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Lettie Peppercorn und der Schneehaendler

Lettie Peppercorn und der Schneehaendler

Titel: Lettie Peppercorn und der Schneehaendler
Autoren: Sam Gayton
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Kokosnüsse und Kaktusfeigen wuchsen im üppigen Grün. Lettie kletterte am Stamm hinauf in die Krone. Die Blutkübel war nur noch fünfzig Meter entfernt. Lettie tat alles, um ihr Zittern zu unterdrücken. Schließlich musste sie jetzt schneller, zielsicherer und beherrschter sein als je zuvor. Die alten Schachteln würden bestimmt ihre fürchterlichen Waffen einsetzen, die Walfänger ihre Harpunen. Und Letties Mutter war nicht da, um sie an die Hand zu nehmen und zu retten.
    Je mehr sie sich dem Schiff näherten, desto tiefer lag Noah im Wasser – bis schließlich nur noch der Baum mit Lettie zwischen seinen Ästen über der Oberfläche aufragte.
    Letties Hände bebten, als sie mehrere Kokosnüsse zu einem Haufen vor sich aufschichtete. Und die Blutkübel kam näher. Immer näher.
    Jetzt bloß nicht zittern, Lettie Peppercorn .
    Das Walross saß an Deck und genoss die letzten Reste des Hummers, als der Wind ihr plötzlich etwas Unmögliches heranblies.
    Ein großes, grünes Blatt landete auf ihrem Teller.
    Sie spießte es mit der Gabel auf, bevor es wieder davongeweht werden konnte. Aus schwarzen Schweinsäuglein starrte sie es an. Ein Blatt inmitten des Ozeans war wie ein Sonnenuntergang mitten in der Nacht, dachte das Walross. Oder wie Senf in einem Pfannkuchen. Es passte einfach nicht.
    Wo kam das Blatt nur her?
    »Schau dir mal das hier an«, wandte sie sich an die Glotzerin.
    Die Glotzerin begutachtete das Blatt lange und eindringlich. »Ein Blatt? Meilenweit vom nächsten Land entfernt? Das muss eine Halluzination sein. Kann schon mal passieren, wenn man zu viel Hummer isst.«
    »Mag sein«, sagte das Walross. Aber sie wusste, dass es nicht daran liegen konnte. Schließlich hatte sie immer noch Hunger.
    »Wie ist es bloß hierhergekommen?« Die Glotzerin stierte immer noch auf das Blatt.
    »Der Wind hat es hergebracht«, erwiderte das Walross. »Von da hinten …«
    Sie drehten sich gerade noch rechtzeitig um, um die Kokosnuss heranfliegen zu sehen.

7. Kapitel
    Gerechtigkeit siegt

    Die Kokosnuss traf Rotz-Hotte Charlie direkt an seiner Rotznase. Schluchzend und fluchend ging er zu Boden. Das kleine Mädchen, das die Kokosnuss geworfen hatte, saß auf seinem Ast und jubelte.
    Den zwei alten Schabracken klappten die Kinnladen herunter. Da hockte ihre ehemalige Gastwirtin mitten in der Krone eines üppigen Baumes, dessen Wurzeln im Ozean verborgen lagen. Und, was noch unfassbarer war – der Baum schwamm neben dem Schiff her!
    »Wir haben einen Lagerkoller!«, schrie Tranmann Johnson.
    »Ja, wir werden allesamt verrückt!«, kreischte Käpt’n McNulty entsetzt.
    »Verrückt waren wir vor ein paar Tagen«, widersprach das Walross. »Jetzt sind wir fuchsteufelswild!«
    »Du hättest lieber die Chance ergreifen und ertrinken sollen!«, knurrte die Glotzerin. Sie holte ihre silberne Pistole hervor und wich einer heransausenden Kokosnuss aus.
    Lettie gab keine Antwort. Noah schon. Er erhob sich aus seinem Versteck unter der Wasseroberfläche und stieß mit aller Kraft gegen die Blutkübel . Das Schiff kreischte und wankte und warf alle an Bord durch die Luft, als wären sie Salatblätter in einer Salatschleuder.
    Während alle benommen an Deck lagen, schob sich Noah ans Schiff heran, und Lettie sprang an Bord. Die zwei alten Schachteln lagen stöhnend nur ein Stück neben ihr. Das Walross war mit Tee aus ihrem Teekannenkopf besudelt, die Glotzerin tastete mit zugekniffenen Augen nach ihrer Sucherbrille, die neben ihren Füßen am Boden lag.
    Lettie ignorierte sie. Jetzt war nur Blüstav wichtig. Er lag am anderen Ende des Decks. Lettie rannte los, wurde aber gleich wieder gebremst: Die Glotzerin hatte mit eisernem Griff ihren Stiefel gepackt.
    »Hab dich!«, kicherte sie irre.
    Lettie wand sich, konnte sich aber nicht befreien. Warum hatte sie auch ihre Schnürsenkel so fest zugebunden! Die Glotzerin zerrte sie immer weiter zu sich heran, bis Lettie das Parfüm am Hals der alten Frau und den Hummer in ihrem Atem riechen konnte. Dann warf die Glotzerin Lettie zu Boden.
    »Aus dieser kurzen Entfernung brauche ich meine Brille nicht«, zischte sie, die silberne Pistole schussbereit in der Hand.
    Noah wand sich in den Fängen des Schiffskrans: Tranmann Johnson hatte es zu den Steuerhebeln geschafft und Noahs Schwanzflosse mit dem eisernen Greifer eingeklemmt. Noah drehte sich und kämpfte, aber der Kran war an Deck festgenietet und gab nicht nach. Noah saß in der Falle – und Tranmann Johnson begann ihn aus
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