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Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet

Titel: Letzten Donnerstag habe ich die Welt gerettet
Autoren: Antje Herden
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anderes, den wir noch nicht kennengelernt haben«, beendete ich den Satz.
    Und da wurde uns plötzlich sehr kalt.

In der Falle

    Wir schafften es, bis zum Abend nichts zu essen und zu trinken. Natürlich hatten wir wieder furchtbaren Durst und auch Hunger, aber wir wollten solange es ging bei klarem Verstand bleiben. Wir redeten miteinander, damit die Zeit schneller verging. Zuerst erzählte die Prinzessin, was sie erlebt hatte. Als sie vor vier Tagen zum Supermarkt gegangen war, hatte sie eine Gruppe Ratten mit lustigen Kappen dabei beobachtet, wie sie aus dem Erdloch in der Baustellengrube gehuscht waren. Sie wollte sich das genauer anschauen. Weil sie hoffte, einen besseren Zugang in die Kanalisation zu finden, war sie ein Stück in den Erdtunnel hineingekrochen.
    »Plötzlich bekam ich einen Schlag auf den Kopf«, erzählte sie. »Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einem weißen Zimmer mit mehreren Doppelstockbetten. Ich trug weiße Kleidung und fühlte mich unheimlich wohl. Neben mir dampfte eine Tasse Tee, der einfach köstlich schmeckte. Professor Kolossos kam in mein Zimmer und wir unterhielten uns. Ich mochte ihn sofort. Natürlich nur weil ich ›Kinderglück‹ getrunken hatte, aber das wusste ich ja nicht. Damit mir nicht langweilig wurde, kümmerte ich mich um die Wäsche und kochte dem Professor und mir den Tee. Dann war da noch eine liebe alte Dame in einem schwarzen Kleid …«
    »Die Lurchfrau!«, entfuhr es mir.
    Die Prinzessin runzelte verwundert ihre Stirn. »Welche Lurchfrau?«, fragte sie.
    »Erzähl erst einmal zu Ende«, sagte Sandro.
    »Die nette alte Dame erklärte mir, wie alles funktionierte. Auch dass in jede Teekanne fünf Tropfen ›Kinderglück‹ gehörten. Ich fand das irgendwie schön. Es ist so ein tolles Wort: ›Kinderglück‹.«
    Danach erzählten wir der Prinzessin, wie es uns ergangen war. Sie nickte immer wieder mit dem Kopf. »Ja, das haben der Professor und ich alles auf den Bildschirmen beobachtet. Aber ich hatte mir gar nichts dabei gedacht.«
    »Dafür konntest du doch nichts«, beruhigte Sandro sie.
    Darüber war es irgendwann Abend geworden, was wir aber nur daran merkten, dass das Licht ausging. Es war nicht einfach, mit hungrigem Bauch einzuschlafen. Doch irgendwie gelang es uns.
    Mitten in der Nacht wachte ich auf. Ich hatte ein Geräusch gehört. Als ich die Augen aufschlug, sah ich natürlich nichts. Es herrschte rabenschwarze Finsternis in unserem Gefängnis und auf dem Gang. Doch das Gefühl, dass da irgendetwas war, ließ mich nicht los.
    Dann sah ich ihn: Eine Gestalt stand von außen gegen das Gitter gelehnt. Eine sehr große Gestalt mit einer leuchtenden Haut und einem ungewöhnlich breiten Kopf. Ich lag wie erstarrt und traute mich nicht zu atmen. Träumte ich schon wieder? Oder gab es ihn doch? Ich hatte inzwischen zwei Fotos von ihm gesehen. Einmal war er mir im Traum erschienen. Ein anderes Mal auf den 20 Monitoren im Schaltraum. Jetzt stand er gegen unser Gefängnisgitter gelehnt und beobachtete uns. Ich versuchte, mir ganz leise die Decke über den Kopf zu ziehen.
    Auf einmal wurde ich heftig an der Schulter gepackt. Panisch riss ich mir die Decke wieder vom Kopf. Sandro stand vor mir und sah sehr aufgeregt aus. Das Neonlicht blendete mich. Das hieß, es war schon wieder Tag! Ich musste den anderen unbedingt von der unheimlichen Gestalt erzählen.
    »Sandro, stell dir vor, was ich heute Nacht …«
    »Guck lieber mal, wer da im vierten Bett liegt«, unterbrach mich Sandro.
    Neugierig guckte ich zum vierten Bett, das am Abend zuvor noch leer gewesen war. Viel gab es nicht zu sehen. Aber ich konnte weißes Haar und einen strubbeligen Bart erkennen.
    »Das ist Professor Kolossos«, sagte ich staunend. »Was macht der denn hier?«
    »Er schläft«, sagte die Prinzessin, die sich vom Bett über mir herabbeugte. »Tief und fest.«
    »Na, ich bin mal gespannt, was er uns zu erzählen hat, wenn er aufwacht«, sagte Sandro.
    Und das tat der Professor ziemlich bald.
    »Wie seid ihr hier hereingekommen?«, rief er aufgebracht.
    »Professor, Sie sind zu uns hereingekommen und nicht wir zu Ihnen«, sagte die Prinzessin und Professor Kolossos begann zu begreifen. Er sprang aus dem Bett und rannte an die Gitterstäbe. Wie ein Verrückter rüttelte er daran. Natürlich bewegte sich nichts. Professor Kolossos drehte sich wieder zu uns um.
    »Was ist hier los?«, schrie er uns an. »Das wollen wir eigentlich gerne von Ihnen wissen«, sagte Sandro. »Also, das ist
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