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Lebkuchen und Bittermandel

Lebkuchen und Bittermandel

Titel: Lebkuchen und Bittermandel
Autoren: Jan Beinßen
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Damen und Herren, ich darf um Ihre Aufmerksamkeit bitten: Sie alle waren heute Abend Zeugen eines mutmaßlichen Verbrechens. Meine Aufgabe besteht darin, gemeinsam mit den Beamten der Kriminalpolizei dieses Verbrechen aufzuklären. Mir ist bewusst, dass dies mit Unannehmlichkeiten für Sie verbunden sein wird, aber leider führt kein Weg daran vorbei: Da die Tat innerhalb eines geschlossenen Personenkreises stattgefunden hat, muss ich Sie bitten, sich für eine Befragung hier vor Ort bereitzuhalten. Um es salopp auszudrücken: Niemand verlässt den Raum.«
    Ein Raunen stieg auf, gleich darauf folgte die erste Beschwerde: »Niemand darf gehen? Was soll das denn heißen?« Til drängte sich in den Vordergrund und schob provozierend sein Kinn vor.
    Katinka ließ ihn abblitzen: »Genau das, was ich gesagt habe. Im Moment sind die Kollegen der Spurensicherung noch beschäftigt. Anschließend wird der Leichnam in die Rechtsmedizin nach Erlangen überführt.« Ein Schluchzen unterbrach Katinkas Erläuterung: Sonja konnte ihre Tränen nicht länger zurückhalten und presste ihren Kopf gegen die Schulter von Udo. Katinka wartete einen Moment ab, um dann fortzufahren: »Es dürfte im Interesse aller Anwesenden liegen, die Befragung der Zeugen möglichst schnell und ohne Zeitverlust durchzuführen. Da die Kollegen der Kripo derzeit nur eine Feiertagsbesetzung haben und noch dazu mit einem anderen Kapitalverbrechen beschäftigt sind, bin ich bereit, die Verhöre selbst vorzunehmen. Wir fangen am besten gleich an. Je bereitwilliger Sie mitmachen, desto schneller können Sie nach Hause gehen. Einverstanden?«
    »Was bleibt uns anderes übrig«, maulte Rüdiger. Der Oberstleutnant hatte sich unter einem geselligen Abend wohl etwas anderes vorgestellt, als verhört zu werden.
    Katinka ließ sich von Jan-Patrick die heimelige Erkernische im Obergeschoss für ihre Verhöre herrichten. Paul war nicht ganz wohl dabei, denn genau an diesem Platz hatte er gemeinsam mit Katinka die romantischsten Stunden verbracht. Er sprach sie darauf an: »Meinst du, das hier ist wirklich die geeignete Umgebung?«
    »Wäre es dir lieber, wenn ich dich und deine Freunde ins Polizeipräsidium am Jakobsplatz schaffen lasse?«, fuhr Katinka ihn an. »Im Streifenwagen und mit Handschellen gesichert – denn jeder deiner sauberen Kumpels könnte ja der Mörder sein.«
    Paul winkte ab. »Jaja, schon gut. Tu nur deine Pflicht.«
    »Apropos Pflicht«, griff Katinka seine Worte auf. »Zur Pflicht eines jeden Bürgers gehört es, dem Staat im Bedarfsfall zu dienen. Deine Hilfe ist heute gefordert: Du bist neben Zeugin Hilde und eurem Lehrer der Einzige, der nicht in der Küche war und somit keine Gelegenheit hatte, den tödlichen Lebkuchen unterzuschmuggeln.«
    »Und?« Paul schwante Böses.
    »Da meine Protokollantin im Schnee stecken geblieben ist, darf ich dich bitten, an den Verhören teilzunehmen und fleißig mitzuschreiben.«
    »Na, toll«, meinte Paul entgeistert.
    »Tu nicht so«, stichelte Katinka. »Diese Aufgabe kommt deiner kriminalistischen Ader doch wie gelegen.«

7
    Verhörprotokoll Nr. 1,
    Samstag, 18. Dezember, 20.35 Uhr
    Befragt wurde Herr David S. Verhör geführt durch Frau Oberstaatsanwältin K. Blohm
    Protokollführer: Herr P. Flemming
     
    Herr S., ich muss Sie darüber belehren, dass ich vorerst jeden Anwesenden lediglich als Zeugen und nicht als Beschuldigten vernehmen werde. Insofern besteht keine Notwendigkeit, einen Anwalt hinzuzuziehen. Sie können zur Sache aussagen oder von Ihrem Hecht auf Aussage- und Zeugnisverweigerung Gebrauch machen. Wollen Sie dieses Recht in Anspruch nehmen?
    David S.: Was raten Sie mir denn? Ich habe ja nichts zu verbergen.
    Ich rate, die Vernehmung zuzulassen.
    David S.: Also, gut. Ich bin bereit für Ihre Fragen.
    Wie sah Ihre persönliche Beziehung zu dem Opfer Jakob K. aus?
    David S.: Von einer persönlichen Beziehung kann wohl nicht die Rede sein. Natürlich kannte ich Jakob. Wir alle kannten Jakob. Aber ich stand ihm nicht besonders nahe, da hatten andere mehr Kontakt zu ihm. Wir haben uns nach der Schulzeit nicht mehr gesehen und nicht gesprochen. Außer bei den Adventstreffen.
    Sie unterhielten also – abgesehen von Anlässen wie heute – keinerlei Verbindung mehr zu Jakob K.?
    David S.: Nein. – Das heißt: Hilde, meine Frau, hatte wohl in letzter Zeit ab und zu wieder mit ihm zu tun. Allerdings nur übers Web. Sie ist bei Facebook und Stayfriends aktiv.
    Lassen wir Ihre Frau bitte zunächst
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