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Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Titel: Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet
Autoren: Antje Herden
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Hilfe. Und zwar in Gestalt einer Straßenbahn, die über den Williplatz fuhr. Nachdem ihr Dröhnen verhallt war, gab es ein seltsames Knacken. Es klang leise und trocken, als wäre jemand auf ein kleines Stöckchen getreten. Dann krachte und wackelte alles: der Boden, die Decke, die Wände. Wir kauerten uns in eine Nische, damit uns keine herabfallenden Steine trafen. Dort hockten wir und konnten nichts anderes tun als abwarten.
    Irgendwann war alles vorbei. Wir husteten und wischten uns den Staub aus den Augen. Über uns leuchteten die Sterne.
    Der ganze Williplatz war eingestürzt. Einfach so. Keiner konnte sich einen Reim darauf machen. Verletzt wurde zum Glück niemand. So stand es zumindest in den Zeitungen. Aber die können ja nicht alles wissen. Die Stadt wollte den Platz sowieso umgestalten. Jetzt hatte sie einen guten Grund dafür.

Doch ein Gott?

    Eigentlich ist die Geschichte nun erzählt, wie die Prinzessin, Sandro und ich letzten Donnerstag die Welt retteten. Was jetzt noch fehlt, ist das Aufräumen. Aufräumen ist aber langweilig, oder?
    Für alle, die gerne vom Aufräumen hören, kommt hier noch ein letztes Kapitel. Wer das nicht lesen möchte, kann ja das Buch zuschlagen und stattdessen ein Erdbeermarmeladebrot essen.
    Obwohl – eine spannende Sache gab es noch. Eine verdammt spannende sogar.
    Wir kletterten aus dem Loch und schauten uns um. Niemand hatte uns bemerkt. Es war mitten in der Nacht und nur langsam kamen einige wenige Leute zum Platz gelaufen, um zu schauen, was passiert war. Von Weitem konnten wir die Martinshörner der Feuerwehr hören.
    Wir liefen nach Hause und aßen und tranken, bis uns fast die Bäuche platzten. Später saßen wir frisch geduscht und in sauberer Kleidung im Wohnzimmer auf dem Sofa. Professor Kolossos trug eine alte Jeans und ein T-Shirt von mir. Er sah aus wie ein kleiner Zwerg im Urlaub.
    Natürlich war klar, dass wir ganz schnell etwas unternehmen mussten. Niemand durfte irgendetwas von dem entdecken, was Professor Kolossos unter der alten Fabrik aufgebaut hatte. Wir schlichen noch einmal zum eingestürzten Williplatz zurück und leuchteten in die riesige Grube. Von Kaudata, seiner Amme und den Lurchen war nichts zu sehen. Auch keiner der Rattenmänner ließ sich blicken. Ob sie verschüttet worden waren oder entkommen konnten, das wissen wir nicht. Der Zugang zum Bunkerbereich war komplett verschüttet und nichts wies darauf hin, dass es außer der großen Grube noch irgendwelche unterirdischen Räume gab.
    Am nächsten Tag bestand der Professor darauf, alleine durch den Erdtunnel in sein ehemaliges Reich zu klettern. Wir wollten unbedingt mitkommen. Aber er ließ sich nicht dazu überreden.
    »Kinder, ihr bleibt hier und ruht euch aus. Ich muss das alleine wieder geradebiegen. Außerdem brauche ich hier oben Beobachter, die darauf achten, dass alles wieder in die Reihe kommt.«
    Wir brachten ihn gemeinsam zum Erdloch in der Baugrube. Als wir ihn verabschiedeten, hatte ich einen dicken Kloß im Hals. Wohin er gehen wird, wissen wir nicht. Er hatte nur gesagt, dass er fortgehen würde. Und er hat wohl seine dressierten Ratten und Lurche mitgenommen, denn die waren plötzlich aus der Stadt verschwunden. Genauso wie die Rattenmänner.
    Zuhause setzten wir uns ans Fenster. Wir wollten nichts verpassen.
    Der Professor wollte in der Kanalisation die Kanister mit dem »Elternglück« für einen Tag mit dem Mittel »Vergiss mich« austauschen. Danach sollte das Trinkwasser wieder frisch und rein sein. Uns hatte er freigestellt, ob wir an diesem Tag aus dem Wasserhahn oder aus einer Sprudelflasche trinken wollten.
    »Schrumpliger Knauzerich!«, hatte die Prinzessin geschimpft. »Niemals wollen wir Sie vergessen! Was denken Sie denn!?«
    »Danke, dass ihr mir verzeiht«, antwortete der Professor gerührt und hatte sogar Tränen in den Augen. Dann umarmte er jeden von uns.
    An diesem Tag passierte noch nicht viel. Aber am nächsten. Langsam trudelten alle Eltern wieder ein. Die Kinder schleppten ihr Hab und Gut aus der Schule und gingen nach Hause. Plötzlich waren in den Straßen wieder viele Autos unterwegs. Sie kamen alle zurück. Ein seltsames Schweigen lag in der Luft. Die Erwachsenen liefen mit staunenden Gesichtern herum und fassten sich immer wieder an die schmerzenden Köpfe.
    Heute ist Montagmorgen und ich sitze im Klassenraum auf meinem Stuhl. Gegenüber spitzt die Prinzessin ihre Stifte und zwinkert mir zu. Frau Müller trägt wieder die Frisur, die sie
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