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Lesereise - Inseln des Nordens

Lesereise - Inseln des Nordens

Titel: Lesereise - Inseln des Nordens
Autoren: Barbara Schaefer , Rasso Knoller
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Nachbarinsel Viðoy scheint sie wieder. Hier, in der winzigen Ortschaft Viðareiði im äußersten Norden des Archipels, endet die Tour, wie sie begonnen hat: Mit dem Blick auf eine winzige Kirche, die stolz und standhaft auf den Klippen der färöischen Steilküste thront.
    R. K.

Der Mann mit der Mütze
Jens Martin Knudsen blieb gegen Österreich ohne Gegentor und ist seitdem ein Volksheld
    Am 12. September 1990 änderte sich das Leben von Jens Martin Knudsen. Es war der Tag, an dem der Gabelstaplerfahrer einer Fischfabrik zum Volkshelden und zum bekanntesten Einwohner der Färöer wurde.
    Jens Martin Knudsen ist der Torwart mit der Pudelmütze, der an jenem Tag beim legendären EM -Qualifikationsspiel zwischen Österreich und den Färöern zwischen den Pfosten stand. Für die Männer von den Schafsinseln war es das erste offizielle internationale Spiel überhaupt. Erst kurz zuvor waren sie dem Europäischen Fußballverband, der UEFA , beigetreten. Gegen Österreich waren die Hobbyfußballer aus dem Norden nur krasse Außenseiter, und zwischen Wien und Bregenz wurde nur über die Höhe des Sieges diskutiert. Toni Polster, damals Profi beim FC Sevilla, tippte auf einen 10 : 0-Sieg und sein österreichischer Teamkollege Andi Herzog meinte, »wenn wir gut spielen gewinnen wir 8 oder 10 zu 0, wenn wir schlecht spielen halt nur 3 zu 0.« Doch es kam anders. Das Spiel endete 1 : 0 – aber für die Färöer. Der österreichische Nationaltrainer Josef Hickersberger, der zuvor die Färöer nach einer Spielbeobachtung als »schlechteste Nationalmannschaft der Welt« bezeichnet hatte, reichte sofort seinen Rücktritt ein und hat seitdem seinen Spitznamen weg: Färöer-Pepi. Jens Martin Knudsen hatte maßgeblichen Anteil an dem Sieg der Färöer. Mit seinen Paraden brachte er die anstürmenden Österreicher immer wieder zur Verzweiflung.
    Normalerweise hätten die Färöer damals ein Heimspiel gegen Österreich gehabt, doch 1990 gab es noch keinen einzigen Rasenplatz auf den bergigen Inseln. Geschweige denn ein Stadion, das den Bestimmungen der UEFA genügt hätte. Deswegen mussten die Färinger ihr Heimspiel auswärts austragen und im schwedischen Landskrona antreten. Eintausendzweihundertfünfundsechzig Zuschauer erlebten dort das denkwürdige Match.
    Der Weg zu Jens Martin Knudsen führt heute wie damals in die Fischfabrik. Inzwischen arbeitet er aber ein Stockwerk höher – als Gabelstaplerfahrer hat er vor zwanzig Jahren angefangen, heute ist er Mitinhaber der Fabrik. Streng zieht den Besuchern auf dem Weg zu Knudsens Büro der Geruch von Kabeljau in die Nase. Als ich das Büro betrete, sitzt er gerade am Computer. Allerdings in einer Kleidung, die man bei einem Manager nicht erwarten würde: Knudsen trägt eine Art weißen Hausmeisterkittel und auf dem Kopf eine Mütze, ebenfalls weiß. Die Hygienevorschriften der Fischfabrik machen auch fürs Management keine Ausnahme. Ohnehin ist Knudsen ohne Kopfbedeckung nur schwer vorstellbar, denn als Mann mit »Mütze« ist er berühmt geworden.
    Inzwischen ist Knudsen zweiundvierzig Jahre alt, ein Alter, das man ihm nur ansieht, wenn man ein bisschen genauer auf seinen Dreitagebart schaut. Dann nämlich entdeckt man neben roten auch einige graue Haare. Ansonsten wirkt Knudsen wie ein Endzwanziger. Fit und lässig mit dem Cowboyschritt eines Fußballers. Bis vor Kurzem war er auch noch als Spieler aktiv. Mit seinem Heimatverein NSI Runavík gewann er 2007 den färöischen Meistertitel und wurde darüber hinaus zum besten Torhüter des Landes gewählt. Wieder einmal!
    Ja, die Sache mit der Mütze, die verfolge ihn sein ganzes Leben, sagt Knudsen lachend. »Es gibt kein Interview, in dem ich nicht danach gefragt werde«, fügt er hinzu. Seine legendäre Mütze benutzt er auch noch heute. Der Zustand der weißen Bommelmütze lässt aber zu wünschen übrig. »Ich musste sie schon an einigen Stellen mit Tape ausbessern«, sagt er.
    Die Mützen-Story taucht immer wieder in den unterschiedlichsten Variationen in der Presse auf. Einmal heißt es, seine Mutter habe die Mütze gestrickt. Dann, dass er sich als Jugendlicher eine schwere Kopfverletzung zugezogen habe und seitdem zum Schutz eine Mütze tragen müsse. Die erste Geschichte zumindest ist falsch – die Mütze stammt aus der Kollektion eines großen Sportartikelherstellers. Die Sache mit der Verletzung ist zwar wirklich passiert, war aber wesentlich weniger spektakulär als berichtet wird. Als Dreizehnjähriger verletzte sich
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