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Letzte Worte

Letzte Worte

Titel: Letzte Worte
Autoren: Karin Slaughter
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absolut keinen Nutzen davon haben. « Sie nickte zum Haus hin. » Hare ist drinnen, das ist der Grund, warum ich in dieser Eiseskälte seit zwei Stunden mit den Hunden spazieren gegangen bin. «
    » Ihre Leute sind nicht wütend auf ihn? «
    Sie seufzte schwer. » Ach, meine Mutter wird ihm alles verzeihen. «
    » Ich schätze, das ist in Familien eben so. «
    Sie schien darüber nachzudenken. » Ja, so ist es in Familien. «
    » Ich habe heute Morgen mit Faith gesprochen. « Sie hatte so viele Babyfotos geschickt, dass Wills Handyspeicher schon fast voll war. » Ich habe sie zuvor noch nie glücklich erlebt. Es ist komisch. «
    » Ein Baby verändert alles « , entgegnete Sara. » Ich weiß das natürlich nicht aus eigener Erfahrung, aber ich sehe es an meiner Schwester. «
    Bob lehnte sich gegen sein Bein. Will streckte die Hand aus und kraulte ihn. » Schätze, ich… «
    » Ich wurde vergewaltigt. «
    Will wusste nicht, was er sagen sollte, und hielt den Mund.
    » Im College « , fuhr sie fort. » Das ist der Grund, warum ich keine Kinder bekommen kann. « Ihm war noch nie aufgefallen, wie grün ihre Augen waren, fast wie Smaragde. » Es dauerte vier Jahre, bis ich es meinem Mann sagen konnte. Ich schämte mich so. Ich redete mir ein, ich hätte das hinter mir u nd dass ich stark genug wäre, darüber hinwegzukommen. «
    » Ich denke, niemand kann behaupten, Sie seien nicht stark. «
    » Na ja, ich habe auch meine schlechten Tage. « Sie gab Billy mehr Leine, als er am Briefkasten herumschnüffelte. Sie starrten beide den Hund an, als wäre er viel faszinierender, als er es tatsächlich war.
    Will räusperte sich. Die Situation war ihm peinlich. Außerdem war es kalt hier draußen, und er vermutete, Sara wollte nicht den ganzen Tag vor ihrem Elternhaus stehen und zusehen, wie er versuchte, etwas Bedeutungsvolles zu sagen. » Ich sollte jetzt langsam meine Sachen packen. «
    » Warum? «
    » Na ja… « Will wusste nicht, was er sagen sollte, und kam sich verdammt blöd vor. » Die Feiertage. Ihre Familie. Sie wollen doch sicher mit ihr zusammen sein. «
    » Meine Mutter hat genug für fünfzig Leute gekocht. Sie wäre am Boden zerstört, wenn Sie nicht blieben. «
    Er wusste nicht, ob das Angebot aufrichtig gemeint war oder ob Sara nur höflich sein wollte. » In meinem Vorgarten herrscht ein ziemliches Chaos. «
    » Ich helfe Ihnen, wenn wir wieder in Atlanta sind. « Sie grinste frech. » Ich zeige Ihnen sogar, wie man mit einem Schaufelbagger umgeht. «
    » Ich will mich nicht aufdrängen. «
    » Will, das ist kein Aufdrängen. « Sie ergriff seine Hand. Er schaute hinunter, strich mit dem Daumen über ihre Finger. Ihre Haut war weich. Er roch den Duft ihrer Seife. Allein ihre Nähe vermittelte ihm ein angenehmes Gefühl, als hätte diese Leerstelle in seiner Seele vielleicht die Chance, eines Tages einmal ausgefüllt zu werden. Er öffnete den Mund, um ihr zu sagen, dass er bleiben wollte, dass er nichts mehr wollte, als wieder zweitausend Fragen ihrer Mutter zu beantworten und das verschmitzte Grinsen ihrer Schwester zu sehen, wenn sie zwischen ihnen beiden hin und her schaute.
    In diesem Augenblick klingelte das Handy in seiner Tasche.
    Sie rümpfte die Nase. » Was ist denn das? «
    » Wahrscheinlich noch ein Babyfoto von Faith. «
    Wieder lächelte sie ihn frech an. » Lassen Sie sehen. «
    Will war unfähig, Sara irgendetwas abzuschlagen. Mit seiner freien Hand kramte er nach dem Handy. Er hatte Emma Lee Mitchell schon aus jedem denkbaren Winkel gesehen, und bestimmt war sie ein ganz süßes Baby, aber im Augenblick sah sie aus wie eine zornige Rosine in rosa Strickmütze.
    Sara klappte das Handy auf. Ihr Lächeln verschwand schnell. » Es ist eine SMS . « Sie zeigte ihm das Display, schien sich dann aber zu besinnen, drehte es wieder zu sich und las laut vor: » Diedre ist endlich gestorben. Komm nach Hause. «
    Will spürte einen plötzlichen Stich. » Angies Mutter. « Er sah auf ihre Hand hinab, die noch immer die seine hielt.
    » Das tut mir leid. «
    Will hatte nicht mehr geweint, seit er sechzehn Jahre alt war, aber jetzt spürte er Tränen in seinen Augen aufsteigen. Das Sprechen fiel ihm schwer. » Sie hing an lebenserhaltenden Maschinen, seit ich ein Junge war. Schätze, jetzt hat sie endlich… « Seine Kehle war so zugeschnürt, dass er kaum schlucken konnte. Angie hatte stets behauptet, ihre Mutter zu hassen, aber seit zwanzig Jahren besuchte sie sie mindestens einmal pro Monat. Will hatte
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