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Lebkuchen und Bittermandel

Lebkuchen und Bittermandel

Titel: Lebkuchen und Bittermandel
Autoren: Jan Beinßen
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kann mir jedenfalls schwer vorstellen, dass Jakob seiner Sonja noch immer nachgetrauert hat. Das ist einfach zu lange her. Nein, nein, wenn ihn eine Sache von damals bis heute belastet haben könnte, dann schon eher die Geschichte mit dem Skiunfall.
    Rüdiger T.: Ach bitte, Schatz, kram nicht den ganzen alten Tratsch heraus.
    Giulia T.: Wenn es aber doch für die Ermittlungen hilfreich sein kann …
    Rüdiger T.: Hilfreich wäre es, wenn du dich ein bisschen zurücknimmst und dein Temperament zügelst.
    Nein, erzählen Sie bitte: Von was für einem Unfall sprechen Sie?
    Giulia T.: Ein Skiausflug in der zwölften Klasse.
    Rüdiger T.: Zermatt, Schweizer Alpen.
    Giulia T.: Wir waren damals schon gute Freunde, alle, die wir hier versammelt sind. Wir hatten den Ruf als die Unzertrennlichen. Rüdiger und ich waren zwar noch kein Paar …
    Rüdiger T.: Das tut nichts zur Sache, Giulia. Erzähl einfach von Torben. Das ist es, was die Staatsanwältin interessieren könnte.
    Giulia T.: Aber es ist wichtig, dass sie versteht, wie wir zueinander standen. Wer wen mehr leiden konnte oder weniger.
    Rüdiger T.: Wenn das wichtig für die Ermittlungen ist, können wir das später immer noch erzählen. Komm bitte auf den Punkt.
    Giulia T.: Musst du denn immer so schroff und kurz angebunden sein? Also gut: Worauf ich hinauswill, ist die Sache mit Torbens Tod.
    Torbens Tod? Sprechen wir von einem wei t eren Mord?
    Giulia T.: Nein, nein. – Das heißt: Es wurde nie genau geklärt. Torben gehörte zu uns Unzertrennlichen. Das heißt: Er gehörte nicht nur dazu, sondern stand im Mittelpunkt. Er war so etwas wie ein Star unter den Jungs der Jahrgangsstufe.
    Rüdiger T.: Du übertreibst. Er galt als beliebt, ja, aber ein Star? Ich weiß nicht …
    Wie ist dieser Torben zu Tode g e kommen?
    Giulia T.: Wie gesagt: Es wurde nie richtig aufgeklärt. Es passierte bei einem Skiausflug. Bestes Wetter, gute Schneelage. Solche Idealbedingungen haben die Jungs natürlich gelangweilt, denn sie wollten ja beweisen, was für coole Typen sie waren. Also haben einige von ihnen die gesicherten Pisten verlassen. Und dann geschah es.
    Was genau ist vorgefallen?
    Giulia T.: Ich war nicht dabei. Ich kann nur sagen, dass die Gruppe ohne Torben zurückgekommen ist und sich uns wieder angeschlossen hat. Zuerst fiel es niemandem auf, dass jemand fehlte. Dann, als nach Torben gefragt wurde, legten wir eine Pause ein und warteten auf ihn.
    Rüdiger T.: Aber er kam nicht.
    Giulia T.: Später wurde die Bergwacht alarmiert. Man fand seine Leiche am Fuße einer Schlucht. Torben war ungefähr 300 Meter in die Tiefe gestürzt.
    Bas klingt nach einem klassischen Skiunfall durch Fahrlässigkeit. Weshalb deuten Sie an, dass die Todesursache ungeklärt geblieben ist?
    Rüdiger T.: Die Polizei wollte oder konnte ein Fremdverschulden nicht ausschließen. Die haben uns damals verhört. Jeden Einzelnen von uns, teilweise sogar mehrmals.
    Können Sie sich erklären, weshalb?
    Giulia T.: Torben galt als geübter Skifahrer. Ein solcher Fahrfehler hätte ihm selbst im Übermut nicht unterlaufen dürfen.
    War Alkohol im Spiel gewesen?
    Rüdiger T.: Nein. – Die Polizei fragte uns bei den Verhören freiheraus, ob jemand von uns ihn den Berg hinabgestoßen hätte.

9
    Indem er einen Topf mit deftig duftender Zwiebelsuppe und einen Korb frisch aufgeschnittenen dunklen Landbrotes in den Gastraum trug, unterbrach Jan-Patrick den Zyklus der Verhöre.
    »Du kommst auch noch an die Reihe«, zischte Katinka dem Gastwirt zu, ließ es sich aber nicht nehmen, an der späten Mahlzeit teilzuhaben.
    Paul setzte sich neben sie, so nahe, dass sich ihre Knie berührten. Katinka schenkte ihm ein süßes Lächeln, doch ihm musste klar sein, dass sie in dieser Nacht nicht zusammenfinden würden. Statt Nähe und Zärtlichkeit würde sie noch viel Arbeit bei der Suche nach dem heimtückischen Giftmörder erwarten.
    Als hätte sie seine Gedanken intuitiv aufgegriffen, sprach Bankkauffrau Sonja das Thema an. »Wer sagt uns eigentlich, dass die Suppe nicht auch vergiftet ist?«
    »Ich muss doch sehr bitten!«, entrüstete sich Jan-Patrick.
    Doch auch die anderen Gäste, die inzwischen an zwei zusammengeschobenen Tischen Platz genommen hatten, blickten argwöhnisch auf den Küchenchef. Der kleine, agile Mann wollte diesen unerhörten Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen, nahm sich selbst einen Teller und schöpfte sich eine große Kelle Suppe. Mit Wonne löffelte er sie in sich hinein, nicht ohne sie zuvor
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