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Leberkäsweckle

Leberkäsweckle

Titel: Leberkäsweckle
Autoren: Bernd Weiler
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aus, der tanzt mir hier an und erklärt.
    Als Schirmer von seiner Runde zurück war, formte sich so langsam ein Bild der Situation in Pfenningen. Offensichtlich war Gerda Schickle von einem Scharfschützen ziemlich genau sozusagen von hinten zwischen die Augen getroffen worden und sofort tot gewesen. Bei Luise Bremer lag der Fall ein wenig anders. Es sah nach einem, wenn auch sehr seltsamen, Unfall im Haushalt aus. Fremdeinwirkung schlossen die Kollegen der Spurensicherung mit ziemlicher Sicherheit aus. Allerdings wurde ein Grabstein mit den Lebensdaten der Verletzten im Vorgarten gefunden, der auch schon das Todesdatum trug, und zwar das heutige.
    Nach Bremer wurde inzwischen schon gefahndet, also konnten sie sich wieder ihrem eigentlichen Problem widmen. Als ob Schirmer ähnliche Gedanken gehabt hatte, tönte es laut aus seinem Büro herüber.
    »Holet mer’n jetzt oder net?«
    »Wir holen ihn«, antwortete Knöpfle.
    »Ond, Überfallkommando?«
    »Nein, das machen besser wir beide allein«, sagte Knöpfle und schob seine Dienstwaffe ins Holster. Schirmer schnallte seine Pistole ebenfalls um. Sein Gesichtsausdruck war fest, ohne Regung. Er war auf dem Kriegspfad; das Einzige, was fehlte, war die Gesichtsbemalung. Es gab Situationen, da mussten Männer Männer sein und tun, was Männer tun mussten. In diesem Fall vielleicht auch töten.
    »Die werden doch nicht!«, rief Gerda Schickle, aber Gott konnte sie beruhigen. Er würde schon alle seine Macht einsetzen, die nun folgenden Geschehnisse möglichst unblutig über die Bühne gehen zu lassen.
    Pathos, dachte der liebe Gott bloß. Der Mensch, immer Pathos, vor allem wenn es um Geburt, die Liebe und den Tod ging. Warum das so war, da war auch Gott überfragt. Das war der Mensch an sich, der in solchen Momenten über sich hinauswachsen und Held spielen wollte. Da war er dann Herkules, Alexander und Clint Eastwood in einer Person. Da ging es dann um alles, ums Ganze. Da gingen dann zwei Provinzkommissare mit geladenen Dienstpistolen einen bescheidenen Schriftsteller verhaften.
    Gerda Schickle wäre am liebsten hinuntergefahren, um die beiden rechtzeitig zur Räson zu bringen. Gott aber mahnte zur Geduld, noch sei ja nichts passiert. Man wolle gemeinsam die weitere Entwicklung betrachten, und – die liebe Gerda sei versichert – er würde zum gegebenen Zeitpunkt dann schon einschreiten. Aber Ruhe, eine himmlische Ruhe, die sei jetzt ganz wichtig.
    Die suchte Hans Bremer noch. Er saß inzwischen im Zug. Das hatte alles ganz prima geklappt. Gut, er hatte sich auf die Schnelle nicht ganz nach seiner Vorstellung einkleiden können. Die Zeit war halt knapp gewesen. Um möglichst keinem Pfenninger über den Weg zu laufen, hatte er die Fußgängerzone gestrichen und sich in einer Nebenstraße in einem Secondhandladen ein paar Sachen besorgt.
    Der Anzug war noch einwandfrei, nur nicht ganz seine Größe. Das Hemd ein wenig unfreundlich rosa und auffallend, wie er jetzt bemerkte. Bei den Schuhen war ihm die Zeit davongelaufen, und er hatte sich gegriffen, was in seiner Größe halt grade da gewesen war. Mit den Plateau-Absätzen sah er nicht nur scheiße aus, es machte ihm auch furchtbare Mühe, einigermaßen auf den Beinen zu bleiben. Aber nun, im Zug, war das alles vergessen. Er würde sich in Zürich neu einkleiden und sich einen Lenz machen.
    Als der Zug die Grenze erreichte, drückte er sich die Daumen, dass alles gut gehen würde. Erst passierte auch nicht viel, allerdings fuhren sie nicht weiter. Dann standen sie an seinem Abteil. Die Schiebetür ging auf, und in dem Ton, den Grenzbeamte für freundlich halten, fragten die beiden Herren nach seinem Ausweis. Er versuchte, sich damit herauszureden, dass er sehr oft, also eigentlich immer über die Grenze fahren würde und ihn die Kollegen schon kennen würden. Heute hätte er seinen Ausweis leider vergessen, aber er könne ihn ja dann beim nächsten Mal nachreichen.
    Die Grenzbeamten blieben unbeeindruckt. Solche Deals kannst du vielleicht im »Atlas-Grill« machen, aber doch nicht an einer deutsch-schweizerischen Grenze, dachte Hans Bremer noch und gab den Herren seinen Führerschein, den er immerhin mit sich führte. Es dauerte nur einen kleinen Moment, dann wurde er gebeten mitzukommen. Das war es dann, dachte Bremer und versuchte, auf seinen Plateau-Absätzen mit den Beamten einigermaßen Schritt zu halten.

Epilog
    »… und versuchte, auf seinen Plateau-Absätzen mit den Beamten einigermaßen Schritt zu
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