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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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Peggy, die gerade in den Finders Court gezogen war, ihm Hilfe mit den Kindern angeboten hatte. Es war ihm damals nicht in den Sinn gekommen, sich in Acht zu nehmen. Als Baby Ruth schließlich starb, hätte er Peggy eigentlich fortschicken sollen. Aber er bedurfte zu sehr des Trostes einer Frau an seiner Seite, als dass er seinen stillen Zweifeln an ihrer Eignung als Stiefmutter nachgegeben hätte. Als Luke geboren wurde, wusste er bereits, dass die verschwundenen persönlichen Dinge von Nell und Teile der Wohnungseinrichtung nicht gestohlen worden waren, wie Peggy immer behauptet hatte. Stattdessen hatte sie sie verkauft, um sich ihren Ginkonsum zu ermöglichen. Ihm war auch bewusst, dass sie nicht eine so begabte Haushälterin wie Nell war und dass sie ihre Stiefkinder oft schlecht behandelte, aber er war in seiner Überzeugung gefangen, dass ein Mann sich um die Frau zu kümmern habe, die ihm ein Kind geboren hatte.
    Zwei Jahre später, nach Georges Geburt, war Peggy bereits jeden Tag betrunken, und Matilda musste die zwei kleinen Kinder versorgen. Die älteren Jungen verließen das Haus, so oft es nur ging, und Lucas war erleichtert, als sie schließlich zur See gingen. Das Leben in der Navy war zwar unerbittlich hart, aber sie hatten dort bessere Aussichten, als Lucas ihnen jemals bieten konnte.
    Vor vier Jahren war Peggy gestorben. Betrunken wie immer, war sie unter die Räder einer Kutsche geraten. Lucas hatte ihr nicht eine Träne nachgeweint, denn zu diesem Zeitpunkt wusste er auch, dass sie sich für den Wert eines Glases Gin jedem Mann hingegeben hatte. Aber er bedauerte sehr, dass Matilda nun noch mehr Verantwortung für die Jungen übernehmen musste. Sie hatte wahrlich Besseres verdient.
    »Du bist ein braves Mädchen«, sagte Lucas und zog sie an sich. »Du ähnelst deiner Mutter so sehr! Ich wünschte, ich könnte mehr für dich tun.«
    Als ihr Vater sie um die Taille fasste und sie umarmte, verspürte Matilda einen Kloß im Hals. Er sprach nur noch selten über Nell, aber sogar seine wenigen Äußerungen bewiesen, dass er noch oft an sie dachte und sich dafür verantwortlich fühlte, dass ihr gemeinsames Leben völlig anders verlaufen war, als sie es sich erhofft hatten.
    Lucas war erst neunzehn gewesen, als er Nell achtzehnhundertachtzehn zum ersten Mal in Greenwich gesehen hatte. Er hatte in seinem Boot auf einen Passagier gewartet, den er von Westminster aus übergesetzt hatte. Sie hatte am Kai gestanden und die Boote beobachtet, und er war auf den ersten Blick von ihren rosigen Wangen und ihrem goldenen Haar fasziniert gewesen. Lucas hatte sich bis dahin nicht viel aus Mädchen gemacht, aber als Nell ihn anlächelte, fühlte er sich mutig genug, aus seinem Boot zu steigen und sie anzusprechen. Sie sagte, sie liebe es, die Boote auf dem Fluss zu beobachten. »Es ist für mich eine willkommene Abwechslung zu meinem Beruf als Zimmermädchen«, fügte sie hinzu. Ihre Stimme klang anders als die der Londoner Mädchen, weich und melodisch, und als Lucas sie darauf ansprach, lachte sie und erzählte, dass sie ursprünglich aus Oxfordshire stammte. Sie war als Dreizehnjährige nach London gekommen, um für einen Kapitän zu arbeiten, und in den sieben Jahren, die sie für ihn gearbeitet hatte, war sie von der Position der Küchenmagd zu ihrer jetzigen Stellung aufgestiegen.
    Lucas erwischte sich nach dieser Begegnung dabei, auf Fahrten nach Greenwich zu spekulieren, nur um Nell bald wiederzusehen. Die Häufigkeit, mit der er sie dort tatsächlich am Kai wartend antraf, verriet ihm, dass es ihr ähnlich ging. Ihr Wesen war so erfrischend, sie war ein glückliches Mädchen, das von ihrem Arbeitgeber und Beruf mit sehr viel Zuneigung berichtete. Obwohl Lucas noch zwei Jahre seiner Ausbildung bei seinem Vater ableisten musste, bevor er selbstständig auf dem Fluss arbeiten konnte, und ihm klar war, dass es deshalb sehr unvernünftig war, einem Mädchen den Hof zu machen, verliebte er sich unsterblich in Nell – und sie sich in ihn. Sie gingen beide viele Risiken ein. Nell hätte ohne Zeugnis entlassen werden können, wenn bekannt geworden wäre, dass sie ihn traf. Silas, Lucas’ Vater, hätte ihn windelweich geschlagen, wenn er gewusst hätte, dass Lucas das Boot während seiner Spaziergänge mit Nell unbeaufsichtigt am Ufer zurückließ. Aber allein die Freude, sich zu sehen, ließ sie alle Risiken vergessen.
    Als Lucas seinem Vater erzählte, dass er heiraten wolle, erklärte Silas ihn zunächst für
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