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Lee, Julianne

Lee, Julianne

Titel: Lee, Julianne
Autoren: Das Schwert der Zeit 04 - Die Erfüllung
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Aodán Hewitt?«, brüllte Ciaran in die Halle hinein. Alle Anwesenden blickten auf.
    Der Junge nickte zur offenen Stalltür auf der anderen Seite des Burghofes hinüber. Dort sah Ciaran seinen nichtsnutzigen Schwager auf einem Holzklotz sitzen, den Rücken gegen den Türrahmen gelehnt, und mit einem der Burgwächter schwatzen.
    »Aodán!«
    Hewitt erbleichte, als er Ciaran sah. Er erhob sich langsam. Der Wachposten verschwand hastig in dem dunklen Stall. Aodán hob das Kinn und erwiderte herausfordernd: »Aye?« Er war nicht viel jünger als Ciaran, trug jedoch das trotzige Benehmen eines verwöhnten kleinen Jungen zur Schau. Aodán Hewitt war ein Kind im Körper eines Mannes, ein nicht sonderlich aufgewecktes Kind noch dazu.
    »Ich habe dir beim letzten Mal gesagt, rühr meine Schwester nie wieder an, sonst ist es für dich das letzte Mal, weil ich dir dann den Hals umdrehe!« Ciaran schritt über den schmutzigen Boden des geräumigen Burghofes auf ihn zu. »Hast du gedacht, ich scherze nur?« Zu oft hatte er Sìle schon durch die dunklen Gänge der Burg huschen sehen, immer bemüht, blaue Flecke und blutende Lippen vor ihm zu verbergen. Seine Geduld war am Ende.
    Er gedachte nicht noch länger tatenlos zuzusehen, wie ein Mitglied seiner Familie verletzt wurde.
    »Sie ist meine Frau. Ich kann ihre Aufsässigkeit nicht dulden. Sie ist viel zu verwöhnt.« Aodán blickte sich im Burghof nach möglichen Zeugen um, während Ciaran drohend auf ihn zukam. Er war hagerer als die meisten Männer, und seine blauen Matheson-Augen wirkten in dem schmalen, knochigen Gesicht übergroß. Doch trotz seiner Magerkeit verfügte Aodán Hewitt über eine erstaunliche Kraft; er bewegte sich blitzschnell und hatte keinerlei Hemmungen, von seinem Dolch Gebrauch zu machen. »Und du weißt, wie störrisch sie sein kann. Es ist mein gutes Recht, sie zu...«
    Weiter kam er nicht, denn Ciarans Faust schoss vor und traf ihn mitten auf den Mund. Sein Schwager taumelte zurück, und Ciaran nahm Kampfhaltung ein. »Vergiss eines nicht, Hewitt - sie ist meine Schwester. Außerdem ist sie die Tochter des Lairds, und so lange sie und ihre Kinder in der Burg leben, stehen sie unter meinem Schutz und dem meines Vaters. Deine so genannten Rechte sind hier einen Dreck wert, und wenn du glaubst, mein Vater würde sich auf deine Seite stellen, dann bist du noch dümmer, als du aussiehst.«
    Hewitt funkelte ihn mit wutverzerrtem Gesicht an, murmelte ein paar Flüche und zog dann seinen Dolch aus dem Gürtel. Ciaran trat einen Schritt zurück und zückte seinen sgian dubh. Der kleine Dolch war ein Geschenk seines Vaters - die Klinge stammte aus Toledo, und das Heft hatte der Laird eigenhändig aus dem Geweih des ersten Hirsches geschnitzt, den Ciaran als Junge erlegt hatte. Seine Finger schlossen sich fest darum.
    Die beiden Männer belauerten einander einen Moment lang, dann führte Aodán mit seinem Dolch einen Hieb gegen seinen Gegner. Ciaran wich aus, ging dann zum Gegenangriff über und trieb Aodán in den Stalleingang zurück. »Ausgezeichnet«, meinte er mit einem kalten Lächeln. »Du forderst mich geradezu auf, dich umzubringen.«
    »Ciaran! Hör auf!« Sìles Stimme klang jetzt tränenerstickt, doch Ciaran achtete nicht auf sie. Diesmal war Aodán zu weit gegangen. Zeit, ihm eine Lektion zu erteilen. Sìle verstummte, hielt eine Hand vor den Mund und bedeckte mit der anderen ihr blau angelaufenes Auge.
    Aodán griff erneut an, um Ciaran von der Tür fortzutreiben, aber Ciaran war zu schnell für ihn. Unerbittlich trieb er Aodán tiefer in die staubige Dunkelheit hinein. Die Pferde schnaubten angesichts dieser Störung und scharrten unruhig mit den Hufen. Kleine Staubwölkchen glitzerten in der Luft. Aodán prallte gegen einen Stuhl, der krachend zu Boden fiel, und hätte beinahe das Gleichgewicht verloren. Heiße Wut stieg in Ciaran auf. Er war nur noch von dem glühenden Wunsch beseelt, Aodán dafür büßen zu lassen, dass er Sìle immer wieder misshandelt hatte.
    Doch da ertönte plötzlich draußen auf dem Burghof Eóins Stimme. »Ciaran! Lass ihn laufen! Mutter sagt, Vater will dich sehen!«
    Augenblicklich verlor Ciaran jegliches Interesse an Aodán. Eóins bestürzter Tonfall verhieß nichts Gutes. Sein Magen krampfte sich zusammen, als er sich zu seinem älteren Stiefbruder umdrehte. Dessen Gesicht war totenblass, die Augen vor Entsetzen geweitet.
    O nein! Pa verlangte nach ihm, nicht nach Robbie? Ciaran wollte sich nicht eingestehen, was
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