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Leidenschaft, Die Dich Verfuehrt

Leidenschaft, Die Dich Verfuehrt

Titel: Leidenschaft, Die Dich Verfuehrt
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antwortete Aislinn. »Bestimmt.«
    Eugenie grinste und enthüllte dabei zwei Zahnlücken in ihrem ansonsten tadellosen Gebiß. »Dieser McQuillan- Junge hat schon was an sich«, meinte sie. »Wenn ich dreißig Jahre jünger wäre, würde ich vielleicht versuchen, ihn mir selbst einzufangen.«
    Aislinn strich sich mit dem Ärmel über die Stirn. Es war heiß, und ihre weiße Schürze, die vor ein paar Stunden noch ganz frisch gewesen war, war nun zerknittert und verschmutzt. »Jetzt bin ich aber platt, Eugenie. Du bist eine der klügsten Frauen, die ich kenne, und ich hätte nie gedacht, daß du dich von so einem Mann blenden lassen würdest.«
    »Was meinst du mit >so ein Mann    »Sieh ihn dir doch mal an«, erwiderte Aislinn leise. »Er ist öfter betrunken als nüchtern. Manchmal rasiert er sich tagelang nicht, und er schläft in der Gefängniszelle. Wenn er nicht zu faul wäre, in den Sattel zu steigen, würde er vom Pferd fallen. Wenn du mich fragst, es ist eine Schande, daß Shay McQuillan den Marshallstern trägt.«
    »Er ist ein feiner Kerl und ein anständiger Mann«, sagte Eugenie leise. »Er hat Schweres durchgemacht, als seine Verlobte vor nicht einmal zwei Jahren getötet wurde. Manche Menschen brauchen lange, um so etwas zu verdauen und darüber hinwegzukommen.«
    Aislinn hätte einwenden können, daß auch andere Menschen mit schweren Schicksalsschlägen hatten fertig werden müssen und ihr Leben wieder in den Griff bekommen hatten. Sie selbst und ihre beiden jüngeren Brüder hatten es geschafft, nachdem ihre Eltern in einem Feuer umgekommen waren, aber sie sah Eugenies Gesicht an, daß diese Diskussion zu nichts führen würde. Außerdem sprach Aislinn nie über ihre Vergangenheit, sie hatte sich niemandem anvertraut. »Ich mache mich jetzt wohl besser wieder an die Arbeit«, erklärte sie nur und h usch te davon. In der Küche stand die Hitze, und im Speisesaal, der bis auf den letzten Platz gefüllt war, war es kaum kühler. Aislinn lief rasch die Treppen zum Schlaf raum hinauf und wechselte die Schürze. Dann servierte sie ein Essen nach dem anderen, räumte die Tische ab und säuberte sie. Als am frühen Nachmittag ihre Schicht endete, war sie vollkommen erledigt und ausgebrannt.
    Während die beiden anderen Mädchen, die mit ihr im Speisesaal gearbeitet hatten, sich bis auf die Unterröcke auszogen und erschöpft in die Betten fallen ließen, streifte Aislinn ihre Schuhe ab, zog ein schlichtes braunes Baumwollkleid über, löste ihr Haar, bürstete es durch und flocht es zu einem breiten Zopf. Dann w usch sie ihr Gesicht mit lauwarmem Wasser und ging zur Tür.
    »Aislinn Lethaby«, sagte ihre Freundin Eloise streng. »Wo willst du denn an so einem heißen Nachmittag noch hin?«
    »Ich will einfach nur ein bisschen laufen.«
    »Laufen?« fragte ein anderes Mädchen ungläubig. »Du hast ja nicht mal Schuhe an - und außerdem bist du doch schon den ganzen Tag auf den Beinen.«
    Aislinn machte sich nicht die Mühe zu erklären, daß sie nie Schuhe trug, wenn sie es vermeiden konnte. Sie und ihre Brüder waren im Osten, in Maine aufgewachsen - wild wie die Indianer. Vom Frühjahr bis zum ersten Frost im Herbst waren sie barfuß gegangen. Auch heute noch liebte sie es, im Freien das frische Gras oder die warme Erde unter ihren nackten Füßen zu spüren, dann fühlte sie sich wieder wie jene junge Aislinn, die noch ihre Eltern und ein Zuhause gehabt hatte.
    Sie verließ das Hotel durch den Hinterausgang und ging ein schmales Gäßchen entlang, das parallel zur Hauptstraße von Prominence verlief. Dabei aß sie einen Apfel, den sie im Vorbeigehen in der Vorratskammer stibitzt hatte.
    Dorrie McQuillan, die Schwester des Marshall s, saß auf der kleinen Veranda auf der Rückseite des Krämerladens und rauchte eine dünne, lange Zigarre. Miss Dorrie hatte strohiges blondes Haar und wimpe rn lose braune Augen. Sie war groß und spindeldürr und war alles andere als eine Schönheit. Aber dafür hatte sie ein großes Herz und war sehr hilfsbereit. Aislinn hatte gehört, daß Dorrie in jungen Jahren einmal mit einem Hausierer durchgebrannt war. Ihr Vater, Shamus Senior , hatte die beiden gerade noch rechtzeitig erwischt, bevor sie sich gegenseitig die Kleider vom Leib gerissen hatten. Shamus hatte den jungen Mann fürchterlich verprügelt, ihn wegen Entführung ins Gefängnis werfen lassen und seine Tochter an den Haaren nach
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