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Leichentanz

Leichentanz

Titel: Leichentanz
Autoren: Jason Dark
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mußte mich blitzartig entscheiden. Ghouls sind zwar widerliche Wesen, aber sie zählen zur unteren Stufe der Dämonen. Deshalb waren sie auch durch eine Silberkugel zu töten.
    Ich befand mich noch in der Bewegung, als ich meine Waffe zog. Das aber hatte das schleimige Monstrum gesehen, und es bewies mir seine Schläue. Die schwammigen Hände hielten einen dicken und straff gefüllten Aktenordner nur für einen Moment fest. Dann schleuderten sie mir das Ding entgegen. Meine Drehung kam zu spät. Eine Kante erwischte mich in der Magengrube, die andere prallte unglücklicherweise unter mein Kinn. Das wiederum brachte mich aus dem Konzept.
    Der Ghoul raffte sich auf.
    Er hatte sich nicht nur in ein ekliges Wesen aus Schleim verwandelt.
    Noch befand er sich in einem Zwischenstadium, war halb Mensch, halb Leichenfresser.
    Ein böses Gesicht starrte mich an. Es lag hinter einer dünnen Schleimschicht versteckt. Deshalb wirkten die Züge noch verzerrter als sonst. Die dicken, aufgeschwemmten Hände waren wie Greifklauen, als er sich vorstürzte. Sein Maul hielt er weit offen. Die Zähne wollten zubeißen. Zwischen den oberen und den unteren schimmerten blasse, lange Schleimfäden.
    Ich stand mit dem Rücken an der Wand, und als der Ghoul sprang, da hatte ich die Beretta endlich ziehen können. Ich schoß. Zweimal zog ich den Stecher durch, und beide Geschosse hämmerten mit klatschenden Geräuschen in den zuckenden Wulst. Der Ghoul, mitten im Sprung, wurde gestoppt. Das Gesicht hinter dem Schleim verwandelte sich in eine Grimasse des Entsetzens, denn schon jetzt mußte er die Kraft des geweihten Silbers spüren.
    Ich bewegte mich von ihm weg, weil ich nicht wollte, daß er gegen mich fiel.
    Er klatschte gegen die wertvolle Holztäfelung, rutschte daran herab und blieb vor ihr liegen. Ein zuckender Klumpen, ein widerliches Etwas, das sich noch einmal aufbäumte, wobei es in seinem Innern bereits anfing zu knirschen.
    Dort verhärtete sich der Schleim bereits. Es bildeten sich Kristalle, die später zertreten und in den Wind gestreut werden konnten. Das brauchte ich mir nicht anzusehen, denn ich hatte den Schrei des Managers nicht vergessen.
    Seine Bürotür erreichte ich mit wenigen Schritten. Ich hetzte durch das Vorzimmer, zerrte die andere Tür auf – und blieb auf der Stelle stehen, weil mir der scharfe Windstoß wie ein heftig geschlagenes Tuch ins Gesicht knallte.
    Ich sah und war entsetzt.
    Der zweite Ghoul hatte sich Frederick Döring geholt, und seine verfluchten Zähne waren nur ein winziges Stück von der Kehle des Mannes entfernt…
    ***
    Suko fuhr mit dem Lift nach unten. Immer wieder schaute er auf die bewegungslose Frau. Er kniete neben Susan, hielt deren Hand fest und betete, daß sie ihm nicht unter den Händen wegstarb, denn die Kopfwunde sah sehr schlimm aus.
    Ghouls kannten kein Pardon. In diesem Fall hatten sie sich hoffentlich geirrt.
    Die Fahrt nach unten kam dem Inspektor höllisch lang vor. Immer wieder schaute er auf die Anzeigetafel.
    Vier – drei – zwei – ein… dann endlich hatten sie das Ziel erreicht.
    Suko kniete nicht mehr. Er hatte sich längst neben die Tür gestellt und wartete darauf, daß sie sich öffnete. Endlich schwang sie auf, und er warf einen ersten Blick in die Halle.
    Von der Größe her erinnerte sie an die eines Hotels. Eine breite Glastür führte ins Freie zu einer Treppe aus grauen Marmorstufen. Das alles nahm er nur am Rande wahr. Er winkte den beiden Mädchen am Empfang zu, die ihn nicht verstehen wollten.
    »Holen Sie einen Arzt!« brüllte Suko.
    »Was bitte?«
    »Notarzt!«
    Aus dem Hintergrund lief ein Mann herbei. Er trug eine dunkelrote Jacke und eine weiße Hose. Er war so etwas wie der Empfangschef und wurde kalkweiß vor Entsetzen, als er einen Blick in den Fahrstuhl warf. »Mein Gott, was ist denn…?«
    »Ich brauche einen Arzt, verdammt!«
    »Sofort, sofort!« Der Mann eilte davon.
    Suko hatte mittlerweile die Lifttür festgestellt. Er wollte die Frau in der Kabine liegen lassen. Wenn er sie jetzt bewegte und forttrug, konnte es schlimme Folgen haben.
    Einige Neugierige hatten sich ebenfalls versammelt, hielten sich aber im Hintergrund. Der Empfangschef lief auf Suko zu, wischte dabei über seine Stirn und wollte wissen, was geschehen war.
    »Das werde ich Ihnen später sagen.«
    »Und wer sind Sie?«
    »Scotland Yard.« Die Antwort, zusammen mit der Präsentation des Ausweises beruhigte ihn. Er schaute auf die Gestalt der Frau und flüsterte ihren
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