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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra
Autoren: Lindsey Davis
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warf ich ein.
    Helena antwortete Thalia, als hätte ich nie den Mund aufgemacht. » Mir hat er erzählt, er wäre Großgrundbesitzer mit einer riesigen Olivenplantage in Samnium, und wenn es mir gelänge, ihn bei Stimmung zu halten, würde er mir die sieben Weltwunder zeigen.«
    »Tja, wir machen alle mal Fehler«, meinte Thalia mitfühlend.
    Helena Justina überkreuzte die Fesseln und brachte den bestickten Besatz ihres Rockes zum Schwingen. Es waren überwältigende Fesseln. Sie konnte ein überwältigendes Geschöpf sein.
    Thalia unterzog sie einer erfahrenen Musterung. Von unseren früheren Begegnungen kannte Thalia mich als zwielichtigen Privatermittler, der sich für einen Hungerlohn mit trostlosen Aufträgen abplagte und dafür auch noch von der Allgemeinheit verachtet wurde. Und jetzt stand sie meiner unerwartet vornehmen Freundin gegenüber. Helena gab sich als kühle, ruhige, ernsthafte Person, die aber eine Kohorte betrunkener Prätorianer mit ein paar scharfen Worten zum Schweigen bringen konnte. Außerdem trug sie ein exorbitant teures Filigranarmband aus Gold, das allein der Schlangentänzerin schon einiges sagen mußte: Obwohl sie hier mit jemand so Unbedeutendem wie mir saß, war mein Mädchen eine Patrizierin mit altem Geld.
    Nachdem sie den Schmuck taxiert hatte, wandte sich Thalia mir wieder zu. »Dein Glück hat sich gewendet!« Das stimmte. Ich nahm das Kompliment mit glücklichem Lächeln entgegen.
    Helena ordnete anmutig die Falten ihrer seidenen Stola. Sie wußte, daß ich sie nicht verdiente und das auch wußte.
     
    Sanft nahm Thalia den Python ab, wand ihn um einen Pfahl und setzte sich zu uns. Das Geschöpf, das mich die ganze Zeit in Unruhe versetzt hatte, streckte sofort seinen stumpfen, dreieckigen Kopf vor und schaute uns aus seinen geschlitzten Augen finster an. Ich widerstand dem Drang, meine Füße anzuziehen und weigerte mich, mir von diesem beinlosen Ungeheuer Angst machen zu lassen. Außerdem können sich hastige Bewegungen in Gegenwart einer Schlange als fatal erweisen.
    »Jason hat dich richtig ins Herz geschlossen!« kicherte Thalia.
    »Ach, er heißt also Jason?«
    Noch ein Ideechen näher, und ich würde Jason mit meinem Messer aufspießen. Ich hielt mich nur zurück, weil ich wußte, wie sehr Thalia an ihm hing. Jason in einen Schlangenledergürtel zu verwandeln, hätte sie wahrscheinlich verärgert. Der Gedanke an das, was Thalia wohl mit jemand anstellte, der sie verärgerte, war noch beunruhigender, als sich von ihrer Schlange knutschen zu lassen.
    »Er sieht momentan ein bißchen krank aus«, erklärte sie Helena. »Sehen Sie, wie milchig seine Augen sind? Er wird sich bald wieder häuten. Jason wächst noch und braucht alle paar Monate was Neues zum Anziehen. Das macht ihn für über eine Woche ziemlich launisch. Für öffentliche Auftritte ist er dann nicht zu gebrauchen; man weiß nie, was ihm gerade einfällt. Glauben Sie mir, das ist schlimmer, als mit einem Trupp junger Mädchen zu arbeiten, die sich jeden Monat wimmernd ins Bett verkriechen …«
    Helena schien eine passende Antwort parat zu haben, aber ich unterbrach die beiden Frauen, bevor ihr Gespräch in allzu weibliche Gefilde abglitt. »Und wie läuft das Geschäft, Thalia? Der Mann am Tor sagt, du hättest Frontos Nachfolge angetreten.«
    »Jemand mußte die Sache in die Hand nehmen. Entweder ich, oder irgendein verdammter Mann.« Thalia hatte nie viel für Männer übrig gehabt. Keine Ahnung, warum, ihre Bettgeschichten waren allerdings schrecklich.
    Der Fronto, auf den ich anspielte, war ein Importeur exotischer Raubtiere für die Arena und ein Organisator noch exotischerer Vorstellungen für dekadente Bankettgäste gewesen. Er war einer plötzlichen Unpäßlichkeit zum Opfer gefallen in Form eines Panthers, der ihn verspeiste. Offenbar leitete Thalia inzwischen die von ihm hinterlassenen Geschäfte.
    »Hast du immer noch den Panther?« witzelte ich.
    »Aber ja!« Ich wußte, daß Thalia das Biest aus Respekt für Fronto behielt, für den Fall, daß es noch etwas von ihrem ehemaligen Chef intus hatte. »Hast du die trauernde Witwe erwischt?« herrschte sie mich plötzlich an. Frontos Witwe hatte in der Tat nicht sehr überzeugend getrauert – ein normaler Vorgang in Rom, wo das Leben billig ist und der Tod nicht von ungefähr kommt, wenn ein Mann einer Frau zu sehr auf den Wecker geht. Während meiner Nachforschungen über eine mögliche Absprache zwischen der Witwe und dem Panther war ich Thalia und
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