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leben, sterben, tanzen, leiden (German Edition)

leben, sterben, tanzen, leiden (German Edition)

Titel: leben, sterben, tanzen, leiden (German Edition)
Autoren: Kevin Haring-Sedler
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rank war, anpassen – wie eine Schlange, die ihre Beute ersticken wollte. Er spürte wie die Schlinge enger und enger wurde. Mit beiden Händen griff er reflexartig nach den Schlingen , die enger und enger wurden. Er versuchte sie zu öf f nen – von sich zu zerren, zu ziehen – , versuchte sie reißen . Er spuckte, schluckte und spürte wie sein Adamsapfel nach innen gepresst wurde. Nichts kam mehr raus, nichts kam mehr rein. Ein schmatzend -, schluckend- und gurgelndes Geräusch trat aus seinem Mund hervor, die Zunge strec k te er ein wenig heraus. Luft, Luft, wo war die Luft?
    Und plötzlich sah er poröse Umrandungen , die mit gellend weißem Licht aus staffiert waren. Spuren von Farben, die auf abstrakte Schattenbilder skizzenartig und schwammig zu ihm und dann von ihm flossen. Er lag am Boden und die beiden Taschenlampen malten die Umgebung aus. Die Konturen waren in einem Moment scharf wie mit einer Silberschnur durch zogen und im nächsten Moment wurden sie wieder unscharf. Er biss die Zähne zusammen. Aus dem scharfen Umfeld, das er plötzlich kantiger wahrnahm, trat Mischa hervor. Er wünschte sich ihr sagen zu kö n nen, sie solle gehen.
    Und plötzlich löste sich der Knoten in seinem Mund: „Geh, Mischa! Geh doch! B itte !“, sagte er, flü s terte beinahe und er hoffte, sie würde so klug sein und seinen Rat befolgen. S ie tat es nicht. Sie kam auf ihn zu, streichelte um sein Gesicht, wie sie es gerne tat , und er fühlte ihre we i chen Finger. Sie war en überhaupt nicht mehr dreckig, sie war rein und weich, so wie er sie kannte, so wie er sie kennengelernt hatte. „ Für dich , Mischa“, sagte er und Mischa küsste ihn , nac h dem sie ihm über sein schönes Gesicht gestreichelt hatte. Seine Brust hob und senkte sich. Die Ko n turen wurden wieder un schä rfer. Jetzt hob sich seine Brust nicht mehr.
     
    Markus starb. Der Mann ließ von ihm los. Der leblose Körper, dessen Augen sich plötzlich schlossen, lag vor ihm, daneben Ian. Die Dunkelheit nahm sie auf.
    Der Mann zückte ein Messer und hielt zuerst den abgetrennten Kopf Ians und dann den Kopf Markus’ in eine bestimme Richtung.
     
    Mischa lief durch die dunkle Nacht, tränenumweicht war ihr Gesicht, es taten ihr alle Muskeln und besonders ihre Arme weh, besonders jene Stelle, die aufgerissen waren. Wie konnte ein Blu t vergießen solchen Ausm a ßes überhaupt möglich sein? In diesen rar en Augenblicken der Klarheit vermochte sie beinahe zu begreifen, welch unermessliches Leid sie auf sich genommen hatte und wie schwer es wog im Vergleich zum Gute n i m Leben überhaupt. Sie war die einzig Üb erlebende. „Bitte nicht“, flüsterte sie einige Mal , bis ihre Sprache zur Gänze zu verstummen drohte , und nur noch ein R ö cheln zu hören war . Das Pochen in ihrem Herzen zu spüren , war eine Wohltat, die Gänsehaut einem Stre i cheln ähnlich . Sie war noch am Leben. Ein energisches Röcheln , gepaart mit starkem Husten durchfuhr ihren Körper von neuem . Bei jedem Pi e psen versuc h te sie so gut wie mög lich den Kurs zu finden und dann zu halten, aber es war schwer, sehr schwer. Ihre T a schenlampe blinkte immer wieder und wenn sie das tat, dann schlug sie he f tig auf sie ein. Böse Blicke. Böse blickte sie.
    „Ihr Schweine, ihr Arschlöcher“, rief sie, obwohl sie alleine war „Hoffentlich hört ihr mich! Ihr Arschlöcher!“ Niemand war hier, niemand an den sie sich anlehnen konnte , wie noch vor Stu n den. „Niemand, ich bin allein“, sagte sie todtraurig . Und plötzlich leuchtete die blinkende T a schenlampe auf ein Haus, es war groß, es musste die Endstation s ein. Sie hatte es erreicht. Kurz blieb sie stehen, ihre Beine schmerzen sie , sie brachen fast zusammen. Ihr Handy spie lte die M u sik von Leonard Cohen. S ie nahm das Handy und warf es gegen einen Baum, justament hörte sie ein Hund e gebell und lief weiter, bis sie das Haus – ihr letztes Ziel – immer näher kommen sah . Es lag auf einer Lichtung, ihr Herz schlug ihr wieder bis zum Hals e und sie blickte sich veräng s tigt um. Hunde, es waren mehrere Hunde. Ihr erster Gedanke war der einer Hetzj agd. Als sie die Veranda zum Haus hinauflief, hörte sie starkes Knarren und Knistern und es begann langsam zu dämmern . Eine Portion Speichel wurde g e schluckt und Mischa öffnete die Tür. Atemlos ging sie ins Haus und spürte eine etwas angenehmere Wärme, mehr S i cherheit, mehr … nichts mehr.
    „Ha llo?“, sagte sie verängstigt, „I ch bin da. Ich habe
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