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Lebkuchen und Bittermandel

Lebkuchen und Bittermandel

Titel: Lebkuchen und Bittermandel
Autoren: Jan Beinßen
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das Ganze ist Ewigkeiten her. Ich war noch Schüler, als ich heiß auf Sonja war. Vor allem auf ihren Knackarsch, um es genau zu sagen.
    So genau wollen wir es gar nicht wissen. Lag Jakobs Liebe zu Sonja ebenfalls so weit zurück, oder war sie Ihrer Meinung nach bis in die Gegenwart von Bestand?
    Til G.: Das weiß ich nicht. Ihr hinterhergehechelt hat er schon, seit ich denken kann. Aber wenn Sie mich so direkt fragen … – Ja, ich hatte den Eindruck, dass er bei unseren jährlichen Klassentreffen immer noch Stielaugen bekam, sobald seine alte Flamme aufkreuzte.
    Hat Sonjas Mann Udo von Jakobs Ambitionen gewusst?
    Til G.: Keine Ahnung. Das war mir auch pfeifegal. Wie gesagt: Ich flog ja nicht mehr auf die Alte.
    Worauf ich hinauswill ist die Frage, ob Sie Udo einen Mord aus Eifersucht zutrauen?
    Til G.: Na, jetzt reden Sie aber Tacheles, was? Udo ein Mörder? Kann ich mir nicht vorstellen. Außerdem hätte er viel zu tun, wenn er jeden Verehrer seiner heißen Braut aus dem Weg räumen wollte. Denn auf Sonja stand so ziemlich jeder Junge unserer Jahrgangsstufe, das müssten Sie inzwischen ja rausgefunden haben. – Wenn ich mich nicht täusche, sogar du, Paul.
    Danke, Herr G., das genügt uns fürs Erste.
     
    »Das glaubst du ihm hoffentlich nicht«, sagte Paul, kaum dass Til außer Hörweite war.
    Katinka verzog schmollend den Mund: »Ich habe immer geahnt, dass ich nicht die einzige Blondine in deinem Leben bin.«
    »Aber die einzige, an die ich mein Herz verloren habe«, säuselte Paul mit Dackelblick.
    »Oh, wie romantisch.« Katinka zog Pauls Schreibblock auf ihre Seite des Tisches und studierte seine Aufzeichnungen. »Dieser Til redet wenigstens Klartext. Er ist mir nicht sonderlich sympathisch und wohl ein ziemlicher Aufschneider, aber ich nehme ihm ab, was er behauptet. Wir sollten dieser Sache mit Sonja auf den Grund gehen. Jetzt gleich.«
    »Willst du sie etwa fragen, ob sie ein Verhältnis mit Jakob hatte?«, fragte Paul mit leichtem Entsetzen. »Das könnte böse ins Auge gehen.«
    »Nein, nein, damit würde ich übers Ziel hinausschießen. Aber ich habe vor, Sonja und ihren Mann gemeinsam zu vernehmen. Ich konfrontiere sie mit dem, was wir bisher definitiv wissen oder annehmen. Dann sehen wir, was passiert.«
    »Du bist mutig.«
    »Sieh es mal so, Paul: Vielleicht trägt es dazu bei, das Prozedere zu verkürzen. Dann kommen wir früher ins Bett.« Weil Paul sie so seltsam ansah, fügte sie schnell hinzu: »Um zu schlafen, ich bin hundemüde.«

11
    Verhörprotokoll Nr. 4
    Samstag, 18. Dezember, 22.15 Uhr
    Befragt wurden Frau Sonja und Herr Udo M.
    Verhör geführt durch Frau Oberstaatsanwältin K. Blohm
    Protokollführer: Herr P. Flemming
    Rechtsbelehrung erfolgt
     
    Um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen: Andere Befragte haben zu Protokoll gegeben, dass der getötete Jakob K. bewundernde Gefühle für Sie gehegt hat. Wussten Sie davon?
    Sonja H.: Muss ich auf diese Frage antworten?
    Früher oder später: ja.
    Udo H.: Sag es ihr. Es weiß doch ohnehin jeder hier, dass Jakob ein stiller Verehrer von dir war.
    Sonja M.: Okay. Ja, Jakob hat mich geliebt. Er hat es mir nie gesagt, dazu war er zu schüchtern. Aber eine Frau spürt so etwas.
    Eine unerwiderte Liebe, die über so viele Jahre anhält – hat Sie das nicht gestört, Herr M.?
    Udo M.: Was soll ich sagen? Ich verbringe mein Leben an der Seite einer begehrenswerten Frau. Das war mir bewusst, als ich sie geheiratet habe. Natürlich bin ich eifersüchtig, aber ich kann mich nicht mit jedem anlegen, der meiner Frau auf der Straße nachschaut, oder?
    Das nicht. Aber mit einem hartnäckigen Verehrer wie Jakob womöglich schon. Vielleicht ist Ihnen irgendwann ganz einfach der Kragen geplatzt?
    Udo M.: Unsinn! Was wollen Sie mir anhängen? Sehe ich aus wie ein unbeherrschter Rambo?
    Durchaus nicht. Aber andere einschlägige Fälle dieser Art zeigen, dass …
    Udo M.: Schon wieder eine Unterstellung! Ich bin keiner Ihrer einschlägigen Fälle. Ich habe mit dem Ganzen absolut nichts zu tun. Was Jakob über Sonja dachte und wie er fühlte, war mir völlig egal, denn er stellte ganz sicher keine Gefahr für mich dar. Überlegen Sie doch mal selbst: ein Typ wie er, hager, blass, ein Intellektueller.
    Das ist kein Grund. Marilyn Monroe konnte sich schließlich auch für die geistige Größe eines Arthur Miller begeistern.
    Sonja M.: Hä? Was reden Sie denn da? Jakob hatte längst eingesehen, dass er bei mir nicht landen kann. Er hat vielleicht noch ein
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