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Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich
Autoren: Liza Marklund
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Julia und ihren Eltern groß geworden. Julias Familie hatte sie vermutlich vor einer Existenz bewahrt, in der ihre beiden Geschwister gelandet waren.
    Viele lange Sommerwochen hatte sie bei Julias Familie auf dem Bauernhof verlebt, während ihre Mutter in der Kükenfabrik in Valla Schicht arbeitete. Während der Schulzeit ging sie oft mit zu Julia nach Hause und aß am großen Tisch in der Bauernküche.
    Sie erinnerte sich an den Geschmack von Fleischsuppe und selbstgebackenem Brot, an den leichten Stallgeruch, der immer an Holger hing. Wenn dann die Schicht ihrer Mutter zu Ende war, musste sie die gemütliche Wärme verlassen und den Bus heim nach Ekeby nehmen …
    Nina zuckte mit den Schultern, um die Sentimentalität abzuschütteln.
    Ich habe keinen Grund zu klagen. Ich hatte Glück, denn ich hatte Julia.
    Ein paar betrunkene Halbwüchsige mit Schülermützen schwankten auf dem Bürgersteig links von ihr vorbei. Sie sah scharf hin und musterte die Jugendlichen. Sie gingen eingehakt nebeneinander, drei Jungen und ein Mädchen. Das Mädchen schien sich kaum auf den Beinen halten zu können, die Jungen schleppten sie mehr oder weniger vorwärts.
    Pass bloß auf, Kleine, dass sie dich nicht ausnutzen …
    Einer der Jungen entdeckte sie und begann, obszöne Gesten in Richtung Streifenwagen zu machen, erst den Mittelfinger und dann die Wichsbewegungen. Sie schaltete Blaulicht und Martinshorn für drei Sekunden ein, mit durchschlagender Wirkung. Sie sprangen wie Antilopen in entgegengesetzter Richtung davon, auch das Mädchen.
    So viel also zum Rausch des Tages.
    Sie bog in die Einfahrt zur Wache und parkte, drehte den Zündschlüssel um, und der Motor erstarb. Sie blieb ein paar Minuten sitzen und lauschte der Stille.
    Dann seufzte sie und schnallte sich los, sammelte Anderssons Hamburger-Pappschachteln und ihre Colalight-Büchse zusammen, um alles in den Papierkorb am Parkplatz zu werfen, auch die Dose. Gerade heute Morgen musste irgendwo mal Schluss sein mit ihrer Verantwortung für die Menschheit.
    Dienstgruppenleiter Pettersson telefonierte, als sie hereinkam, er bedeutete ihr, sich auf den Stuhl ihm gegenüber zu setzen.
    «Gegen fünf?», sagte er in den Hörer. «Ist das nicht ein bisschen spät? Viele der Kollegen haben … Ja, das stimmt. Da hast du recht. Dann sagen wir 17 Uhr.»
    Er legte auf und schüttelte den Kopf.
    «Was für eine entsetzliche Geschichte», sagte er und strich sich über die Glatze. «Wo soll das mit unserer Gesellschaft noch hinführen?»
    Er hört sich an wie Kommissar Wallander, dachte Nina.
    «Wir werden eine Schweigeminute für David Lindholm einlegen», fuhr Pettersson fort.
    «Um fünf ist schon ein Großteil der Spätschicht da, und die von der Tagschicht sind noch im Dienst, deshalb erzielen wir dann den größten Effekt mit der Aktion. Sämtliche Polizeidienststellen im Land machen mit. Lindholm war ja überall bekannt und geachtet, und nach all den Jahren als Gastdozent an der Polizeihochschule hat er sowohl unter den jungen Kollegen als auch unter den alten Hasen Freunde im ganzen …»
    «Erzähl das bloß nicht den Medien», fiel ihm Nina ins Wort.
    Pettersson verlor den Faden und machte erst ein verwirrtes, dann ein ärgerliches Gesicht.
    «Es versteht sich wohl von selbst, dass wir das in die Medien bringen.
Echo des Tages
plant sogar eine Liveübertragung.»
    «Wenn du vorhättest, einen Supermarkt auszurauben, wann würdest du das tun, wenn dir zu Ohren käme, dass die gesamte Polizei in Schweden von 17 Uhr bis 17 Uhr 10 untätig ist? Und wie überträgt man eine Schweigeminute im Radio? Wird das nicht ein bisschen … öde?»
    Der Dienstgruppenleiter starrte sie einige Sekunden hohl an und lehnte sich dann zurück, dass sein Ikea-Stuhl nur so knackte.
    «Komm zur Sache», sagte er.
    Nina zog ihren Notizblock hervor. Mit monotoner Stimme betete sie sämtliche Fakten herunter: «Eintreffen des Funkspruchs um 3 Uhr 21, Verdacht auf Schüsse in der Bondegatan. Da sich 9070 und das Einsatzkommando draußen in Djursholm befanden, übernahm Hoffman vom 1617 auf Anordnung der Leitstelle die Einsatzleitung. Der Informant, Gunnar Erlandsson, wohnhaft an besagter Adresse, gab an, von etwas geweckt worden zu sein, was er für Schüsse in der darüberliegenden Wohnung hielt. Da sich in der betreffenden Wohnung niemand meldete, verschaffte sich Streife 1617 zusammen mit Streife 1980 Zutritt gemäß Paragraf 21 Polizeigesetz, Gefahr im Verzug. In der Wohnung wurden zwei Personen
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