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Lesereise Kanarische Inseln

Lesereise Kanarische Inseln

Titel: Lesereise Kanarische Inseln
Autoren: Claudia Diemar
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die den adretten Ort wie eine Arena wirken lassen.
    Es gibt auf La Graciosa keine geteerten Wege und außer ein paar Lieferwagen und Jeeps auch keine Autos, schon gar keine Leihwagen. Kinder radeln ungestört durch die fast surreal wirkenden grellgelben Gassen oder graben direkt vor der Haustür im Sand. Lange Zeit hat nur ein einziges Fahrzeug existiert, und als das zweite angeschafft wurde, soll es auf der gut zehn Meter breiten Erdpiste zwischen Ost und West prompt zu einem Zusammenstoß gekommen sein. Einmal kommen uns auf unserer Radtour auf dieser Piste vier einheimische Fußgänger mit zwei Hunden entgegen. Sie verteilen sich über die ganze Breite des Schotterwegs, halten meterweise
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Abstand voneinander, als gelte zu demonstrieren, dass man Raum braucht auf dieser abgeschiedenen Insel mit nur rund hundert Familien vor Ort. Gegen die Sonne trägt man glockenförmige, tief in die Stirn reichende traditionelle Strohhüte, die mit einem schwarzen Band unter dem Kinn festgezurrt werden. Die Hüte La Graciosas sind alle ein wenig ramponiert. Seit die steinalte Hutmacherin Doña Adoración keine neuen Kopfbedeckungen mehr herstellt, werden die Strohglocken auf den Köpfen von Fischern und Hausfrauen immer brüchiger.
    La Graciosa blieb lange unbewohnt, wurde nur von Piraten und Ziegenhirten zeitweise aufgesucht. Erst um 1880, als die Zinndosen zur Konservierung von Fisch erfunden wurden und hier eine Fabrik errichtet wurde, siedelten sich die ersten sieben Familien von Lanzarote kommend auf La Graciosa an. Zwar ging die Konservenfabrik schon wenige Jahre später bankrott, doch die Bewohner blieben.
    La Graciosas größte Attraktion sind seine zahlreichen feinsandigen und oft von Muscheln regelrecht übersäten Strände. Derlei Traumbuchten sind auf den Kanaren selten und weckten daher mit Beginn des Massentourismus auf Lanzarote die Begehrlichkeit von Investoren. Eine Seilbahn sollte vom benachbarten Mirador del Río über die Meerenge gebaut werden. César Manrique entwarf eine Appartementanlage. Doch die Bewohner La Graciosas, die hauptsächlich vom Fischfang leben, widersetzten sich samt ihrer streitbaren Bürgermeisterin vehement solchen Plänen.
    Seit das Eiland zusammen mit den kleineren
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Nachbarinseln, die nur von Seevögeln bewohnt werden, zum Naturschutzgebiet erklärt wurde, ist zumindest eine großräumige Ansiedlung von Ferienquartieren erschwert. Doch obwohl offiziell ein Baustopp gilt, hört man in letzter Zeit wieder von neuen Plänen munkeln. Ein Tunnel von Órzola bis zu den Caleta del Sebo direkt benachbarten Salinas del Río ist im Gespräch, der die Schiffsverbindung auf wenige Minuten verkürzen und die Überfahrt auch an Sturmtagen ermöglichen würde.
    Bislang gibt es auf La Graciosa, das erst seit 1985 mit Strom versorgt wird, außer zwei kleinen Pensionen und einigen Appartements in Caleta del Sebo keine Gästeunterkünfte. Was sollten Urlauber hier auch schon machen? Man kann allenfalls entscheiden, ob man die Wandertour zu den geschützten Sandstränden im Süden unternimmt oder die längere Nordtour zur Playa de la Conchas und weiter bis zum Weiler Pedro Barbera probiert. Das verlassene Fischerdorf wurde von solventen Bürgern Lanzarotes wieder hergerichtet und wird nun im Sommer als uriges Urlaubsquartier genutzt. Sogar den Schiffsanleger ließ man für das Anlanden der Privatboote wieder herrichten. Manch einer auf La Graciosa kommentiert sarkastisch, hier suchten die conejeros , wie die Bewohner Lanzarotes im Volksmund genannt werden, ihr letztes Paradies, nachdem sie die eigene Insel ausverkauft hätten.
    La Graciosas Strände sind außer im Hochsommer noch fast gänzlich einsam und von bizarrer Schönheit. Nur zum Fest der Jungfrau des Meeres, das alljährlich am 16. Juli mit großer Inbrunst gefeiert
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wird, kommen viele Besucher nach La Graciosa. Man zeltet kostenlos an der Bahía del Salado, die mit Duschen und Toiletten ausgestattet ist. Wer die Wanderung zur Playa de las Conchas hinter sich hat, steht vor einer perfekten goldfarbenen Sandsichel, hinter der sich ein karmesinroter Vulkankegel türmt. Der Atlantik rennt mit riesigen grün schillernden Brechern auf den Strand. Starke Unterströmungen lassen hier, anders als im Süden, das Schwimmen zur lebensgefährlichen Unternehmung werden. Aber dafür darf man sich hier wie Robinson und Freitag fühlen, allein mit Quadratkilometern von feinstem Sand am Saum der See.
    Außer Wandern und Touren mit dem Mountainbike gibt
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