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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra
Autoren: Lindsey Davis
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Bargeld stets willkommen.
    Dank meiner Anstrengungen waren Rom und einige Provinzen jetzt sicherer. Aber letzte Woche hatte die kaiserliche Familie ein wichtiges Versprechen gebrochen. Statt mich in den nächsten Stand zu erheben, damit ich Helena Justina heiraten und ihre vergrätzte Familie beschwichtigen konnte, hatten mich die Caesaren mit leeren Händen die Palatinstufen hinuntergeworfen, als ich mein Honorar einforderte. Daraufhin hatte Helena erklärt, Vespasian hätte mir seinen letzten Auftrag gegeben. Ihm selbst war gar nicht aufgefallen, daß ich mich wegen einer so nichtigen Sache wie einer fehlenden Belohnung betrogen fühlen könnte; keine drei Tage später bot er mir die nächste diplomatische Mission im Ausland an. Helena würde außer sich sein vor Zorn.
    Zum Glück kam ich gerade die Treppen von meiner Wohnung hinunter, um beim Friseur ein wenig Klatsch aufzuschnappen, als die Vorladung aus dem Palast eintraf. Die Botschaft wurde mir von einem mickrigen Sklaven überbracht, dessen struppige Augenbrauen unter einem hirnlosen Schädel zusammenwuchsen – das Übliche für einen Palastboten. Es gelang mir, ihn an seiner kurzen Tunika zu packen und schnurstracks in die Wäscherei im Erdgeschoß hinunterzubefördern, ohne daß Helena ihn zu Gesicht bekam. Lenia, die Wäschereibesitzerin, bestach ich mit einer kleinen Summe, damit sie den Mund hielt. Dann scheuchte ich den Sklaven zurück zum Palatin und warnte ihn davor, mir häuslichen Ärger einzubrocken.
    »Ach, Sie können mich mal, Falco! Ich gehe, wohin man mich schickt.«
    »Wer hat dich eigentlich geschickt?«
    Er warf mir einen nervösen Blick zu – mit gutem Grund. »Anacrites.«
    Ich knurrte leise. Das war schlimmer, als zu Vespasian oder einem seiner Söhne gerufen zu werden.
    Anacrites war der offizielle Oberspion des Palastes.
    Wir waren seit langem Widersacher. Unsere Rivalität war von der bittersten Sorte: rein beruflich. Er betrachtete sich als Experte im Umgang mit durchtriebenen Gestalten in gefährlichen Situationen, doch in Wahrheit führte er ein zu bequemes Leben und hatte das Händchen dafür verloren; außerdem hielt Vespasian ihn ziemlich knapp, also wurde er ständig von jämmerlichen Untergebenen belagert und hatte nie genügend Schmiergeld zur Hand. Nicht flüssig zu sein, ist in unserem Beruf tödlich.
    Jedesmal, wenn Anacrites einen heiklen Auftrag vermasselte, war ihm bewußt, daß Vespasian mich schicken würde, um die Sache in Ordnung zu bringen. (Ich streckte sämtliche Auslagen vor, außerdem war ich billig.) Meine Erfolge hatten seine permanente Eifersucht geweckt. Obwohl er mir gegenüber in der Öffentlichkeit immer freundlich tat, wußte ich, daß Anacrites nur darauf lauerte, mich eines Tages endgültig beseitigen zu können.
    Ich gab seinem Boten noch ein paar saftige Ratschläge, was seine Karriere betraf, und stapfte dann hinein, eine hitzige Konfrontation erwartend. Anacrites’ Büro war nicht größer als der Lampenschrank meiner Mutter. Spione genossen unter Vespasian kein Ansehen; ihm war es egal, ob jemand schlecht über ihn redete. Vespasian mußte Rom wieder aufbauen und war der Meinung, seine Leistungen für die Öffentlichkeit würden seinen Ruf genügend sichern, ohne daß er auf Terrortaktiken zurückgreifen müßte.
    Unter dieser entspannten Herrschaft hatte Anacrites sichtbar zu kämpfen. Er hatte sein Büro mit einem bronzenen Klappstuhl ausgestattet, mußte sich aber in die Ecke des Zimmers quetschen, um seinem Schreiber Platz zu machen. Der Schreiber war ein großer, mißgestalteter Thraker mit Schafsgesicht in einer protzigen roten Tunika, die er bestimmt von einem Balkongeländer geklaut hatte, wo sie zum Lüften hing. Seine riesigen Füße in den plumpen, mit Tinte und Lampenöl befleckten Sandalen füllten den Großteil des Fußbodens aus. Anacrites’ Anwesenheit zum Trotz gelang es seinem Schreiber, den Eindruck zu erwecken, daß er die wichtige Person sei, an die Besucher sich zu wenden hätten.
    Der Raum wirkte irgendwie unprofessionell. Es roch eigenartig nach terpentingetränktem Hühneraugenpflaster und kaltem Röstbrot. Überall lagen zerknitterte Schriftrollen und Wachstafeln herum, die wohl Auslagenabrechnungen enthielten. Vermutlich Forderungen von Anacrites und seinen Laufburschen, die der Kaiser nicht zahlen wollte. Vespasian war für seinen Geiz berüchtigt, und Spione kennen keine Scham, wenn es um Reisekostenerstattung geht.
    Als ich eintrat, kaute der Meisterspion auf
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