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Leidenschaft in Rot

Leidenschaft in Rot

Titel: Leidenschaft in Rot
Autoren: John D. MacDonald
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Diele. Ich setzte mich auf einen babylonischen Thron, über dem eine schwarz schimmernde Rüstung hing. In dem Haus war kein Laut zu hören. Nicht der geringste. Sie kam ohne Hut und Handtasche zurück und forderte mich mit der Würde einer Oberschwester auf, aufzustehen. Ich folgte ihr durch einen holzverkleideten und mit Teppich ausgelegten Korridor. Sie klopfte an eine schwere Tür, stieß sie für mich auf und trat beiseite. »Sie wird in Kürze bei Ihnen sein«, sagte sie.
    Sie schloß die Tür und ließ mich in etwas stehen, das wie eine Gästesuite aussah. Ich befand mich in einem langgestreckten Raum mit hoher Decke. Violetter Teppich. Holzverkleidung. An der einen Wand sieben hohe, schmale Bogenfenster mit Bleifassung, breite Simse. Schwarze, spanische Möbel. Der mittlere Teil des Raums war vertieft. An einem erhöhten Ende stand ein Himmelbett. Am anderen Ende befand sich eine erhöhte Fläche mit ein paar Sitzmöbeln, die um einen kleinen Schieferkamin gruppiert waren. Auf der Höhe des Betts befanden sich zwei Türen. Die eine stand einen Spalt offen und führte in einen Garderobenbereich. Drinnen konnte ich verschiedene zueinander passende Gepäckstücke sehen. Die andere Tür war geschlossen, und ich konnte das fast lautlose Flüstern laufenden Wassers hören.
    Obwohl an allen Fenstern die Vorhänge zurückgezogen waren, war das Zimmer nicht besonders hell. Ich ging zu einem Fenster. Es lag im Schatten tropischer Bäume. Wenn ich nach unten schaute, sah ich Flecke schattigen grünen Rasens. Auf der linken Seite sah ich durch das Laub hindurch die helle Ecke eines weißen Swimmingpools.
    Plötzlich öffnete sich die Tür zum Badezimmer, und heraus kam Lysa Dean. Sie war nicht kleiner, als ich erwartet hatte. Ich war darauf gefaßt, einer kleineren Frau zu begegnen, als sie mir auf der Leinwand, in prallen Farben, in Nahaufnahme erschienen war, wo jedes ihrer schrägen grau-grünen Augen groß wie eine VW-Limousine wirkte. Sie kam über das Bettpodest und die drei Stufen nach unten auf mich zu. Sie machte das äußerst Mögliche aus diesen drei Stufen. Sie trug flache Sandalen mit goldenen Riemen. Sie trug eine rehbraune, feingewebte Hose, die so knapp saß, wie eine Hose oder Farbe oder ein Tattoo nur sitzen kann. Sie trug eine seltsame pelzartige Bluse mit weitem Rollkragen und Dreiviertelärmeln. Es sah aus, als hätten Skeeters Quimby und Hunderte seiner Verwandten mit ihrem bleichen Bauchfell zu der Kreation beigetragen. Um ihren schlanken Hals hatte sie ein grünseidenes schmales Tuch geknotet, das genau zu dem Solitär paßte, den sie am kleinen Finger der linken Hand trug, einem Smaragd in der Größe eines Zuckerwürfels.
    Sie eilte mir mit ausgestreckter Hand und mit dem Lächeln einer Frau entgegen, die ihren zurückkehrenden Liebhaber willkommen heißt. »Wie gut, daß Sie gekommen sind!« hauchte sie mit heller, atemloser, herzlicher Stimme. Als ich ihre Hand ergriff, drehte sie sich leicht zur Seite, so als wolle sie sich dem abgedunkelten hellen Tageslicht stellen. Es ist das grausamste Licht, dem eine Frau sich aussetzen kann. Ihre Hand war klein und trocken und warm, ein zutrauliches kleines Tier, intim wie ihre Stimme.
    Schauspieler verfügen aufgrund ihres Berufs über ausgeprägte Tricks. Jede Menge Mimik mit Mund und Augenbrauen und dazu unterstützende Gesten.
    Ich konnte mich sehr lebhaft an ein Gespräch mit einem Stuntman namens Fedder erinnern, der den Beruf wegen Arthritis hatte aufgeben müssen.
    »Laß dir nicht erzählen, sie seien der Mühe nicht wert«, hatte er gesagt. »Viele sind’s wirklich nicht. Man muß genau hinschauen, wenn man wissen will, was für ein Typ es ist. Die müssen alle verdammt gut aussehen und gut gebaut sein. Stell dir vor, du hast ’ne Chance bei einer, die ’ne ziemlich gute kleine Schauspielerin ist. Laß die Finger davon. Das Ding bei denen ist, die sublimieren. Das Wort hab ich mal gehört. Die legen ihr ganzes Feuer in die Arbeit, und fürs Bett bleibt nicht genug über. Jetzt stell dir vor, du bist an eine geraten, die meint, sie wäre ’ne gute Schauspielerin, aber in Wirklichkeit nur ’ne Schmierenkomödiantin ist. Die kannst du auch sausen lassen. Die nimmt ihre ganze miese Schauspielerei mit ins Bett und ist so damit beschäftigt, sich selbst zu beobachten, daß sie nicht bei der Sache ist. Die, auf die man warten muß und für die es sich lohnt, sich anzustrengen, das sind die, die einfach von Natur aus so gut sind, daß sie gar
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