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Legend - Fallender Himmel

Titel: Legend - Fallender Himmel
Autoren: Marie Lu
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entschuldigt sich nicht für seinen harten Tonfall. Das war’s dann wohl.
    »Ich war das nicht«, sage ich.
    Thomas sieht nicht überzeugt aus. »Sie waren das nicht«, wiederholt er.
    »Was soll ich denn sonst noch dazu sagen? Ist der Bestand wenigstens doppelt überprüft worden? Sind Sie sicher, dass etwas fehlt?«
    Thomas räuspert sich. »Irgendjemand hat sich an den Überwachungskameras hier unten zu schaffen gemacht, darum gibt es kein Bildmaterial.« Er tätschelt seine Pistole. »Da hat jemand ziemlich gründlich gearbeitet. Und bei so gründlicher Arbeit muss ich sofort an eine ganz bestimmte Person denken. An Sie.«
    Mein Herz schlägt plötzlich schneller.
    »Ich will das hier doch gar nicht.« Thomas’ Stimme wird sanfter. »Aber es kam mir ziemlich seltsam vor, dass Sie so viel Zeit damit verbracht haben, Day zu verhören. Haben Sie auf einmal Mitleid mit ihm oder was? Haben Sie irgendetwas geplant, um -«
    Er kommt nicht dazu, seinen Satz zu beenden.
    Plötzlich lässt eine Explosion den gesamten Flur erzittern und wir werden gegen die Wand geschleudert. Von der Decke regnet Staub auf uns herunter und Funken stieben durch die Luft. (Die Patrioten. Die Elektrobombe. Sie haben sie auf dem Platz gezündet. Sie sind tatsächlich gekommen, pünktlich auf die Minute, kurz bevor Day den Hof erreicht. Was bedeutet, dass alle Schusswaffen in diesem Gebäude für exakt zwei Minuten funktionsuntüchtig sind. Danke, Kaede.)
    Bevor Thomas sein Gleichgewicht wiedererlangen kann, schubse ich ihn grob zurück gegen die Wand. Dann reiße ich das Messer aus seinem Gürtel, renne zum Hauptschaltkasten und reiße die Tür auf. Hinter mir greift Thomas wie in Zeitlupe nach seiner Pistole.
    »Halten Sie sie auf!«
    Ich nehme das Messer und schneide alle Kabel auf der Unterseite durch.
    Ein Knall. Ein Funkenregen. Das gesamte Kellergeschoss liegt plötzlich im Dunkeln.
    Ich höre Thomas fluchen. (Er scheint gemerkt zu haben, dass seine Pistole nutzlos ist.)
    Soldaten stolpern übereinander. Schnell taste ich mich zur Treppe vor.
    »June!«, schreit Thomas irgendwo hinter mir. »Sie verstehen das nicht - es ist doch nur zu Ihrem Besten!«
    Die Worte platzen in blinder Wut aus meinem Mund. »Na klar, hast du das vielleicht auch zu Metias gesagt?«
    Nicht mehr viel Zeit, bevor die Notstromversorgung anspringt. Ich bleibe nicht stehen, um Thomas’ Antwort abzuwarten. Ich erreiche die Treppe und renne sie, drei Stufen auf einmal nehmend, hoch. Dabei zähle ich die Sekunden, die vergangen sind, seit die Elektrobombe detoniert ist. (Elf Sekunden bis jetzt. Noch einhundertneun Sekunden, bevor die Pistolen wieder funktionieren.)
    Ich stürme durch die Tür in den ersten Stock und finde mich in einem Meer aus Chaos wieder. Soldaten rennen auf den Platz hinaus. Überall poltern Schritte. Ich mache auf dem Absatz kehrt und renne in Richtung des Exekutionshofs. Details rasen mir durch den Kopf wie auf einer Gedankenautobahn. (Noch siebenundneunzig Sekunden. Vor mir dreiunddreißig Soldaten - zwölf kommen direkt auf mich zu - ein paar Flachbildschirme sind ausgefallen - muss an der gekappten Stromzufuhr liegen - die anderen zeigen den Tumult auf dem Vorplatz - irgendetwas fällt vom Himmel auf den Platz hinunter - Geld! Die Patrioten lassen Geld von den Dächern regnen. Die eine Hälfte der Menge versucht, panisch zu fliehen, während die andere sich um das Geld balgt.)
    Zweiundsiebzig Sekunden. Ich erreiche den Gang zum Innenhof und verschaffe mir blitzschnell einen Überblick über die Situation: drei bewusstlose Soldaten. John und Day (eine Augenbinde lose um den Hals, die die Soldaten ihm angelegt haben müssen, kurz bevor die Bombe explodierte) kämpfen mit einem vierten. Die anderen müssen auf den Vorplatz abkommandiert worden sein, aber dort werden sie nicht mehr lange bleiben. Bald werden sie zurück sein. Ich renne los und trete dem Soldaten die Beine weg. Er kracht zu Boden. John versetzt ihm einen Schlag gegen den Kiefer. Der Soldat bleibt reglos liegen.
    Sechzig Sekunden. Day wirkt wackelig auf den Beinen, so als könnte er jeden Moment in Ohnmacht fallen. Ein Soldat muss ihn am Kopf getroffen haben oder vielleicht macht sein Bein ihm Probleme. John und ich nehmen ihn zwischen uns. Ich dirigiere uns in einen schmaleren Flur, der von den Gängen zum Exekutionshof abzweigt, und wir machen uns auf den Weg zu den Ausgängen. Eine Sekunde später plärrt Commander Jamesons Stimme aus der Lautsprecheranlage. Sie klingt
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