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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin
Autoren: Susanne Goga
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dem
     Rücken, die Arme weit ausgestreckt, ein Bein gerade, das andere
     angewinkelt. Sein Kopf war von einer roten Lache umgeben, die langen Haare
     waren an der rechten Kopfseite mit Blut verklebt und hingen dem Toten ins
     Gesicht, so dass Leo die Züge nicht erkennen konnte.
    Die Kollegen hatten bereits
     ganze Arbeit geleistet. Ein Kreidekreuz markierte eine Stelle nicht weit
     vom rechten Arm der Leiche. Daneben lag ein grüner Gegenstand.   
    Leo kniete sich hin.
    »Das ist eine Figur aus
     . . . wie heißt dieser grüne Stein doch gleich?«, fragte
     Stahnke, ein kräftiger Mann mit rotem Walrossschnurrbart.
    »Jade. Ein Buddha aus
     Jade.«
    Walther begann den Tatort
     sorgfältig zu photographieren, nahm zuerst das Opfer aus allen
     Winkeln auf, dann den Buddha und das Wohnzimmer als Ganzes. Das
     Kreidekreuz war die einzige Markierung im Raum.
    »Sonst nichts?«,
     fragte Leo erstaunt.
    »Nein, Herr Kommissar«,
     erwiderte Berns. »Keine Kampfspuren, keine Gegenstände, die auf
     den ersten Blick nicht hierher gehören, keine aufgerissenen
     Schubladen oder Schranktüren, nichts, was auf einen Raubmord
     hinweist. Neben der Obstschale liegen Weintrauben, als hätte er davon
     gegessen, bevor der Mörder ihn überraschte. Vermutlich wird man
     im Magen Reste davon finden. Wir können die Haushälterin fragen,
     ob ihr etwas auffällt, aber –«
    »Lasst nur, sie hat
     genug gesehen.« Walther wunderte sich immer wieder, wie rücksichtsvoll
     Leo Wechsler mit den Beteiligten an Mordfällen umging, während
     er sich seinen Kollegen gegenüber manchmal grob und unduldsam zeigte.
    Der Kommissar sah sich den
     Buddha näher an, ohne ihn zu berühren. Die Figur war
     blutverschmiert, an einer Ecke des Sockels klebte ein Büschel Haare.
     »Jedenfalls brauchen wir nicht lange nach der Mordwaffe zu suchen.
     Einen Moment, ich komme gleich wieder.«
    Er nickte den Männern
     zu, die ihr Spurensicherungsbesteck auspackten und anfingen, sämtliche
     Oberflächen von Möbeln, Gegenständen und Türklinken
     mit feinen Pinseln und Rußpulver zu bestäuben, und ging noch
     einmal in die Küche. Frau Moll hatte sich nicht von der Stelle gerührt
     und sah ihn ängstlich an.
    »Keine Sorge, ich habe
     nur noch eine Frage. Vermutlich wurde Herr Sartorius mit einer Buddhafigur
     aus grüner Jade erschlagen. Können Sie mir sagen, ob die Figur
     ihm gehört hat und wenn ja, wo er sie aufbewahrte?«
    »Meinen Sie den dicken
     Mann?«, fragte Frau Moll spontan. »Der hat immer auf dem
     Tischchen neben dem Diwan gestanden. Ich musste ihn jedes Mal hochheben,
     wenn ich Staub gewischt hab. War ganz schön schwer.«
    »Das glaube ich gern«,
     entgegnete Leo und dachte an den zerschlagenen Kopf des Heilers. »Vielen
     Dank. Die Kollegen nehmen jetzt noch Ihre Fingerabdrücke, danach können
     Sie Ihre Aussage unterzeichnen. Wir melden uns, falls wir Sie noch einmal
     brauchen.«
    Die Haushälterin schaute
     ihn entsetzt an. »Fingerabdrücke? Warum denn? Ich bin . . . ich
     hab doch nicht . . .« Sie brach erneut in Tränen aus. Leo legte
     ihr beruhigend die Hand auf die Schulter.
    »Es ist eine reine
     Vorsichtsmaßnahme, Frau Moll. Nur so kann unser Erkennungsdienst die
     Fingerabdrücke des Täters von denen aller anderen Personen, die
     sich in der Wohnung aufgehalten haben, unterscheiden. Und Ihre Aussage ist
     uns sehr wichtig.«
    Sie nickte, schniefte und
     ging rasch zur Tür hinaus.
    Leo kehrte ins Wohnzimmer zurück
     und sah die Kollegen fragend an. »Schon was gefunden?«
    »Nicht viel«,
     meinte Stahnke. »Bis jetzt können wir nur wenig sagen, müssen
     erst die Abdrücke des Toten nehmen. Die Haushälterin scheint
     beim Staubwischen sehr penibel zu sein, es sind nur wenige brauchbare Abdrücke
     vorhanden. Mal sehen, was wir an der Mordwaffe finden.« Er bückte
     sich, streifte Handschuhe über und steckte den Buddha vorsichtig in
     eine Papiertüte.
    Leo schickte Berns zu Frau
     Moll in die Küche, dann sahen er und Walther sich in den übrigen
     Zimmern um.
    Auf den ersten Blick wirkte
     alles unberührt und aufgeräumt. Anscheinend war nichts
     durchsucht worden. Er wies Stahnke und Berns an, sämtliche Türklinken
     zu behandeln, obwohl ihm sein Gefühl sagte, dass der Täter nur
     Flur und Wohnzimmer betreten hatte. Die ganze Wohnung war teuer
     eingerichtet, mit einem Hang zum Exotischen. Das Bett war mit
     orientalischen Schnitzereien verziert, an den Wänden hingen exquisite
     chinesische
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