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Lebensbilder I (German Edition)

Lebensbilder I (German Edition)

Titel: Lebensbilder I (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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Interesse für den Dichter und seine Werke bestanden hätte. Das darf nicht wundernehmen; boten die damaligen Wiener Redakteure ihren Lesern doch immer nur das, was sie aus deutschen Zeitschriften herausschneiden konnten, die den alleinigen Nährboden für ihre diletierende, plündernde Journalistik bildeten. Aber auch in Deutschland war, was in jeder Hinsicht verblüffend ist, selbst von dem indes berühmt gewordenen Balzac keine Rede. –
    Zwar Goethe hat einzelnes von ihm noch kennen gelernt. Unter dem 8. und 10. März 1830 erfährt man bei Soret , beziehungsweise Eckermann , daß er Balzacs Werke durch Vermittlung Davids als Autorgeschenk verehrt erhalten habe. Vom »Chagrinleder« wissen wir sogar (vgl. Goethes Gespräche 2 IV. 434), daß er darüber mit Soret am 27. Februar 1832 sprach. – Börne begeisterte sich an den »Scènes de la vie privée« (vgl. den nach Alfred Klaars Zählung, in den Hesseschen Klassikerausgaben VI, 124 und VI, 133, achtzigsten und zweiundachtzigsten Pariser Brief) und interessierte sich für die »Physiologie der Ehe« ( ib. VI, 133) [Fußnote: Eine unbedeutende Bemerkung über »La Peau de chagrin« in Börnes 104, Pariser Brief ( ib. VI, 258), auffallenderweise nichts bei Heine , obwohl er Balzac in den »Geständnissen« seinen Freund nennt. ] . Sonst aber hat Balzac in Deutschland keinen Anklang gefunden. Die Hamburger »Literarischen Blatter der Börsenhalle«, die ausschließlich mit Übersetzungen ihre Spalten füllten, ließen ihn gänzlich unbeachtet, während sie z. B. vieles von Charles Nodier , dem heute allzuwenig Gewürdigten, auftischten. Hells »Abendzeitung«, sonst keine Kostverächterin alles dessen, was aus Frankreich kam, schon wegen des Übersetzereifers des Herausgebers, brachte nur »El Verdugo« (1830, Nr. 61 – 63) als »Episode aus dem spanischen Kriege 1809« und in einem »Pariser Brief« ein flüchtiges Lob des »Chagrinleders«, dafür (1832, Nr. 100) scharfe Angriffe auf die »Contes drolatiques« . Mit Befehdung Balzacs war man in Deutschland überhaupt weniger sparsam als mit Anerkennung oder nur Erwähnung. Obwohl »Die Chouans« dem deutschen Geschmacke der Zeit sehr entgegengekommen wären, erschien vorläufig keine Übersetzung oder Besprechung. Dafür war allenthalben von einem flachen Machwerke, »Die Schleichhändler« von Julie Florentine von Großmann (Berlin 1829) und Raupachs Lustspielchen »Die Schleichhändler« (in Berlin 1828 gegeben, 1830 bei Hoffmann und Campe erschienen) die Rede, worin die deutsche Scottbegeisterung ihre gelinde Verulkung erfuhr, wobei der Satiriker nur übersah, daß sein historisches Dramenkonvolut ohne Scotts Impuls kaum möglich gewesen wäre.
    Nur recht schüchtern und überraschend spät setzen die Nachrichten über Balzac in deutschen Zeitschriften ein. Von »Le dernier Chouan« , wie »Le Chouans« ursprünglich hießen, weiß das »Allgemeine Repertorium der neuesten in- und ausländischen Literatur« (1830, IV. Band, Seite 304) nur das falsche Erscheinungsjahr 1830 (statt 1829) anzugeben und zu sagen, daß der Roman für die Geschichte »jener« Zeit wichtig sei. Sonst hat sich kein Kritiker mit den Büchern Balzacs beschäftigt, sogar die redseligen und chronistisch stets getreuen »Blätter für literarische Unterhaltung« nicht [Fußnote: Eine unbedeutende Notiz über das Werk (1830, Nr. 211), daß »die Schilderung und Zeichnung der Charaktere vortrefflich sei und eine Menge dramatischer Szenen vorkommen soll «, besagt nichts. ] , bis sie plötzlich im Jahre 1831 (Nr. 184), fast wie aus dem Stegreife heraus, ihre Leser mit der flüchtigen Bemerkung überraschten: »Auch in Deutschland ist Balzacs Name nicht mehr fremd. Wir setzen ihn ohne Bedenken den größten Meistern in der Novelle an die Seite.«
    Was war geschehen? Wie waren die »Blätter für literarische Unterhaltung«, die vorher Balzacs Namen nur nebenbei genannt hatten, zu dieser Kenntnis und Erkenntnis gelangt? Daß ihre Mitarbeiter die Werke des Franzosen gelesen haben sollten, ohne darüber Rechenschaft abzulegen, kann man von dieser systematischen Rezensieranstalt nicht annehmen. (In der unten angeführten Bemerkung beriefen sich die »Blätter« auf die »Revue encyclopédique« .) Denn man war immer weit beflissener, ausländische Bücher zu besprechen als deutsche Werke, die man nur zu gerne totschwieg, wenn die Verfasser nicht in irgendwelchen Beziehungen zu den »Blättern« und ihren Schreibern standen [Fußnote: Vgl.
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