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Lebe lieber innovativ

Lebe lieber innovativ

Titel: Lebe lieber innovativ
Autoren: Tina Seelig
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oberste Priorität hatte, hielten
andere es für verzichtbar. Mein Vater machte auch nach dieser Enttäuschung immer wieder die Erfahrung, dass die meisten Dinge im Leben – vor allem Fehlschläge – lange nicht so wichtig sind, wie wir im ersten Moment glauben.
    Er hat mich auch daran erinnert, dass Erfolg zwar süß schmeckt, aber vergänglich ist. Wenn man in einer einflussreichen Position ist und mit Macht und Kompetenzen ausgestattet ist, hat das durchaus viele Vorteile. Verliert man aber diesen Arbeitsplatz, verflüchtigen sich auf der Stelle alle mit ihm verbundenen Vergünstigungen. Ihre »Macht« leitet sich ausschließlich aus der Position ab, die Sie gerade innehaben, und wenn Sie sie aufgeben, verschwindet alles, was mit ihr zusammenhängt. Deswegen sollten Sie sich weder zu stark über Ihre gegenwärtige Stelle definieren noch sich selbst aufgrund Ihrer Position überschätzen. Genießen Sie das Rampenlicht, solange Sie im Mittelpunkt stehen, doch bereiten Sie sich auch darauf vor, das Podium wieder zu verlassen, wenn es Zeit dafür ist. Wenn Sie aus einem Job ausscheiden, wird das Unternehmen auch ohne Sie weiterbestehen – Sie sind nicht unentbehrlich. Natürlich werden Sie der Firma das Erbe all ihrer vollbrachten Leistungen hinterlassen, doch auch das wird mit der Zeit verblassen.
    Heute ist sich mein Vater im Klaren darüber, was für ein großes Geschenk es ist, am Leben zu sein. Vor einigen Jahren erlitt er einen Herzinfarkt und der Herzschrittmacher, den man ihm danach implantierte, erinnert ihn stets an seine Sterblichkeit. Rein rational ist uns allen bewusst, dass jeder Tag im Leben kostbar ist, doch wenn wir älter werden oder mit lebensbedrohenden Krankheiten zu tun haben, wird diese Empfindung immer greifbarer. Mein Vater bemüht sich sehr, aus jeder Möglichkeit, die sich ihm bietet, das Beste zu machen,
und versucht, keinen einzigen Tag seines Lebens zu vergeuden.
     
    Auf der Suche nach Anregungen für dieses Buch habe ich im wörtlichen und auch im übertragenen Sinne in jede Schublade und hinter jede Schranktür geschaut, die es in meinem Leben gibt. Dabei bin ich über einen Seesack gestolpert, den ich seit 30 Jahren mit mir herumschleppe. Dieser etwa 60 Zentimeter lange Beutel steckt voller »Schätze«, die mir in all den Jahren wichtig erschienen. Als ich 20 Jahre alt war, stellte der Seesack eine meiner wenigen Habseligkeiten dar. Vom College nahm ich ihn mit zum Aufbaustudium an die Graduate School und seitdem an alle meine weiteren Wohnorte. Obwohl ich den Seesack nur ganz selten öffne, weiß ich immer, wo er ist. Er und sein Inhalt sind für mich eine greifbare Verbindung zu meiner Vergangenheit.
    Als ich ihn öffnete, fand ich eine kleine Sammlung unscheinbarer Muscheln und Steine von entlegenen Stränden wieder, verblasste Ausweiskarten mit Fotos aus Universitäts-und Highschoolzeiten. Darüber hinaus enthielt er einen Stapel alter Briefe und einige meiner frühen »Erfindungen«, auch Prototypen für LED-Schmuck, die ich aus Knetmasse und Armbanduhr-Batterien hergestellt hatte. Ich stieß auch auf ein kleines Büchlein mit Gedichten, das den Titel »Experimentelle Artefakte« trug.
    Als ich die Gedichte in das Buch schrieb, war das für mich ein Kontrastprogramm zu den wissenschaftlichen Versuchen, die ich im neurowissenschaftlichen Labor der Universität während meines Aufbaustudiums durchführte. Eines der Gedichte fiel mir sofort ins Auge – es trägt den Titel »Entropie.« Darin geht es um den Prozess, sich stets neu zu erfinden, ständig
die Richtung zu ändern und Risiken einzugehen, ohne dass man weiß, wohin das führt. Das Gedicht hatte ich im September 1983 geschrieben. Damals erschien mir die Zukunft düster und ungewiss, weil ich nicht sonderlich weit vorausschauen konnte. 25 Jahre später empfinde ich das anders. Ungewissheit ist die Essenz des Lebens und der Nährstoff für neue Chancen. Um ehrlich zu sein, gibt es auch heute noch Tage, an denen ich keine Ahnung habe, welchen Weg ich einschlagen soll, und von den Möglichkeiten, die sich vor mir ausbreiten, überwältigt bin. Doch mittlerweile weiß ich, dass die Ungewissheit der Funke ist, der das Feuer der Innovation entfacht, und der Motor, der uns vorantreibt.
    Ich hoffe, dass die Geschichten in diesem Buch die Idee unterstreichen, dass sich immer dann unbegrenzte Möglichkeiten ergeben, wenn Sie sich aus Ihrer Komfortzone herauswagen, bereit sind zu scheitern, eine gesunde Skepsis für das
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