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Leerer Kuehlschrank volle Windeln

Leerer Kuehlschrank volle Windeln

Titel: Leerer Kuehlschrank volle Windeln
Autoren: Mario D Richardt
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gut und brüht außerordentlich viel Kaffee. Ein Teufelskreis, der letztendlich doch einen Ausweg findet – eben hinter der Tür des Raumes, den ich gerade aufgesucht habe.
    Nachdem ich mir die Hände gewaschen habe, trockne ich sie ab und spüre auf einmal ein herrliches, angenehmes und kuschelweiches Gefühl. Flaumig und warm schmeichelt der Stoff der großmütterlichen Handtücher meiner Haut. So habe ich das noch nie empfunden.
    Überrascht und entzückt frage ich meine Oma: »Du, Oma … Bei dir auf dem Klo, da hängen ganz tolle Handtücher, die sind so wunderbar weich und flauschig. Was ist denn das?«
    »Ja, mein Junge, das ist Mikrofaser! Und die gibt es bei QVC! Solche Handtücher musst du dir unbedingt auch bestellen!«
    »Ähm ja, das überlege ich mir mal.«
    Nie im Leben werde ich bei einem Teleshopping-Sender anrufen. Nie, niemals. Aber das behalte ich für mich. Das geht über den Stolz eines Mannes Ende zwanzig … äh, leicht darüber … Sie wissen schon … hinaus.
    Drei Monate später – an meinem Geburtstag – klingelt es bei mir an der Tür. Ich öffne und vor mir steht Frau Post. Das ist kein Scherz! Die sympathische Dame in der blau-gelben Uniform heißt tatsächlich so wie ihr Arbeitgeber. Frau Post hat ein Päckchen für mich. Oder besser: Ein Paket. Noch genauer würde es die Bezeichnung »Riesen-Paket« treffen. Ich wundere mich, da ich nichts erwartet habe, unterschreibe, wünsche Frau Post einen schönen Tag und bin gespannt, was sich in dem unerwarteten Überraschungspaket befindet.
    Zuerst entdecke ich einen Umschlag, der im Paket obenauf liegt. Ich erkenne die Schrift meiner Mutter, öffne den Brief und ziehe eine Geburtstagskarte heraus. Ich lese:
    Lieber Mario!
    Alles Liebe zu Deinem Geburtstag! Oma hat erzählt, dass Du so begeistert von ihren Handtüchern warst. Da haben wir uns gedacht, nun haben wir das perfekte Geschenk für Dich! Du hast Dich bestimmt nicht getraut, selbst welche zu bestellen, oder? Jetzt hast Du erst mal einen Vorrat für deinen Junggesellen-Haushalt. Wir hoffen, die Überraschung ist uns gelungen.
    Fühl Dich umarmt,
    Mama, Papa und Oma
    Aha! Eigentlich wirklich eine gute Idee. Na, dann packe ich die Super-Handtücher mal aus. Ich ziehe drei Päckchen aus dem Paket und in jedem davon befindet sich ein Handtuch-Set, bestehend aus zwei großen Badetüchern, zwei Handtüchern und zwei Waschlappen, wie ich auf den Verpackungen lesen kann. Das meinte meine Mutter also mit »Vorrat«.
    Als ich mir die »Wunder«-Tücher genauer ansehen will und die erste Schachtel mit der Aufschrift »Sonder-Edition« öffne, werden meine Augen immer größer und es schüttelt mich ein wenig. Das ist nicht im Ansatz eine Farbe, die ich mir als Mann für Handtücher vorstellen würde. Vor mir liegt ein Mikrofaser-Handtuchset im himmlischsten Himmelblau, das man sich vorstellen kann. Aber einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Schlimmer wäre in der Tat rosa gewesen. So ist es wenigstens eine männliche Farbe, jedenfalls so »männlich«, dass sie in einer Geburtsklinik unverwechselbar zeigen könnte: In diesem Strampler steckt ein Junge!
    Zur weiteren Begutachtung entfalte ich das Badetuch … und traue meinen Augen kaum. Ich schnappe mir ein Handtuch. Auch dort befindet sich genau in der Mitte und von den Ausmaßen her unübersehbar: Ein MAIGLÖCKCHEN! Oder eine Glockenblume. Oder was weiß ich! Ich kenne mich nicht aus. Ich sehe nur riesige, weiße Blumen von zartgrünem Blätterkranz umgeben auf meinen Männer-Haushalts-Handtüchern prangen. Das ist nicht nur der Inbegriff von Kitsch, sondern zweifellos auch von Unmännlichkeit!
    In trüber Vorahnung reiße ich die beiden anderen Verpackungen auf. Es hätte kaum schlimmer kommen können: Nach »Himmelblau« bin ich nun auch stolzer Besitzer von Handtüchern in den Sonder-Editions-Farben »Minzgrün« und »Lachsrosa«, jeweils mit sehr präsenten Frühlingsblümchen in der Mitte. Aber vielleicht sollte ich noch froh sein. Es hätten ja auch Motive à la »Findet Nemo«, »Biene Maja« oder das FC Bayern-Emblem sein können. Eines ist schon mal klar: Sollte ich Damenbesuch haben, wandern diese Handtücher in den Schrank. Und umgekehrt hänge ich sie extra hin, wenn meine Eltern oder meine Oma zu Besuch kommen. So gehe ich sämtlichen Konflikten aus dem Weg.
    Trotzdem freue ich mich auch, denn das schöne, kuschelige Gefühl beim Abtrocknen, als ich bei Oma zu Besuch war, werde ich nun täglich haben.
    O Gott …
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