
    »Vielleicht hat er mich ja nach meiner Meinung gefragt, und ich habe ihm erklärt, Sie seien neuerdings unempfänglich für Aufträge des Palastes.«
    »Dafür war ich schon immer unempfänglich.« Den vor kurzem empfangenen Arschtritt wollte ich nur ungern erwähnen, obwohl Anacrites
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