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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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hänge sie zum Trocknen auf. Ihr geht heute nirgendwo mehr hin.«
    Luke warf ihr einen bösartigen Blick zu, während er ihr das Geld reichte. Sie vermutete, er würde versuchen, es ihr zu stehlen, bevor die Nacht vorüber war. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass ihr morgens ein paar wertvolle Pennys fehlten. Sie wrang die Kleider der Jungen aus und hängte sie über das Feuer. Sie waren noch fadenscheiniger als ihre eigenen. Sie hatte bereits so viele Flicken angenäht, dass bald keine Stelle mehr übrig blieb, an der sie neue Stofffetzen annähen konnte. Matilda hasste es auch, dass die beiden barfuß laufen mussten, aber ihre Füße waren hart wie Metall, und sie würden nicht einmal Stiefel tragen, wenn Matilda sie sich leisten könnte.
    Die Jungs begannen gerade mit dem Abendessen, und das Wasser im Topf kochte bereits, als ihr Vater nach Hause kam. Er war ein kleiner, kräftiger Mann, seine Arme waren durch das jahrzehntelange Rudern gestählt. Sein Gesicht war braun und faltig wie eine Walnuss, wodurch er älter aussah als vierzig Jahre. Seine Zähne waren wie die der meisten Männer seiner Schicht nur noch schwarze Stümpfe, und sein blondes Haar war lang und ausgedünnt. Doch seine lebhaften, blauen Augen fielen den meisten Menschen sofort auf, ebenso wie seine Kleidung. Sein rauer Mantel und die dünnen Hosen waren die übliche Uniform eines Fährmannes, doch das saubere rote, mit weißen Tupfern versehene Halstuch und die schwarze, mit Goldbändern durchwirkte Kappe bewiesen, dass er die siebenjährige Ausbildung zum Fährmann abgeschlossen hatte, bevor er begonnen hatte, selbstständig an der Themse zu arbeiten. Seine langsamen Bewegungen und gebeugten Schultern verrieten seine Müdigkeit, dennoch lächelte er seine Kinder, die am kerzenbeleuchteten Tisch ihr Abendessen verspeisten, liebevoll an.
    »Dieser Anblick kann einem das Herz erwärmen«, sagte er mit seiner rauen Stimme. »Drei saubere Gesichter und ein warmes Essen auf dem Tisch.«
    Matilda kam auf ihn zu, küsste ihn auf die Wange und hängte seinen Mantel auf den Nagel hinter der Tür. »Hattest du einen guten Tag, Vater? Es war doch schön sonnig, nicht wahr?«
    Der Frühling war dieses Jahr spät gekommen. Heute war der erste schöne Tag gewesen, und Matilda kam es so vor, als hätte es seit Wochen nur geregnet.
    »Es war ganz in Ordnung, Matty«, seufzte er, setzte sich hin und streckte seine kalten Hände dem Feuer entgegen. »Die Sonne hat die Menschen auf die Straßen gelockt und ließ den Fluss wieder etwas freundlicher erscheinen, aber die meisten von ihnen laufen einfach über die Brücken, anstatt sich von uns auf die andere Seite rudern zu lassen. Es ist nicht mehr wie früher.«
    Lucas nahm die große tönerne Tasse, die Matilda ihm reichte, und nippte dankbar an dem schwarzen Tee. In einer Stunde würde er wieder gehen müssen, da das Nachtgeschäft am Fluss das einträglichste war. Passagiere zahlten dann den doppelten Preis, um schnell zu den Vergnügungen auf der South Bank zu gelangen. Doch die Arbeit in der Nacht barg ihre eigenen Gefahren. Betrunkene Narren wollten Freunden ihren Mut beweisen, indem sie während der Fahrt aufstanden und das Boot hin und her schaukelten. Oft versuchte man auch, ihn auszurauben. Aber Lucas sorgte sich nicht so sehr um seine eigene Sicherheit, vielmehr ließ er seine Kinder nachts ungern allein. Finders Court war in der letzten Zeit sehr viel gefährlicher geworden. Matilda war ein hübsches Ding, und er hatte längst bemerkt, wie manche der männlichen Nachbarn sie anstarrten.
    Matilda reichte ihrem Vater das Essen. »Ich hatte heute einen guten Tag. Ich habe fast drei Shilling verdient. Weil ich so früh auf dem Markt war, habe ich noch Schlüsselblumen und Veilchen ergattert.«
    Lucas Gesicht verdunkelte sich. Die Vorstellung, dass sie gewöhnlich ihren Arbeitstag begann, während er noch tief und fest schlief, gefiel ihm nicht. Obwohl er sehr stolz auf seine hart arbeitende Tochter war, bereute er zutiefst, dass er ihre Chancen im Leben durch seine Beziehung zu Peggy unweigerlich verschlechtert hatte.
    Ihre Mutter Nell war damals im Kindbett gestorben, und er war mit dem kränklichen Baby Ruth und der fünfjährigen Matilda zurückgeblieben. Seine beiden älteren Söhne John und James waren damals neun und zehn Jahre alt gewesen. Er war völlig von der Trauer um seine geliebte Frau überwältigt gewesen und außer Stande, sich um die Kinder zu kümmern, als die siebzehnjährige
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