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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift
Autoren: Greg Iles
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sie an, dass das Zucken von ihr selbst gekommen war.
    »Kuh … Kuh«, ächzte eine Stimme.
    Alex drehte sich um in der Annahme, dass es Bill oder Dr. Andrews wären, doch dann drückte Grace ihre Hand und stieß einen hellen Laut aus. Alex wirbelte herum und sah, dass Grace die grünen Augen weit aufgerissen hatte. Sie blinzelte. Alex’ Herz raste. Sie beugte sich zu ihrer Schwester hinunter, denn obwohl Grace erst fünfunddreißig war, waren ihre Augen ohne Brillengläser oder Kontaktlinsen so gut wie nutzlos.
    »KK?«, stöhnte Grace leise. »Biffu daf?«
    »Ich bin es, Grace«, antwortete Alex und schob ihrer Schwester eine Haarsträhne aus den Augen.
    »Ogobb«, sagte Grace mit gutturaler Stimme und fing zu schluchzen an. »Gobb fei Dang.«
    Alex musste auf die Zähne beißen, um nicht aufzuschluchzen. Die rechte Hälfte von Graces Gesicht war gelähmt, und Speichel rann ihr übers Kinn, sobald sie sich bemühte zu sprechen. Sie klang genau wie Onkel T. J., der gestorben war, nachdem eine Serie von Schlaganfällen ihm seine alte Identität genommen hatte.
    »Bu … bu mubb Jamie rebben«, gurgelte Grace.
    »Was? Ich hab dich nicht verstanden!«
    »Jamie. Bu mubb ihn rebben!«, wiederholte Grace und wollte sich im Bett aufrichten. Sie schien an Alex vorbeisehen zu wollen.
    »Jamie geht es gut«, sagte Alex mit tröstender Stimme. »Er ist auf dem Weg hierher.«
    Grace schüttelte wild den Kopf. »Hör fu. Bu mubb fuhören!«
    »Ich höre dir zu, Grace, versprochen.«
    Grace starrte ihrer Schwester mit dem Drängen einer Ertrinkenden in die Augen. »Bu … mubb … Jamie … retten … Gay-gay. Nur bu … kanbt … eb.«
    »Wovor soll ich Jamie retten?«
    »Biw.«
    »Bill?«, fragte Alex ungläubig. Bestimmt hatte sie sich verhört.
    Mit schmerzhafter Anstrengung nickte Grace.
    Alex blinzelte verblüfft. »Was redest du da? Tut Bill Jamie in irgendeiner Weise weh?«
    Ein schwaches Nicken. »Er wirb eb tun … bobald ib nib mehr bin.«
    Alex gab sich alle Mühe, die gequälten Worte zu verstehen. »Jamie weh tun? Wie das? Meinst du, er missbraucht ihn?«
    Grace schüttelte den Kopf. »Biw … wib … Jamieb … Beele … umbringen.«
    »Bill wird Jamies Seele umbringen?«, wiederholte Alex, als versuchte sie, etwas schwer Leserliches zu entziffern.
    Grace ließ erschöpft den Kopf hängen.
    »Gracie … du weißt, dass ich Bill nicht besonders mag. Das hast du immer gewusst. Aber er war ein guter Vater, oder nicht? Er scheint im Grunde ein anständiger Mann zu sein.«
    Grace packte Alex’ Hand und schüttelte den Kopf. »Er ib ein Monbter!«, zischte sie.
    Alex spürte ein Frösteln. »Er ist ein Monster? Hast du gesagt, er ist ein Monster?«
    Eine Träne der Erleichterung rann über Graces gelähmte Wange. Alex starrte in die gequälten Augen ihrer Schwester; dann drehte sie sich um und blickte über die Schulter. Bill Fennell unterhielt sich immer noch mit Dr. Andrews, doch seine Blicke ruhten auf Alex.
    »Kommt Biw her?«, fragte Grace mit verängstigter Stimme, während sie sich vergeblich bemühte, den Kopf zu heben.
    »Nein. Er unterhält sich mit der Ärztin.«
    »Ärbtin … weib … nib …«
    »Was weiß die Ärztin nicht?«
    »Wab Biw getan hat.«
    »Was meinst du damit? Was hat Bill getan?«
    Grace hob unvermittelt die Hand, packte Alex an der Bluse und zog ihren Kopf nach unten zu ihren Lippen. »Er hab mib umbebracht.«
    Alex fühlte sich, als hätte ihr jemand Eiswasser in die Adern gespritzt. Sie zuckte zurück und starrte Grace in die blutunterlaufenen Augen. »Er hat dich umgebracht? Hast du das gesagt?«
    Grace nickte einmal, die Augen voll tiefster Überzeugung.
    »Grace, du weißt nicht, was du redest!«
    Selbst mit einem zur Hälfte gelähmten Gesicht gelang es Grace, ein Lächeln aufzusetzen. Oh doch, ich weiß sehr genau, was ich rede.
    »Das meinst du nicht so. Nicht wortwörtlich.«
    Grace schloss die Augen, als wollte sie ihre letzten Kräfte zu einem verzweifelten weiteren Anlauf sammeln. »Du … bib die Einbige … bu kanb ihn boppen. Bu bät bür mib. Ib habe Ärbtin gehörb … drauben. Rebbe Jamie bür mib … Bibbe.«
    Alex starrte über die Schulter und durch die Glaswand nach draußen. Bill beobachtete sie noch immer, und es sah aus, als schleppte seine Unterhaltung mit Dr. Andrews sich mühsam dahin. Alex hatte immer gewusst, dass Graces Ehe nicht perfekt war, doch welche Ehe war das schon? Nicht, dass Alex eine Autorität auf diesem Gebiet gewesen wäre. Irgendwie hatte sie
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