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Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Titel: Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet
Autoren: Antje Herden
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wunderlich wird?‹, fragte ich mich und hoffte, dass es nicht so war.
    Vielleicht gehörte ihr seltsames Verhalten aber auch zu den Dingen, die anders waren als sonst. Es ging also weiter. Auch bei mir zuhause.

Die Wohngemeinschaft

    Am Freitag nach der Schule liefen die Prinzessin und ich zur Wäscherei und holten sechs meiner Hemden ab. Das Siebte trug ich auch heute wieder. Weil seit Mittwoch ein Fleck darauf war, hatte die Prinzessin meine anderen Hemden zur Wäscherei gebracht. Erst wollte ich das nicht, aber die Prinzessin hatte darauf bestanden.
    »Wenn deine Oma die Hemden nicht mehr wäscht, dann kannst du das entweder selber tun oder wir bringen sie in die Wäscherei«, hatte sie gesagt.
    »Dann lieber in die Wäscherei«, hatte ich geantwortet.
    Ich hoffte, dass Oma bald wieder vernünftig wurde. Am Abend vorher hatte sie mir wieder nichts zu essen gemacht.
    Auch Papa hatte ich seit zwei Tagen nicht mehr gesehen. Seitdem lag meine Mathearbeit ohne seine Unterschrift auf dem Küchentisch. Schön fand ich allerdings, dass die Prinzessin nun jeden Tag etwas mit mir unternahm.
    Als wir die Wäscherei betraten, unterhielt sich die Wäschereifrau gerade mit einem Mann. Unterhalten ist vielleicht nicht das richtige Wort. Sie kicherte vielmehr und lehnte sich über den Tresen, als wollte sie von dem Mann in die Arme genommen werden. Und der Mann sah so aus, als würde er das auch gleich tun.
    »Haben Sie heute Zeitung gelesen? Der Williplatz soll einsturzgefährdet sein«, sagte der Mann.
    »Was Sie nicht sagen«, säuselte die Frau und rutschte mit dem Ellenbogen vom Tresen. Doch bevor sie mit der Nase aufschlagen konnte, hatte der Mann sie schon aufgefangen.
    »Ich glaube, ich bin auch einsturzgefährdet«, kicherte die Wäschereifrau und der Mann drückte sie fest an seine Brust.
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte die Prinzessin.
    Aber der Mann und die Wäschereifrau hörten sie nicht. Es dauerte sehr lange bis sie uns bemerkten. Ich sagte mehrere Male laut »Guten Tag«, aber sie reagierten gar nicht. Auch als ich herumsprang und wild mit den Armen wedelte, beachteten sie mich nicht. Als ich dann aber zusammen mit einem Kleiderständer in die Fensterauslage krachte und all die sauberen Hemdenstapel durcheinanderbrachte – da schaute die Wäschereifrau mich endlich doch noch an und ich konnte meinen Abholschein abgeben. Die Prinzessin stand die ganze Zeit daneben und schrieb auf, was passierte. Leider verschrieb sie sich.
    »Kistenköpfiger Seifendackel«, fluchte sie und musste noch einmal von vorn anfangen.
    Darum stand ich eine ganze Weile irgendwie überflüssig in der Wäscherei herum. Die Wäschereifrau hatte sich schon wieder dem Mann zugewandt. Sie räumte nicht einmal die Fensterauslage auf. Das habe ich dann gemacht.
    »Ich glaube, meine Hemden sind gar nicht sauber, sondern nur in Papier eingewickelt«, murmelte ich.
    Die Wäschereifrau schien zumindest keine Zeit zum Waschen zu haben. Aber als ich an meinem Hemdenpaket roch, duftete es doch einigermaßen frisch.
    Erst als die Prinzessin alles aufgeschrieben und ihre Stifte wieder auf eine Länge gespitzt hatte, verließen wir die Wäscherei.
    In den Straßen unseres Viertels war ganz schön was los. Viele Kinder waren von ihren Eltern nicht nach dem Unterricht abgeholt worden. Darum blieben sie einfach in der Nähe der Schule. Sie saßen in Grüppchen in der Sonne, tauschten bunte Karten, spielten mit kleinen Plastikfiguren, kämmten und frisierten sich und teilten sich Chips- und Gummibärchentüten. Es gab viel Geschrei, aber noch viel mehr Lachen.
    ›Eigentlich sehen alle glücklich aus‹, dachte ich.
    »Eigentlich sehen alle glücklich aus«, sagte die Prinzessin und ich musste ihr Recht geben.
    »Trotzdem ist das alles mehr als seltsam«, seufzte die Prinzessin. »Guck mal die da.« Sie deutete auf die dicke Frau Conradi von gegenüber.
    »Was hat denn Frau Conradi an?«, staunte ich.
    »Das ist ein Tütü. So etwas tragen Balletttänzerinnen.«
    »Aber Frau Conradi ist doch gar keine Balletttänzerin! Nicht einmal ein kleines bisschen«, sagte ich.
    »Vielleicht wäre sie ja gerne eine«, vermutete die Prinzessin.
    »Sie sollte so etwas lieber nicht anziehen«, murmelte ich.
    Wir gingen zu mir nach Hause, hängten die Hemden auf die Bügel in meinem Schrank und kochten eine Tütensuppe. Die Eltern der Prinzessin waren am Vortag nicht nach Hause gekommen und hatten sich auch noch nicht wieder bei ihr gemeldet. Ihre Handys hatten sie auch
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