Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lee, Julianne

Lee, Julianne

Titel: Lee, Julianne
Autoren: Das Schwert der Zeit 04 - Die Erfüllung
Vom Netzwerk:
Welt, in der ein Engländer nicht sein Todfeind war, überhaupt nicht vorstellen.
    Leah ließ nicht locker. »Du sagst, wir Engländer würden euch nicht als Menschen betrachten. Aber siehst du denn in diesem Moment meinen Vater als Menschen? Als Mann, als Vater und Ehemann? Als einen Mann von Ehre, der seine Pflicht gegenüber seinem König erfüllt?« Ihre Stimme brach. »Kannst du denn nicht sehen, dass er ein schwaches menschliches Wesen ist, das einen furchtbaren Fehler gemacht hat?«
    Ciarans Hand begann zu zittern. In diesem Augenblick entdeckte er in sich selbst dieselbe Art von Doppelmoral, die er bei den Engländern stets so verabscheut hatte. Doch er knurrte nur »Er verdient den Tod.«
    Ihre Antwort brachte ihn aus der Fassung. »Allerdings, das tut er.« Ciaran blickte zu ihr auf. Tränen strömten über ihr Gesicht, als sie weitersprach: »Aber musst du deswegen auch sterben? Ver-
    diene ich es, nicht nur meinen Vater, sondern auch den Vater meines Kindes zu verlieren? Meinen Mann? Verdient es der Clan, seinen Laird zu verlieren? Muss das Morden denn unbedingt weitergehen, oder willst du ihm nicht ein Ende bereiten?«
    Ciarans linker Arm schmerzte jetzt so heftig wie sein rechter. Lange konnte er nicht mehr durchhalten. Aber ihre Worte hatten ihre Wirkung auf ihn nicht verfehlt. Er wollte nicht länger aus Rachedurst Blut vergießen.
    »Bitte, Ciaran. Tu es für mich. Für unser Kind und für deine Leute.«
    Ciaran seufzte tief. Dann gab er Hadley frei, erhob sich langsam, ließ Schwert und Dolch sinken und trat einen Schritt zurück. Der Captain stand gleichfalls auf. Seine Augen wanderten zu dem Säbel, der zu seinen Füßen am Boden lag, aber Leah packte ihn am Heft und schleuderte ihn quer durch den Raum, wo er klirrend an der Wand liegen blieb.
    »Nein, Vater, du wirst ihn nicht verhaften. Außer dir ist niemand hier, der ihn des Verrats beschuldigen kann, und wenn er für sein Verbrechen am Galgen enden soll, verdienst du dieselbe Strafe für... für das, was du getan hast. Der Clan hat für seine Torheit teuer bezahlt. Versprich mir, dass du Ciaran nicht wegen Verrat anklagst. Um Gottes Willen, Vater, sorg dafür, dass es für uns alle wieder Hoffnung gibt. Denk an die Zukunft deines Enkels!«
    Lange Zeit herrschte Stille. Ein zorniger Funke loderte in Hadleys Augen. Er starrte Ciaran finster an, der den Blick zurückgab, seine Waffen fester packte und sich auf einen neuerlichen Angriff vorbereitete. Doch endlich sagte Hadley: »Du willst ihn also heiraten? Und hier bei ihm bleiben?«
    »Ja. Du hast mich gegen meinen Willen hergebracht, aber du wirst mich hier nicht wieder wegbringen. Ich bleibe, egal was geschieht.«
    Er warf ihr einen scharfen Blick zu, dann runzelte er die Stirn, wahrend er sichtlich mit sich rang. Als er endlich die Sprache wiederfand, brachte er die Worte nur mühsam heraus. »Dann werde
    ich mein Bestes tun, um zwischen Ciorram und der Krone zu vermitteln.« Er sah Ciaran an, wollte offensichtlich noch etwas hinzufugen, besann sich aber und wandte sich nur wortlos ab.
    Ciaran schob sein Schwert in die Scheide zurück. Leah ging zu ihm hinüber, und er nahm sie in die Arme. Beide konnten noch kaum fassen, was geschehen war. Es gab wieder eine Zukunft für sie, und diesmal sah sie hoffnungsvoll aus.
    21. KAPITEL
    »Ein strahlender neuer Morgen und ein strahlender Neuanfang, nicht wahr, mein Freund?« Die Stimme kam aus dem Nichts, doch lain lächelte. »Hallo, Tinkerbell. Machst du dir wieder einen Spaß daraus, mich beim Ankleiden zu beobachten?«
    Einen Priester gab es im Tal schon lange nicht mehr, aber wenigstens stand ihnen ein Geistlicher zur Verfugung - der Garnisonskaplan -, und so konnte Ciaran seine Leah in der alten katholischen Kirche vor Gott und der Welt zur Frau nehmen. Er hatte sogar einen Goldring für seine Braut; der Schmied Donnchadh hatte den goldenen Ring, den Dylan Dubh vor dreißig Jahren Ciarans Mutter an den Finger gesteckt hatte, wieder zurechtgehämmert. Er war Leah ein bisschen zu groß, saß aber nicht so locker, dass sie Gefahr lief, ihn zu verlieren.
    An einem strahlend schönen Julimorgen standen Ciaran und Leah vor dem Altar. Die Sonnenstrahlen fielen durch das prachtvolle Rosettenfenster aus Buntglas und malten ein Farbenmeer auf den Boden. Ein schwacher Geruch nach altem Holz und Stein, Bienenwachs und Weihrauch lag in der Luft. Noch immer
    gab es keine Stühle im Kirchenschiff, so saßen die Dorfbewohner fast vollzählig auf dem Boden, um
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher