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Leidenschaft in den Highlands

Leidenschaft in den Highlands

Titel: Leidenschaft in den Highlands
Autoren: Kerstin Dirks
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ihrer Schwestern. Durch die Zweige sah sie die beiden Frauen, die mit gerafften Röcken und wehenden Gewändern am Ufer entlangrannten und sich dabei suchend nach allen Seiten umsahen. Anola, die sich Averys Hemd und Plaid unter den Arm geklemmt hatte, legte ein rasantes Tempo vor, so dass sich der Abstand zwischen Ann und ihr immer mehr vergrößerte.
    »Ave?«
    Wenn der Fremde sich nicht beeilte, war ein Zusammentreffen unvermeidbar. Er formte mit Daumen undMittelfinger ein O, steckte die Finger in den Mund und pfiff den schrillsten, lautesten Ton, den Avery jemals gehört hatte. Dann ging er zu seinem Schwert, zog es aus dem festen Sand und befestigte es auf seinem Rücken.
    »Ich werde jetzt verschwinden, Lady. Zieht Euch bald etwas Warmes an, sonst erkältet Ihr Euch noch«, sagte er in die Stille hinein. Avery antwortete nicht, doch sein Lächeln wärmte sie so sehr, dass sie eine Erkältung kaum fürchten musste.
    »Lebt wohl. Vielleicht kreuzen sich unsere Wege eines Tages wieder.«
    Nur wenige Augenblicke später trabte ein schwarzes Pferd die Böschung hinunter und blieb vor seinem Herrn stehen. Der schwang sich gewandt auf den Rücken des Tieres, warf einen letzten Blick zum Busch hinüber, hinter dem Avery mit pochendem Herzen kauerte, und gab seinem Tier sanft die Sporen. Als sie zusah, wie er davongaloppierte, verspürte sie weniger Erleichterung als Enttäuschung. Überrascht wurde sie dessen gewahr, dass es ihr lieber gewesen wäre, wenn der faszinierende Fremde geblieben wäre. Aber wenigstens würden ihr nun die lästigen Fragen ihrer Schwestern erspart bleiben.
    In dem Moment, in dem Anola die Uferstelle erreichte, erhob sie sich aus ihrem Versteck und winkte ihr zu.
    »Ave!«, kreischte ihre Schwester, als hätte sie ein Gespenst gesehen. Oder eher eine Moorleiche? Avery fand selbst, dass sie einfach schrecklich aussah: Algenklebten an ihren Schultern, ihre Haare, in die sich Algen eingenistet hatten, hingen ihr in feuchten Strähnen ins Gesicht, und ihre Haut war so bleich wie die einer kürzlich Verstorbenen. Wahrscheinlich hatte der Fremde nur gescherzt, als er ihr gesagt hatte, sie sei hübsch.
    »Wir dachten, du wärst ertrunken! Jag uns nie wieder so einen Schrecken ein, hörst du?«
    »Keine Sorge, das habe ich nicht vor. Aber sei so lieb, und wirf mir das Tuch herüber. Meins ist bereits völlig durchnässt.«
    »Welches Tuch?«
    »Das zum Abtrocknen natürlich.«
    Avery beeilte sich, hinter dem Gebüsch vorzukommen. Die Sonne würde bald untergehen. Ein kühler Wind strich über ihre nasse Haut. Sie kämpfte gegen das Zittern an, konnte es aber nicht vollkommen unterdrücken.
    »Ehrlich gesagt waren wir so in Eile, dass wir es vergessen haben.« Mit diesen Worten reichte Anola ihrer Schwester den Plaid.
    In dem Moment erreichte auch Ann die beiden Schwestern. Sie hatte auf dem Weg eine Ruhepause eingelegt. Trotzdem war ihr Gesicht puterrot, und sie ließ erschöpft die Arme hängen.
    »Du solltest mehr trainieren«, sagte Avery ernst und griff nach ihrem Hemd, streifte es über den Kopf und legte anschließend den Plaid an. Dann wrang sie ihre Haare aus und wickelte sie zu einem Knoten.
    Ann schüttelte nur atemlos den Kopf. »Wer war der Mann?«
    Anolas Frage versetzte Avery einen imaginären Schlag in die Magengrube. »Von wem sprichst du?« Sie versuchte, überrascht zu klingen.
    »Wir haben ihn vom Ufer aus beobachtet. Als du ihm gefolgt bist und wir dich nicht mehr sehen konnten, haben wir uns schreckliche Sorgen um dich gemacht. Dann haben wir plötzlich einen grässlichen Schrei gehört. Ave, wir dachten, er wäre ein gefährlicher Mädchenmörder, der dich ertränken wollte!«
    Avery lachte leise. Anola besaß wahrlich eine lebhafte Fantasie. »Du kennst mich wirklich schlecht, Anola. Denkst du ernsthaft, ich würde mich von einem dahergelaufenen Strolch ertränken lassen? Aber um deine Frage zu beantworten: Ich habe keine Ahnung, wer er war. Ich weiß nicht, wie er heißt. Er hat sich mir nämlich nicht vorgestellt.«
    »Also hat sie mit ihm gesprochen«, sagte Ann, die endlich wieder zu Atem gekommen war.
    »Natürlich hat sie das, von ihm hat sie auch etwas zum Abtrocknen bekommen.«
    Avery fühlte sich ertappt und spürte, wie das Blut sich in ihren Wangen staute. Sie warf das nasse Tuch, das sie verraten hatte, ins Gebüsch.
    »Aye, ich habe mit ihm geredet, weil ich dachte, der Schuft hätte euch beobachtet«, rechtfertigte sie sich.
    »Und hat er es?« Anns Brustkorb
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