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Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall

Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall

Titel: Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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des knochenharten Gebäcks in den Mund und schob sie, um sie ein wenig aufzuweichen, mit der Zunge in die rechte Wangentasche. Dann ballte er die Fäuste und reckte sie triumphierend zur Decke empor. »Ist das nicht ein geradezu genialer Coup von mir gewesen?«
    »Doch, das muss ich neidlos anerkennen«, lobte der Kaiserslauterer Ermittler. Er lachte schallend. »Das ist wirklich ein Hammer: Der hohe Tourfavorit ist absolut chancenlos – weil alle Fahrer ungedopt an den Start gingen.«
    »Rein und unbefleckt wie die Jungfrau Maria«, bemerkte der sichtlich amüsierte BKA-Abteilungsleiter.
    Tannenberg klatschte sich an die Stirn. »Logo, das ist natürlich auch eine Erklärung dafür, weshalb die NADA am Mittwochmorgen nichts bei euch entdeckt hat.«
    »Ja, diesmal war sogar Legslows Informant unnötig. Ich habe noch niemals zuvor derart entspannt einer Dopingkontrolle entgegengeblickt.«
    »Das ist ein unglaublicher Schlag ins Kontor der Doping-Mafia«, jubilierte Heribert Wagner. »Was glauben Sie, was morgen früh los sein wird, wenn Dr.   Schneider um 10 Uhr bei der Pressekonferenz alle seine Karten auf den Tisch legen wird. Ich bin mir sicher, dass die Organisatoren noch vor dem Start der zweiten Etappe die Tour beenden werden. Dieser Enthüllungs-Skandal wird die scheinheilige und hochkriminelle Radsportszene wie ein gewaltiges Erdbeben erschüttern. Und danach werden wir erleben, wie diese Mauer des Schweigens in sich zusammenstürzt.«
    »Dann sollten wir vielleicht gemeinsam dafür beten«, meinte sein Kaiserslauterer Kollege, der dem Anschein nach zu urteilen diesen Optimismus nicht unbedingt teilen wollte. Er krauste die Stirn und wandte sich an den Arzt: »Sagen Sie mal, Sie Doping-Experte, was ist denn eigentlich an den Gerüchten dran, dass schon sehr bald Gen-Doping eingesetzt werden wird?«
    »Soviel ich weiß, laufen da bereits vielversprechende Feldstudien.«
    »Ach, Feldstudien nennt man das. Ich würde eher sagen ›illegale Menschenversuche‹, an denen Sie garantiert auch teilgenommen haben«, setzte Tannenberg in provokativem Ton nach. »Vielleicht sogar maßgeblich beteiligt waren?«
    Dr.   Schneider lehnte sich betont gelassen zurück und faltete die Hände auf seinem Schoß. »Kein Kommentar.«
    »Waren Sie auch an den Doping-Feldstudien mit Hämoglobin von Hunden beteiligt, das angeblich nicht nachweisbar sein soll?«
    »Herr Hauptkommissar, ich verstehe durchaus Ihre Wissbegierde, aber Sie müssen ihm schon nachsehen, dass er keine Aussagen macht, mit denen er sich selbst belasten würde. Über die Schuldeingeständnisse Dr.   Schneiders hinaus, die uns in schriftlicher Form vorliegen und die Bestandteil der Vereinbarungen mit der Generalstaatsanwaltschaft sind, wird er keinerlei Angaben machen.«
    »Tja, das sind dann wohl die Deals, die Ihr Profi-Kriminalisten auf höchster Ebene ausheckt und die für uns Provinz-Bullen nicht zu verstehen sind.«
    »Wieso denn das? Nicht umsonst heißt es: Der Zweck heiligt die Mittel. Und für diesen Zweck würden wir sicherlich alles tun.«
    »Auch einen Mord begehen?«
    »Wie kommen Sie denn auf solch einen abstrusen Gedanken?«
    »Soll ich Ihnen mal etwas im Vertrauen verraten, lieber Herr Kriminaldirektor?«
    »Bitte.«
    Tannenberg senkte die Stimme. »Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass unser allseits so hoch geschätztes Bundeskriminalamt die drei Morde hat begehen lassen.«
    Wagner schnappte nach Luft. »Was reden Sie denn da für einen ausgemachten Schwachsinn, Mann?«
    »Dann sagen Sie mir doch endlich, wer die brutalen Killer sind, die einen Europol-Informanten, ein Kronzeugen-Double und einen Sportjournalisten ermordet haben?«
    »Die Namen dieser Berufskiller sagen Ihnen sowieso nichts. Anhand der Interpol-Datenbanken hat Dr.   Schneider diese polizeibekannten Schwerstkriminellen identifiziert. Sie stammen alle aus der ehemaligen Sowjetunion. Einer von ihnen konnte bereits in der Nähe von Nancy festgenommen werden, wo er offenbar gerade dabei war, ein Zwischendepot anzulegen.«
    »Dann rekonstruiere ich mal kurz«, sagte Tannenberg. »Wenn ich mit irgendetwas falschliege, bitte korrigieren.« Er räusperte sich und erklärte: »Joop van der Miel musste sterben, weil der bei Europol platzierte Turbofood-Informant irgendwie spitzgekriegt hatte, dass Joop ein Spitzel war.« Da weder Dr.   Schneider noch Wagner irgendeine Regung zeigten, fuhr Tannenberg fort. »Das zweite Opfer wurde ermordet, weil man verhindern wollte, dass ein
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