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Lebenslänglich

Lebenslänglich

Titel: Lebenslänglich
Autoren: Liza Marklund
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angetroffen, David Lindholm und Julia Lindholm. David Lindholm lag leblos auf dem Bett, getroffen von zwei Schüssen in Kopf und Bauch. Julia Lindholm wurde im Badezimmer aufgefunden, sie steht unter schwerem Schock. Sie ist zur Behandlung im Krankenhaus Söder.»
    Nina klappte ihren Notizblock zu und sah Pettersson an.
    Der schüttelte wieder den Kopf.
    «Was für eine entsetzliche Geschichte», sagte er. «Wenn wir geahnt hätten, dass es so endet…»
    «Da war noch was», sagte Nina und blickte hinunter auf ihren geschlossenen Notizblock. «Julia hat etwas gesagt, bevor sie bewusstlos wurde.»
    «Was denn?»
    «Sie erwähnte ihren Sohn, Alexander. Sie sagte: ‹Sie hat ihn mitgenommen. Die andere Frau, sie hat ihn mitgenommen.)»
    Pettersson blickte auf und zog die Augenbrauen hoch. «‹Die andere Frau›, was zum Teufel meinte sie damit? War denn noch jemand in der Wohnung?» Nina kam sich dumm vor. «Nein», sagte sie.
    «Gab es Spuren eines Streits oder eines Einbruchs?» Nina überlegte eine Sekunde.
    «Nicht, soweit ich mich auf Anhieb erinnern kann, aber das müssen wohl die Techniker untersuchen …» «Und die Wohnungstür war zu?»
    «Die fällt automatisch ins Schloss, wenn man sie nicht blockiert.»
    Der Dienstgruppenleiter seufzte tief.
    «Mein Gott, der arme David. Sie war offenbar verrückter, als man ahnen konnte.»
    «Alexander ist tatsächlich weg», sagte Nina.
    «Wer?»
    «Der Sohn von Julia und David. Er war nicht in der Wohnung. Sein Zimmer war leer.»
    Ihr Vorgesetzter schob sich eine Prise Snus-Tabak unter die Lippe.
    «Und?», fragte er. «Wo ist er?»
    «Keine Ahnung.»
    «Ist er vermisst gemeldet?»
    Nina schüttelte den Kopf.
    «Wissen wir, ob ihm etwas zugestoßen ist?»
    «Nein», sagte Nina. «Es ist nur so, dass… Wir haben die Wohnung durchsucht, aber er war nirgends.»
    Pettersson lehnte sich zurück.
    «Na gut», sagte er. «Die Angaben zu der anderen Frau und dem vermissten Jungen müssen natürlich im Bericht erscheinen. Überleg dir gut, wie du das formulierst.»
    Sie merkte, wie ihre Wangen heiß wurden.
    «Wie meinst du das?», fragte sie.
    Pettersson sah sie einen Moment eindringlich an, dann erhob er sich vom Stuhl und streckte den Rücken ein wenig.
    «Du warst doch für heute Nacht gar nicht eingeteilt, oder?», sagte er. «Hättest du nicht eigentlich freigehabt?» «Ich bin eingesprungen und habe eine Extraschicht über nommen. Um 16 Uhr beginnt mein nächster planmäßiger Dienst.» Ihr Vorgesetzter seufzte.
    «Die Zeitungen rufen schon ständig an», sagte er. «Untersteh dich, denen etwas zu sagen. Alle Äußerungen laufen über den Polizeisprecher. Und dass mir nichts raussickert an diese Ziege vom
Abendblatt…»
    Nina stand auf und ging den Korridor hinunter, vorbei am Pausenraum und in das kleine Dienstzimmer mit Schreibtisch und Computer.
    Sie setzte sich, schaltete den Rechner ein und rief das Programm R A R auf, Rationelle Anzeigen-Routine. Dann klickte sie systematisch und trug alle vorliegenden Angaben in die vorgesehenen Spalten ein: Zeitpunkt des Funkspruchs, Beamte im Einsatz, Adresse des Einsatzortes, Geschädigter, getötete Personen, Tatverdächtige …
    Tatverdächtige?
    Sie würde als Verfasserin unter dem Protokoll stehen. Dieser Bericht verblieb für alle Zeit in der Ermittlungsakte zum Mord an David Lindholm, vermutlich würde er noch in fünfzig Jahren an der Polizeihochschule bis ins Kleinste zerpflückt und analysiert werden, und sie war seine Urheberin. Sie war es, die die allerersten vorläufigen Angaben eintrug, sie war es, die die Anklage formulieren musste.
    Tatverdächtige: Julia Lindholm.
    Sie schob die Tastatur von sich und ging hinaus auf den Korridor, machte planlos ein paar Schritte nach rechts, drehte sich um und ging in die andere Richtung.
    Ich muss mir etwas holen, dachte sie. Kaffee? Dann würde sie nicht schlafen können.
    Ein Sandwich aus dem Automaten? Allein bei dem Gedanken wurde ihr schon übel.
    Stattdessen ging sie zum Automaten mit den Süßigkeiten. Das Einzige, was der noch zu bieten hatte, waren saure Drops. Sie fand ein Zehnkronenstück in der Hosentasche und zog sich die vorletzte Tüte. Dann ging sie zurück zum Dienstgruppenleiter und klopfte an den Türrahmen.
    Pettersson wandte den Blick vom Monitor und sah kurz zu ihr auf.
    «Entschuldigung», sagte sie, «aber wen trage ich als Geschädigten ein? Ist das der Ermordete, oder sind das seine Hinterbliebenen?»
    «Der Ermordete», sagte Pettersson und wandte
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