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Lebe lieber innovativ

Lebe lieber innovativ

Titel: Lebe lieber innovativ
Autoren: Tina Seelig
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Restaurants Reservierungen vornehmen, während die Studentinnen die Plätze in den Warteschlangen verkauften. Ihnen fiel auch auf, dass das gesamte Vorhaben am besten in solchen Restaurants funktionierte, die Piepser
mit Vibrationsalarm verwendeten, um den Gästen zu signalisieren, dass ihr Tisch frei war. Der tatsächliche Austausch der Piepser gab den Kunden das Gefühl, sie hätten für ihr Geld etwas Greifbares erhalten. Ihnen war wohler dabei, einen neuen Piepser als Gegenleistung dafür zu erhalten, dass sie ihr Geld und ihren alten Piepser abgaben. Das hatte noch einen weiteren Vorteil: Die Gruppen konnten die frisch erworbenen Piepser später weiterverkaufen, wenn der Termin für die entsprechende Reservierung näher rückte.
    Eine andere Studentengruppe wählte einen noch einfacheren Lösungsansatz: Sie bauten vor dem Studentenwerk einen Stand auf, an dem sie anboten, bei Fahrrädern gratis den Reifendruck zu prüfen. Hatten die Reifen nicht genug Luft, pumpten sie sie für einen Dollar auf. Zu Beginn glaubten sie, sie würden ihre Kommilitonen ausnutzen – denn diese hätten genauso gut zur nahe gelegenen Tankstelle fahren können, um ihre Reifen aufpumpen zu lassen. Doch nach den ersten paar Kunden stellten die Studenten fest, dass die Radfahrer unglaublich dankbar waren. Obwohl die Radler ihre Reifen nebenan gratis hätten aufpumpen lassen können und die Aufgabe für die Studenten ganz einfach zu erledigen war, wurde ihnen schnell klar, dass sie hier eine willkommene und wertvolle Dienstleistung anboten. Nach der Hälfte der zweistündigen Projektphase gab die Gruppe es sogar auf, einen Festpreis zu verlangen, sondern bat stattdessen um Spenden. Ihre Einnahmen schnellten in die Höhe. Dadurch, dass sich die Kunden nun freiwillig für eine kostenlose Dienstleistung erkenntlich zeigten, verdienten die Studenten viel mehr als vorher. Für dieses Team hat es sich – genau wie für die Gruppe, die Plätze in Restaurants reserviert hatte – ausgezahlt, dass sie zwischendurch experimentiert haben. Da sich der Arbeitsablauf
stets wiederholte, konnten sie ihn je nach Rückmeldung der Kunden leicht verändern, was ihnen erlaubte, ganz nebenbei ihre Strategie zu optimieren.
    Die beiden Projekte brachten jeweils einige hundert Dollar ein, was die restlichen Kommilitonen im Kurs tief beeindruckte. Den größten Gewinn erwirtschaftete jedoch eine Gruppe, die die Mittel, die ihr zur Verfügung stand, aus einem völlig anderen Blickwinkel betrachtete und dadurch 650 Dollar einnahm. Die Studenten stellten fest, dass ihr wertvollstes Kapital weder die 5 Dollar noch die zwei Stunden Zeit waren. Stattdessen gelangten sie zu der Erkenntnis, dass ihre kostbarste Ressource die drei Minuten Präsentationszeit innerhalb des Seminars am Montag waren. Daher beschlossen sie, diese Zeit an ein Unternehmen zu verkaufen, das Studenten aus dem Kurs anwerben wollte. Die Gruppe produzierte einen dreiminütigen »Werbespot« für die Firma und führte ihn in der Zeit, in der sie eigentlich vorstellen sollten, was sie in der vergangenen Woche getan hatten, den anderen Studenten vor. Das war brillant. Sie hatten erkannt, dass sie über etwas sagenhaft Wertvolles verfügten, das andere gar nicht erst bemerkt hatten, und das nur darauf wartete, genutzt zu werden.
    Auch die anderen elf Gruppen fanden jeweils intelligente Wege, um Geld zu verdienen: beispielsweise mit dem Betrieb einer Fotokabine für die alljährliche Wiener Ballnacht an der Universität oder mit dem Verkauf von Umgebungsplänen für das Eltern-Besuchs-Wochenende, auf denen die örtlichen Restaurants markiert waren. Andere hatten individuell gestaltete T-Shirts entworfen, die sie den Kommilitonen im Kurs verkauften. Eine Gruppe machte allerdings Verluste: Die Studenten erstanden an einem Regentag in San Francisco Regenschirme
zum Weiterverkauf, nur um festzustellen, dass unmittelbar nach dem Beginn ihrer Aktion das Wetter aufklarte. Eine weitere Gruppe betrieb tatsächlich eine Autowaschstation und eine andere einen Limonadenstand, doch deren Einkünfte lagen weit unter dem Durchschnitt.
    Was mein Bestreben angeht, den Studenten zu vermitteln, was es bedeutet, Unternehmergeist zu zeigen, betrachtete ich die »Fünf-Dollar-Aufgabe« als Erfolg. Trotzdem fühlte ich mich etwas unwohl dabei, denn ich wollte nicht den Eindruck erwecken, dass Wert immer nur in Form von finanzieller Belohnung bemessen werden kann. Deshalb gab ich dem Projekt beim nächsten Mal eine andere
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