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Leben ist kurz, iss den Nachtisch zuerst

Titel: Leben ist kurz, iss den Nachtisch zuerst
Autoren: W Mass
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nicht, woher ich das weiß – Eltern wissen alles.) Das Leben ist eine einzige, große Reise. Ich hoffe, dies war eine, die du nie vergessen wirst. Ich habe dich sehr lieb, Jeremy. Ich bin ungeheuer stolz auf dich. Hoffentlich ist Lizzy jetzt bei dir. Bestimmt verwandelt sie sich mittlerweile in eine hübsche junge Frau. Und ich bin mir sicher, sie ist so quirlig wie immer! Bitte sag ihr, dass hier drin auch etwas für sie ist. Passt aufeinander auf. Umarme deine Mom und deine Grandma für mich. Ich wünsche dir einen Heidenspaß beim Knüpfen deiner eigenen Kette.
    Alles Liebe,
Dad
    Als ich fertig gelesen habe, hebe ich die Augen nicht von dem Blatt Papier. Ich fahre mit dem Finger über die Tinte, so wie ich vorher über den Schriftzug außen auf der Kassette gefahren bin. Seltsam, wie sich diese Schnörkel und Punkte in Buchstaben und Worte verwandeln, die das Leben verändern können. Ich werfe einen Blick zu Lizzy hinüber. Tränen kullern ihr übers Gesicht. Ich habe gehört, wie sie die Luft scharf einsog, als ich zu dem Teil des Briefs kam, in dem sie erwähnt ist. »Alles in Ordnung?«, frage ich.
    Sie nickt unter Tränen. »Und … bei dir?«
    Ich lege den Brief in meinen Schoß. »Ich glaube schon.«
    Sie wischt sich Augen und Nase an ihrem Ärmel ab. Schniefend fragt sie: »Wollen wir nachschauen, was in dem Geschenkpapier steckt?«
    Ich lege meine Hand darauf. Der Inhalt ist ziemlich sperrig. »Was denkst du, was es ist? Wie soll Dads Kette von Augenblicken hier drin sein?«

    »Die Wege deines Dads sind unerforschlich«, sagt Lizzy.
    Ich greife in die Kassette und ertaste die Umrisse des merkwürdig geformten Päckchens. Es ist irgendwie höckerig. Ich nehme es aus der Kassette und bin erstaunt, wie schwer es ist. Ich hatte gedacht, der Großteil des Gewichts stammte von der Kassette selbst, aber die leere Kassette ist ganz leicht. Langsam ziehe ich an dem Geschenkpapier, bis ich ein so großes Loch produziert habe, dass ich es weit aufreißen kann.
    »Das gibt’s gar nicht!«, sagt Lizzy, dann wirft sie den Kopf zurück und lacht los.
    Was in dem Geschenkpapier liegt, ist so ziemlich das Letzte, womit ich gerechnet hätte.
    Es ist kein altes Buch, kein Sparbrief, keine Schatzkarte. Von wegen. Was mir entgegenglotzt, ist ein Haufen Steine.

Kapitel 20: Die Kette
    Im Ernst. Es ist ein Haufen Steine. Ich nehme einen in die Hand, dann den nächsten. Ihre Größe reicht von einem Mentos bis hin zu einem Reese’s Schoko-Erdnussbutter-Riegel. Einige sind weiß, einige braun, einige glatt, einige rau. Es sind ungefähr zwanzig. Ein Stück Papier aus einem Notizbuch steckt mitten dazwischen. Ich falte es auseinander. Wieder Dads Handschrift.
    Stein Nr. 1 Aufgelesen an der Uferpromenade, Atlantic City, 13
    Stein Nr. 2 Aufgelesen vor dem Haus des Mädchens, dem ich meinen ersten Kuss gab, 13 1/2
    Stein Nr. 3 Aufgelesen auf dem ersten Flohmarkt in Queens, zu dem mich meine Eltern mitgenommen haben, 14
    Stein Nr. 4 Aufgelesen beim Tri-State Tanz der Zwillinge, wo ich deine Mom kennengelernt habe, 15
    Stein Nr. 5 Aufgelesen vor Fink’s Comic-Laden an dem Tag, als mein Vater mich allein darauf aufpassen ließ, 16
    Stein Nr. 6 Aufgelesen auf dem Schulhof bei meinem Highschool-Abschluss, 17
    Stein Nr. 7 Aufgelesen in Oregon, als ich zum ersten Mal den Pazifik sah, 19

    Stein Nr. 8 Aufgelesen auf dem Friedhof bei der Beerdigung meines Vaters, 23
    Ich überspringe ein paar, bis ich meinen Namen lese. Stein Nr. 12 Aufgelesen vor der Klinik, in der Jeremy Fink geboren ist, 30 . Viele der restlichen Steine haben mit mir zu tun – einer stammt aus dem Park von dem Tag, an dem ich meine ersten Schritte gemacht habe, und einer von dem See hier, als Dad mich zum ersten Mal zum »Angeln« mitgenommen hat. Der letzte Stein auf der Liste stammt aus dem Springbrunnen eines Hotels, in das Dad und Mom zu ihrem letzten Hochzeitstag gefahren waren.
    Das sind seine Augenblicke. Es ist seine Kette. Ich gebe die Liste an Lizzy weiter.
    Während sie liest, lasse ich die Steine durch meine Hände gleiten. Ich frage mich, ob er hinterher noch wusste, welcher Stein wozu gehörte. Er hat sie in keiner für mich erkennbaren Weise gekennzeichnet. Plötzlich entdecke ich etwas Blaues unter den Steinen und nehme sie heraus, um daran zu kommen. »Oh, Lizzy, ich glaube, das ist für dich.«
    Ich schaufle den Steinhaufen zu ihr hinüber und sie mustert ihn zweifelnd. Schließlich fasst sie rasch mit der Hand in die Kassette und bringt äußerst
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