Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
Vom Netzwerk:
Arme entgegen, ich rapple mich an ihm hoch. „Carmen“, sage ich und versuche ein Lächeln. Er schaut zur Polizeigruppe und zu Vesna. Vesna ist einen Kopf kleiner als Carmen, aber sie hält sie noch immer fest. Carmen taumelt. „Geh zu ihr“, flüstere ich Oskar zu. Vielleicht wird ja doch noch alles gut. Nein, alles wohl nicht. Aber etwas. Er geht zu ihr und nimmt sie in die Arme.
    „Scheiße“, sagt Carmen, „ich war einfach zu blöd.“ Dann fällt sie in Ohnmacht. Und in den nächsten Minuten registriere ich wie von weit weg, dass Notarzt und Polizei und Oskar und Vesna herumeilen, ballettartig, bis auch mich einer von den Rettungsleuten entdeckt und zu einem Auto führt. Plötzlich ist Verhofen neben mir. Er sieht mich besorgt aus seinen guten Polizeihundeaugen an.
    „Was ist mit Weis?“, frage ich ihn.
    „Er hat Sie gerettet“, flüstert er und räuspert sich dann. „Er hat uns fast gleichzeitig mit Vesna angerufen. Er hat über das nachgedacht, was Sie ihm gesagt hatten.“
    „Er war der Anrufer im Rathaus.“ Ich sollte mich um Carmen kümmern. Lebt sie? Oskar ist bei ihr und ein Arzt.
    Verhofen schüttelt den Kopf. „Es war Ida Moylen. Gemeinsam mit Berger. Sie haben Satzteile aus alten Interviews und Vorträgen von Weis zusammengeschnitten. Weis selbst ist dahintergekommen. Er hat alle Interviews als Computerdateien gespeichert. Es gibt einige Dateien, die kurz vor der Literaturgala geöffnet und kopiert worden sind.“
    „Ihr glaubt ihm?“
    Bewegung bei Carmen. Sie setzt sich auf. Sie schüttelt den Arzt ab. Sie sieht sich um. Oskar streichelt ihr die Wange. Ich gehe wie in Zeitlupe hinüber zu ihnen. Der Guru soll mich gerettet haben? Ich will es nicht glauben. Ida Moylen – warum?
    „Es geht schon“, sagt Carmen. „Ich muss erzählen. Ich hab Berger ein wenig über Franziska Dasch ausgefragt.“ Carmen hustet. „Wasser“, sagt sie, und als ihr ein Polizeibeamter eine Wasserflasche reicht, sehe ich, dass ihre Finger voller Blut sind. Auch Oskar starrt auf ihre Hände. Carmen sieht ihn an. „Ich hatte nichts als meine Hände. Ich wollte raus. Ich hab versucht, die Verkleidung abzukratzen. Er hätte mich verdursten lassen.“
    „Berger“, ergänzt Zuckerbrot. „Man sollte später über alles reden. Sie gehören in ein Krankenhaus.“
    Carmen schüttelt den Kopf. „Ich will reden. Gleich. Ich hab so darauf gewartet. Gehofft …“
    „Später“, sagt Oskar und hält sie fest, und ich empfinde keine Eifersucht, sondern bin voll Mitleid und voller Schuldgefühle.
    Carmen redet weiter. „Er hat gesagt, er mache sich Sorgen wegen Weis, und dass er bei der Recyclinganlage auf etwas Seltsames gestoßen sei, das er mir zeigen wolle. Ich dumme Kuh bin einfach mit. Ich hatte null Verdacht. Er war doch immer der Nette. Beim Container hat er dann gesagt, ich soll hier warten, er müsste nur schnell etwas überprüfen. Ich habe gewartet und mich etwas umgesehen, und plötzlich war da eine Hand mit einem Tuch. Er hat mich betäubt. Als ich wieder erwacht bin, war ich im Container und an Armen und Beinen gefesselt. Ich hatte keine Chance, nach Hilfe zu schreien. Knebel vor dem Mund. Und der ganze Container war ausgepolstert mit Matten.“
    „Wo ist Franziska Dasch?“, frage ich Carmen.
    Carmen schüttelt den Kopf. „Ich hab keine Ahnung.“ Sie sieht Oskar an, sie flüstert es fast: „Ich wollte auch so gut sein wie Mira.“
    Ich. Gut. Ich habe beinahe alles zerstört. „Verzeih mir“, sage ich zu Carmen.
    „Wenn ich nur wüsste, wo sie ist. Ich bin so durstig. Ich hab nur etwas Wasser durch meinen Knebel schütten können. Ich habe einen Verdacht. Vielleicht spinn ich, aber vielleicht ist sie doch freiwillig abgehauen. Berger hat eine Bemerkung gemacht … Ich weiß nicht mehr … Man denkt idiotisch im Kreis, so eingesperrt.“
    „Ich hole Ihnen etwas zu trinken“, sagt Verhofen zu Carmen und sieht dann mich an. Besorgt. „Soll ich Ihnen auch etwas bringen?“
    Oskar sieht mich an. Dann wieder zu Carmen.
    „Alles okay“, sage ich und es klingt annähernd normal. Sie hieven Carmen gegen ihren Willen auf eine Tragbahre. Ich würde auch gerne getragen. Mira, was ist das? Ein neuer Eifersuchtsschub? Nein, nur Müdigkeit. So viel Müdigkeit. Dass ich auf Moylen und ihr Theater reingefallen bin. Es hat so viele Anzeichen gegeben. Die Putzfrau, die Moylen und Berger in inniger Umarmung gesehen hat. Den Zettel auf dem Schreibtisch von Weis, warum hätte er ihn hinlegen sollen? Moylen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher